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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 1 (5. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0005
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Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.

Nr. 1.

Abounement:
Deutschland u. Oesterreich X. S.50
vierteljährlich, Ausland s.—

Stuttgart, 5. Januar L8S8.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeige«:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum so Psg., Auktionen SO Psg.

6. Jahrgang.

(R. Wundt.) A

A Die Wiflenschasten sind Gemeingut, weil da» Denken
Ä Gemeingut ist, und dar Denken au» der Quelle der Wissens
H schöpft^_l- _

Bon der Numismatischen
Gesellschaft in Berlin.

Die Sitzung vom 6. Dezember 1897 eröffnete der
Vorsitzende mit einer Gedächtnißrede auf das im vorigen
Monat verstorbene Ehrenmitglied der Gesellschaft, den
Direktor des königl. Münzkabinetts zu Berlin, Professor
Dr. v. Sollet. In v. Sollet ist wieder einer der immer
seltener werdenden Münzkenner großen Stiles dahin-
gegangen, der das ganze Gebiet der Numismatik be-
herrschte, der im griechischen und römischen Alterthum
eben so zu Hause war, wie im Mittelalter und der
Renaissance, der im Besitze einer reichen Bildung auch
auf dem Gebiete der Kunst und Lilteratur die Münz-
denkmäler in ihrem allgemeinen geschichtlichen und kul-
turgeschichtlichen Zusammenhang zu beurtheilen verstand.
So sind seine Arbeiten, namentlich die über die alexan-
drinischen Kaisermünzen und über die baktrisch-indischen
Könige werthvolle Bereicherungen nicht nur der Numis-
matik, sondern überhaupt der Geschichtswissenschaft ge-
worden. Dabei schrieb v. Sollet leicht und anmuthig,
belehrend und anregend, wie auch sein persönliches
Wesen war: frei von Gelehrtendünkel und Schwulst,
fein und vornehm in der Form; die Arbeiten Anderer
förderte er mit vollkommener Selbstlosigkeit, und neidlos
erkannte er jede fremde Leistung an. Dazu besaß er,
wohl vom Vater ererbt, eine feine dichterische Ader und
einen anmuthigen Witz, der sich geschickt in ein von der
Wissenschaft entlehntes Gewand zu hüllen verstand. Dieser
Persönlichkeit dankte Jeder, der ihr begegnete, frohe
Stunden der Anregung, und deßhalb genoß das könig-
liche Münzkabinett um v. Sallet's willen den Ruf der
im Edelsinne des Wortes liberalsten Anstalt dieser Art.
Die letzten Lebensjahre v. Sallet's waren durch Kränk-
lichkeit und daraus entspringende trübe Stimmung ver-
dunkelt: unauslöschlich aber haftet sein Bild, wie es in
den guten Tagen war, in der Seele Aller, die ihm da-
mals nahe getreten sind. Die Mitglieder der Numis-
matischen Gesellschaft ehrten das Gedächtniß des Da-
hingeschiedenen in der geziemenden Weise und werden
es allezeit hochhalten.
Unter den zahlreichen alsdann vorgelegten Münzen
und Medaillen sind zu erwähnen: interessante Halb-
brakteaten des 12. Jahrhunderts aus einem polnischen
Funde (Herr Baurath Fischer-Dick), zwei eiserne Me-
daillen des Eisenwerkes Kussa im Ural, 1897 bei Ge-
legenheit des Besuches der Geologenversammlung her-
gestellt (Herr Landgerichtsrath Dannenberg), zwei sehr
wohlgelungene, neuerlich in Berlin auf den Markt ge-
brachte Plaketten mit den Bildern Bismarck's und

Moltke's. sowie eine geschmackvolle Medaille von W.
Begas auf R. Begas und ein Schaustück des Martin
Bussel und seiner Frau Anna von 1543 (Herr v. d.
Heyden), die bereits früher besprochene Münze des Her-
zogs Philipp Julius von Pommern mit dem Reichs-
adler (1616), die sich jetzt als eine Nachahmung der
Mecklenburgischen Vierschillingsstücke aus der Präge zu
Boitzenburg — diese wieder Nachahmung der holländischen
Escalins — herausgestellt hat (Herr Stadtbaurath


Afrikasorscher Dr. Eugen Zintgraff, 1" 4. Dezember 1897.
Eugen Zintgrafs ward am re. Januar I8S8 zu Düsseldorf
geboren; er studirte anfänglich die Rechte, seit 188S Naturwissen-
schaften und ging im März 1884 mit einer österreichischen Expedition
nach dem Kongo. Ende 1885 zurückgekehrt, sandte ihn daS Aus-
wärtig« Amt im März des nächsten Jahre» nach Kamerun. Im
Januar 1889 trat Zintgraff seinen berühmten Marsch nach dem
Binus an, wobei er als erster Europäer die Urwaldzone durchbrach,
welche Kamerun vom Binnenlande abschloß, und kam am 5. Januar
1899 glücklich wieder in der Barombistation an. Nachdem er sich in
Deutschland erholt, ging Zintgraff, den die RetchSregierung hierbei
mit Kriegsmaterial unterstützte, am so. November 1890 abermals
von der Barombistation nach dem Lande der Ball. DaS Ergebniß
dieser Expedition war die völlige Vernichtung des Zwischenhandels
in diesem Theile Kameruns. Nach Europa zurückgekehrt, brach er
im Mai 1S9S mit Dr. Esser und Hoesch zum dritten Male nach Bali
auf, und nun gelang es dieser Expedition, mit den Bafut Frieden
zu schließen. Zur Küste zurückgekehrt, widmet« Zintgraff vom Früh-
jahr 1897 ab sich dem PflanzungSbetriebs in Victoria. Hier wurde
er von tückischen Fiebern befallen, konnte iich s!«r ..^t entschließen,
seinen Posten aufzugeben, bis ei, todtkrank Ende November an Bord
getragen, m Teneriffa aus der Heimreise verschieden ist.

