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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 17 (27. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0133
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Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmuseums" in Stuttgart.


Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut fu Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.
Nr. 17.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich s.so
vierteljährlich, Ausland S.—
Stuttgart, 27. April 1898.
(Erscheint wöchentlich.)
Anzeigen:
Die Nonpareillezeil« oder deren
Raum üo Pfg., Auktionen so Pfg.
6. Jahrgang.

Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken E
Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle des Wissens
schöpft. (W. Wundt.) K

Archäologische Untersuchungen
in Baden.

(„Bad. LdSztg.")
Neue»Erwerbungen der Großherzoglichen Sammlungen
für Alterthums- und Völkerkunde in Karlsruhe im
Jahre 1897.
-,- (Schluß.)

Die Großh. Sammlungen für Alterthums- und
Völkerkunde haben 1897 wieder nicht unbedeutende Be-
reicherung erfahren; seit der Neuordnung im Großh.
«ammlungsgebäude 1875 haben sie sich um etwa 180
Prozent vermehrt, was den gegenwärtigen Raummangel
hinreichend erklärt.
In der Abtheilung für vaterländische Alterthümer
und von namhafteren Stücken außer den von obigen
Ausgrabungen herrührenden Funden zu verzeichnen:
Romanische Architekturtheile aus der Abteikirche des
Klosters Schwarzach, Amt Rastatt; vier alte Kirchen-
glocken, eine große gothische, aus Niklashansen, Amt
Wertheim, mit der Umschrift: „Bernhard Lachmann
gos mich A. D. 1491", zwei kleinere aus Sicgelau,
Amt Waldkirch, die eine frühgothisch ohne Umschrift,
die andere aus der Renaissance mit der Schrift: „Ehr.
Sternnegcker hat mich gossen Anno 1590 in Prisach",
eine weitere kleinere aus Oberbergen, Amt Breisach,
mit heil. Reliefs und Umschrift: „Hans Heinrich Wett-
Nauer gos mich in Bassel 1696"; zwölf größere Steine
mit Reliefdarstellungen, Wappen und Figürlichem, aus
dem Ende des 16. Jahrhunderts, vom Abbruch des
ehemaligen Schlosses in Sickingen, Amt Bretten, käuflich
erworben von der Gräfl. Douglas'schen Hauptverwaltung;
der Abguß von dem Grabmal des Markgrafen Albrecht
von Baden, deutsche Renaissance von 1574, im Chor
ver Schloßfirche von Pforzheim (in der Vorhalle auf-
gestellt) ; eine Eisenrüstung aus der Zeit des 30-jährigen
Alegs; eine Partisane (Spanton) mit Wappen des
schwäbischen Kreisregiments und Schrift: „Carl Au-
gust Markgraf von Baden-Durlach", Inhaber des Re-
giments (1722—1786), Geschenk Seiner König!. Hoheit
des Großherzogs; eine Kirchenfahne vom Kloster Schüt-
teln und zwei Traglaternen von Geisingen, Amt Do-
naueschingen, vom 18. Jahrhundert; zwei Wachsbild-
nlsse des Grobherzogs Leopold und seiner Gemahlin
von Xaver Heuberger, 1832, und ein Miniaturbildniß,
aus Elfenbein gemalt von Vian, des Großherzogs La-
dung-, Gefäße von Fayence (Mosbach) und Glas, da-
runter ein Klosterwillkommglas für den Dienst in der
Gaststube, von St. Blasien mit Wappen und Inschriften
aus dem 17. Jahrhundert u. A.
.. Die Sammlung badischer Trachten und Hausge-
rathe erwarb weiterere Trachtenstücke und Gebrauchs-

gegenstände, dazu ein von Herrn Maler Eckert gefertigtes
größeres Modell eines alten Odenwälder Bauernhofes
aus der Gegend von Mudau.
Die Abtheilung für badische, vorgeschichtliche und
römische Funde wurde in den letzten zwei Jahren einer
durchgängigen Neuordnung unterzogen. Von dem Ge-
sichtspunkt, sie für den Beschauer auch ohne Hilfsbuch
thunlichst lehrhaft zu gestalten, blieb nur das wichtigste
ausgestellt mit Zurückziehung vieler Doubletten und
wichtigerer Dinge; Modelle und reichliche Beischriften
helfen auch dem Laien zu der hier besonders wünschens-
werthen Orientirung.
Die Sammlung antiker Gegenstände wurde be-
reichert durch den vollständigen Reliefschmuck einer alt-
ägyptischen Grabkammer aus der Zeit der 3. Dynastie,
der aber noch der Aufstellung harrt, durch eine Partie
alter, kleiner Bronzen und Terracottafigürchen aus


Nr. Si. Schloßblech- im Mussum in Stuttgart. Text S. ISS.

