TONRELIEF AUS TENOS
lung1. Unser Relief ist auch nicht eingepresst, sondern offen-
bar vor dem Brande auf den glatten Grund aufgelegt, wie die
Stellen zeigen, an denen jene Grundleiste abgesprungen ist.
Eine zweite, die eigentliche Basis der Figur, fehlt bis auf den
Rest am rechten Fusse des Mannes; sie hat weiter links eine
längere, etwas vertiefte Spur hinterlassen.
Der dargestellte Gegenstand ist klar: ein nackter bärtiger
Mann, dessen Leib vier, wie es scheint durch Eindrücke mit
dem Fingernagel bezeichnete Wunden trägt, liegt leblos auf
dem Boden und wird durch einen grossen Raubvogel, der
sich, wie wohl der leicht gehobene Flügel andeuten soll, eben
auf seine Beine niedergelassen hat, in den Weichen ange-
hackt. Der Stil ist durchaus gleichartig mit dem der Dipy-
lonvasen und der ihnen nahe stehenden Metall - und Tonre-
liefs; dabei ist aber in Einzelheiten der Versuch gemacht,
die schematischen Formen zu beleben. Die Gestalt des Gefal-
lenen kehrt ganz ähnlich wieder in dem Vasenbilde einer See-
schlacht2, nur dass er dort mit seinen an die Hüften geleg-
ten Armen vollends nichts anderes ist, als ein wagrecht hin-
gelegter Schreitender. Auch der Vogel erinnert noch durch-
aus an die gansartigen jener Decorationsweise; noch ist das
Gefieder des Flügels bloss durch senkrechte Schraffierung wie-
dergegeben, wie dort3. Aber wenigstens am unteren Saume
ist die Richtung der Schwungfedern angedeutet und ein wei-
terer Fortschritt liegt in der Sonderung der Flügel vom Leibe,
deren belebende Wirkung schon bemerkt wurde. Auch der
breite Schwanz setzt sich bestimmt vom Körper ab und ist
entsprechend der Richtung seiner Federn gerillt, während ihn
die geometrischen Vasen durch fortgesetzte senkrechte Schraf-
1 Milchhöfer, Mitth. IV S. 55; Anfänge der Kunst S. 76. Vergl. auch Ke-
kuld, Terracotlen von Sicilien Tf. 55 ff. und den Bronzekrater auf Samos,
Herodot 1.70.
2 Monum. dell’ Inst. VIIIL Tf. 40.
3 Z. B. Conze, Anfänge griech. Kunst I Tf. 10,4; unter den Pferden des
Leichenwagens Monum. a. a. O.; Archäol. Zeitung 1885 Tf. 8,2. Vergl.
Furtwängler, Mitth. VI S. 111.
lung1. Unser Relief ist auch nicht eingepresst, sondern offen-
bar vor dem Brande auf den glatten Grund aufgelegt, wie die
Stellen zeigen, an denen jene Grundleiste abgesprungen ist.
Eine zweite, die eigentliche Basis der Figur, fehlt bis auf den
Rest am rechten Fusse des Mannes; sie hat weiter links eine
längere, etwas vertiefte Spur hinterlassen.
Der dargestellte Gegenstand ist klar: ein nackter bärtiger
Mann, dessen Leib vier, wie es scheint durch Eindrücke mit
dem Fingernagel bezeichnete Wunden trägt, liegt leblos auf
dem Boden und wird durch einen grossen Raubvogel, der
sich, wie wohl der leicht gehobene Flügel andeuten soll, eben
auf seine Beine niedergelassen hat, in den Weichen ange-
hackt. Der Stil ist durchaus gleichartig mit dem der Dipy-
lonvasen und der ihnen nahe stehenden Metall - und Tonre-
liefs; dabei ist aber in Einzelheiten der Versuch gemacht,
die schematischen Formen zu beleben. Die Gestalt des Gefal-
lenen kehrt ganz ähnlich wieder in dem Vasenbilde einer See-
schlacht2, nur dass er dort mit seinen an die Hüften geleg-
ten Armen vollends nichts anderes ist, als ein wagrecht hin-
gelegter Schreitender. Auch der Vogel erinnert noch durch-
aus an die gansartigen jener Decorationsweise; noch ist das
Gefieder des Flügels bloss durch senkrechte Schraffierung wie-
dergegeben, wie dort3. Aber wenigstens am unteren Saume
ist die Richtung der Schwungfedern angedeutet und ein wei-
terer Fortschritt liegt in der Sonderung der Flügel vom Leibe,
deren belebende Wirkung schon bemerkt wurde. Auch der
breite Schwanz setzt sich bestimmt vom Körper ab und ist
entsprechend der Richtung seiner Federn gerillt, während ihn
die geometrischen Vasen durch fortgesetzte senkrechte Schraf-
1 Milchhöfer, Mitth. IV S. 55; Anfänge der Kunst S. 76. Vergl. auch Ke-
kuld, Terracotlen von Sicilien Tf. 55 ff. und den Bronzekrater auf Samos,
Herodot 1.70.
2 Monum. dell’ Inst. VIIIL Tf. 40.
3 Z. B. Conze, Anfänge griech. Kunst I Tf. 10,4; unter den Pferden des
Leichenwagens Monum. a. a. O.; Archäol. Zeitung 1885 Tf. 8,2. Vergl.
Furtwängler, Mitth. VI S. 111.