Bratring), südamerikanische Medaillen und eine seltene
Rupie des Staates Kutsch Behar, von dem jetzigen
Radjah bei Gelegenheit seiner Thronbesteigung in 1OOO
Exemplaren geschlagen (Herr Admiral Strauch). Herr
Hauptmann Brause zeigte die ersten Tafeln zu dem in
Vorbereitung befindlichen zweiten Theile seines Werkes
über Noth- und Belagerungsmünzen, die die Meister-
schaft des Zeichners wiederum in vollem Maße bewähren,
und verlas einen Aufsatz über die finanziellen Be-
drängnisse Schwedens in den letzten Jahren Karl's XII.

und zu Anfang der Regierung seiner Nachfolgerin. Zur
Beleuchtung seiner Ausführungen diente die vollständige
Reihe der bekannten Kupferthaler Karl's XI I., darunter
das überaus seltene Stück mit dem Bilde des Ministers
Grafen Görtz, und eine stattliche Anzahl jener großen,
zum Theil mehrere Pfund schweren Kupferklippen, bei
deren Anblick man sich zuerst fragt, wie denn der Ver-
kehr mit diesen Zahlungsmitteln gearbeitet haben mag.
Herr Landgerichtsrath Dannenberg, der in früheren
Sitzungen die Tetradrachmen besprochen hatte, ging
nunmehr an die Vorführung der kleineren Werihe, ins-
besondere der Didrachmen, und begann mit den Ge-
prägen Italiens. Er erläuterte die kampanischen Di-
drachmen mit den Aufschriften ROLIL und LOLl^NO
und mannigfachen, z. Th. sehr schönen Prägebildern,
dann die von Neapolis, Nola, Hyria (nach neuerer An-
sicht eine Stadt nordöstlich vom Vesuv, beim heutigen
Dorfe Pernosano), Heraklea in Lukanien, Metapont und
Tarent, das die meisten seiner Münzen mit einem
Reiter und dem auf einem Delphin sitzenden Stäote-
gründer Taras in unendlicher, anmuthiger Mannigfal-
tigkeit bezeichnet hat. Herr Geheimer Regierungsrath
Friedensburg hielt einen Vortrag über das Münzwesen
der Grafschaft Glatz unter Ferdinand III. Schon lange
war es den Numismatikern aufgefallen, daß sich von
Ferdinand III. eine ansehnliche Münzreihe vorfindet
aus einer Zeit, wo noch sein Vater Ferdinand II. lebte
und regierie, doch gelang es erst dem Wiener Forscher
Newald, das Räthsel zu lösen: er wies aus Wiener
Archivalien nach, daß König Ferdinand damals in dem
ihm vom Kaiser überlassenen Glatz ebenso eine Privat-
münzstätte gehabt hat, wie etwa Wallenstein in Gitschin.
Newald's Mittheilungen werden durch die schlesischen
Urkundenschätze und die Münzreihe des Breslauer Mu-
seums, das jetzt die Sammlungen der Stadtbibliothek
und des Museums schlesischer Alterthümer vereinigt,
wesentlich ergänzt und berichtigt. Die Errichtung der
Münze zu Glatz genehmigte der Kaiser durch Patent
vom 28. August 1626, ihre Prägethätigkeit begann im
folgenden Jahre unter Leitung des aus der Kipperzeit
nicht eben rühmlich bekannten Johann Jakob Huser.
Nach dessen Abgang im folgenden Jahre leitete der
bisherige Wardein Daniel von Brenen eine kurze Zeit
lang den Betrieb, ihm folgte nach 1628 der Holländer
Peter Hema, einer der Gehülfen des großen polnischen
Münzers Jakob Jakobson. Seine polnischen schulden und
der Mißerfolg seiner Thätigkeit in Breslau, wo er den
Hans Ziesler auf kurze Zeit verdrängt hatte, nöthigte»
Hema 1631 zum Abgang aus Glatz, an seine Stelle
trat Hans Rohner, unter dem die Münze in Folge der
Pest und des schwedischen Einfalls nur schwach betrieben
wurde. Von 1637 bis 1640 stand die Münze unter
Leitung des Schmiedemeisters und Wardeins, dann über-
nahm sie Georg Werner, der in zusammenhängender
Reihe bis 1651, dann 1653 und 1654, zuletzt noch ein-
mal 1659 mit dem Bilde Kaiser Leopold's geprägt hat.
Eine stattliche Reihe der besprochenen Münzen belegte
die Ausführungen des Vortragenden; als besonders
selten und interessant wurden bemerkt der Thaler von
1627 mit den Namensbuchstaben des Stempelschneiders
 
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