Griechenland und durch interessante Gläser aus römischen
Gräbern im Ostjordanland, letztere Geschenk von Herrn
Professor Dr. Brünnow in Heidelberg.
Die Sammlung für Völkerkunde endlich erhielt
namhaften Zuwachs durch einige käufliche Erwerbungen,
dann besonders durch Geschenke: von Herrn Musik-
direktor P. Seelig in Samarang, Java, javanische und
chinesische Gegenstände; von Herrn Dr. Rudel aus
Landau, Stücke aus Sumatra und Javan; von Herrn
Vogel in Durban, Natal, Gebrauckisstücke der Zulus;
von dem Plantagendirektor Herrn Wandres in Deutsch-
Neu-Guinea, den Schädel des Opia, Eingeborenen der
Insel Buka, Mörder des Landeshauptmanns Curt v.
Hagen (August 1897); endlich durch Vermittelung des
Herrn Barons v. Grünau ein goßes chinesisches Haus-
modell aus Pecking, wie solche bei Leichenbegängnissen
für den Tobten verbrannt zu werben pflegen.
Die meisten dieser Gegenstände konnten wegen

Mangels an Raum nicht zur Aufstellung gelangens;
die bessere und lehrhaftere Ordnung der ganzen Ab-
theilung muß ausgesetzt bleiben, bis ihr die nöthige
Raumerweiterung gewährt werden kann.

Zur Geschichte des Meißner
Porzellans.
-,-
In der letzten Sitzung des Alterthumsvereins
Dresden hielt Direktorialassistent Dr. Berling einen
Vortrag über „Die Vorläufer des sächsischen Porzellans".
Während die Porzellanfabriken zu Ssoces, Wien, Höchst,
Fürstenberg und andere bereits eingehende Darstellungen
über ihre Geschichte besitzen, entbehrt die älteste und
wichtigste Porzellanfabrik Europas, Meißen, einer solchen
bisher noch gänzlich; nur mehrere Einzeluntersuchungen
(von Böhmert, v. Seydlitz und Anderen) liegen vor.
Um diesem in weiten Kreisen empfundenen Bedürfniß
abzuhelsen, hat sich kürzlich in Dresden ein Comits
gebildet, das sich die Aufgabe gestellt hat, ein möglichst
authentisches Werk über Meißner Porzellan herauszu-
geben ; das Königliche Finanzministerium hat den Unter-
nehmern bereitwilligst seine Unterstützung zuzesichert.
Dem Vortragenden, der bereits seit Jahren eingehende
Studien über den Gegenstand gemacht hat, ist die
Herstellung des Textes und die Beschaffung der Illu-
strationen übertragen worden. Als ein erstes Ergebniß
seiner Forschungen bezeichnet er die Lösung der Frage,
die er in seinem Vortrage behandelt: Wie unterscheiden
sich die Tschirnhaus-Gläser und die Böttger-Steinzeuge
von ihren vielen Nachahmungen? Walther Ehrenfried
von Tschirnhaus, der 1651 zu Kießlingswalde in der
Oberlausitz geboren wurde, auf der Universität Leyden
studirte, dann weite Reisen machte und 1682 Mitglied
der Akademie der Wissenschaften zu Paris, später kur-
sächsischer Rath wurde, war einer der tüchtigsten Physiker
und Mathematiker seiner Zeit und hat sich um die
Hebung der heimischen Industrie namentlich der Glas-
industrie, große Verdienste erworben. Sachsen verdankt
ihm die Anlage von drei Glashütten; besonders berühmt
machte ihn die Herstellung von Brennspiegeln von bis
dahin nicht erreichter Größe und Wirksamkeit. August
der Starke hatte bekanntlich eine große Liebhaberei
für chinesisch-japanisches Porzellan. Um die großen
Summen, die dafür ausgegeben wurden, dem Lande zu
erhalten, versuchte Tschirnhaus seit den Jahren 1694
bis 1696 Porzellan zu machen; es gelang ihm jedoch
nur die Herstellung einer Art Glas, eines glasartigen
Porzellans. Viel mehr ist über diese seine Thätigkeit
nicht bekannt. Um zu klaren Ergebnissen über die
Tschirnhausgläser zu gelangen, veranstaltete Berling
im Kunstgewerbemuseum Hierselbst eineSonderausstellung,
zu der er etwa 80 solcher Fabrikate zusammenorachte.
Darunter befanden sich mehrere höchst interessante und
bisher völlig unbekannte Beweisstücke. So eine kleine
rothbraune Tasse mit schwarzen Adern, frei mit der
Pfeife geblasen, in ziemlich unvollkommener Technik,
 
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