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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 40 (5. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0317
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m 7^7!^ IZentral-OrganfürSammelwesen, g, "777^.
Auslage 5000.^ Versieigerungeu und Alterthnmsknnde. Auslage 5000.
Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmufeums" in Stuttgart.
Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.
Nr. 40. ...» «. Jahrgang.
vierteljährlich, Ausland 3.—. (Erscheint wöchentlich.) Raum 20 Pfg., Auktionen 30 Pfg. r.

Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil daS Denken lA
Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle des Wissens X
Z schöpft. (W. Wundt.)

Numismatische Gesellschaft
in Berlin.

Die Numismatische Gesellschaft feierte in ihrer
Sitzung am 5. September, der ersten nach der sommer-
lichen Unterbrechung, auch ihrerseits das Andeken Bis-
marcks. Nach einer kurzen Ansprache des Vorsitzenden
legten die Herren v. Kühlewein und v. d. Heyden aus
ihren Sammlungen eine reiche Auswahl der schönsten
und interessantesten der Erinnerung an Bismarck ge-
widmeten stücke vor. Die Zahl der Bismarcksmedaillen
ist sehr groß und dürfte mehr als 30» übersteigen, ob-
wohl die ersten Stücke verhältnißmäßig spät heraus-
gekommen sind. Zn den letzten Jahren hat aber die
immer lebhafter betriebene Medaillenindustrie kaum ein
auch nur einigermaßen wichtiges Ereigniß aus des
Reichskanzlers Leben vorübergehen lassen, ohne darauf-
hin eine oder mehrere, zuweilen gleich Dutzende Me-
daillen auszugeben. Die meisten dieser Medaillen sind
unterwerlhige, oft rohe Fabrikwaare, doch giebt es
auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl von bedeutendem
Kunstwerth. Abgesehen von zwei Medaillen von Bray
von 1870/71, deren eine Bismarck noch als Kanzler
ses Norddeutschen Bundes bezeichnet, und einer Medaille
von Loren aus der Zeit des Kulturkampfes, beginnt
die Reihe 1885 mit der bekannt en, vom Fürsten selbst
oft verschenkten Schwentzerschen Medaille auf die 50-jährige
Jubelfeier seines Eintritts in den Staatsdienst. Im
Jahre 1890 ein von privater Seite ausgegebener „Ju-
viläumsthaler", heute schon eine Sellenheit, da die
Stempel zu diesem gegen das Münzgesetz verstoßenden
Stück alsbald eingezogen wurden, fünf Jahre später
kam die schönste aller Bismarck-Medaillen heraus, mo-
dellirt von Hildeviandt, der Stempel von Bösch in
München, ein Werk, das getrost mit den vornehmsten
Arbeiten des Cinquecento verglichen werden mag. End-
lich verdienen noch Erwähnung eine neuere Medaille
ohne Jahreszahl von Schwentzer mit der Germania,
eine solche von Brackenhausen, endlich die Sterbemedaille
von Loos-Schultz. Die Fürstin Bismarck erscheint nur
einmal neben ihrem Gemahl auf einer wenig schönen
Medaille von 1893, auch Schloß Friedrichsruh und der
„Reichshund" finden sich dargestellc. An Spotrmedaillen
giebt es außer jenen französischen Stücken von 1870,
die Bismarck als Henker darstellen, nur ein auf die An-
fänge der deutschen Kolonialpolitik bezügliches, übrigens
ganz unbedeutendes Gepräge.
Geh. Regierungsrath Friedensburg hielt einen
Vortrag über die großen Brakteaten, die das Geld
Schlesiens in der Zeit von etwa 1220 bis 1290 bil-
deten. Es sind über 500 Stücke dieser Art d. kamst.

durchweg schriftlos mit Ausnahme eines Einzigen:
Usinriorm änx (Heinrich I., der Gemahl der heiligen
Hedwig ch 1239»; auch hat nur ein Stück einen durch
Strahlen verzierten Rand, während der Perlenrand
öfter vorkommt. Die Gepräge sind äußerst manigfach
und umfassen so ziemlich das ganze Gebiet der dem
damaligen Stempelschneider geläufigen Vorstellungen.
Auffallend selten ist das Bildniß des Fürsten in ganzer
Figur, Köpfe sind häufiger. Die große Mehrzahl der
Münzbilder ist heraldisch: der Adler des Landesherrn,
verschiedene Helme, Wappenfiguren und Theile von


Korazin mit kirschrotem Sammt Übertogen, des Feldobcrsten Jakob
von EmbS (gest. ISIS) italienisch, wahrscheinlich mailändisch um rsoo.
solchen. Dazu religiös-allegorische Darstellungen: die
Lilie, das Gotteslamm, der Elephant, das Kreuz u. s. w.,
allerlei Pflanzenmotive und symmetrische Figuren; ein
Beweis, wie wenig es dem Stempelschneider darauf
ankam, seinem Pfennige ein dessen Ursprung bezeich-
nendes Gepräge zu geben. Den Vortrag unterstützte
die Vorlegung einer Auswahl besonders schön erhal-
tener Münzen dieser Art aus des Vortragenden Samm-
lung.
Dr. Bah'-feldt hielt einen Vortrag über den im
Frühjahr d. I. entdeckten hochwichtigen Brakteatenfund

von Paußnitz, zwischen Mühlberg und Strehla in
Sachsen. Was dem Funde an Umfang abgeht, das
ersetzt er durch die Wichtigkeit der einzelnen Stücke.
Er enthielt nur 13 verschiedene Typen, die sämmtlich
bisher noch unbekannt waren, davon etwa die Hälfte in
nur einen bis vier Exemplaren vertreten. Durch die
Aufschriften U4rU08l0 00M^.I)V8 und ähnliche weist
sich ein Theil der Brakteaten als Gepräge des Mark-
grafen Conrad von Meißen aus, der von 1130—1156
regierte. Der Markgraf ist darauf stehend, mit Kriegs-
ausrüstung dargestellt. Ein bisher noch inedictes Seiten-
stück zu diesen legte der Vortragende aus seiner Samm-
lung neben den Fundexemplaren ebenfalls vor. Die
Prägestätte der Conradsbrakteaten läßt sich mit Be-
stimmtheit noch nicht nennen, aber neben dem nahen
Belgern, aus dem bereits zwei kostbare Brakteaten des
Grasen Heinrich, 1156—1181, bekannt sind (mit
ÜOdklL und S.4U60LISM8I8), dürfte vor allen
Dingen auf Eulenburg, das alte Jleburg, gemuthmaßt
werden. Es liegt unweit der Funvstelle und hat schon
einen Brakteaten, durch seine Aufschrift II-880L-
6tLdt8I8 4 gesichert, aus Dedos des Fetten Zeit, 1156
bis 1190 geliefert. Es liegt nahe, anzunehmen, daß
auch schon des letzteren Vater, Markgraf Conrad, in
dieser späterhin unter den Dynasten von Jleburg be-
sonders wichtigen Prägestätte den Münzhammer gerührt
hat. Hoch interessant sind die geistlichen Gepräge des
Fundes, die theils den stehenden Kirchenfürsten, theils
dessen Brustbild oder auch Thurmgebäude tragen.
Sie haben zum Theil korrumpirte Umschrift und geben
ihren Prägeherrn nicht an. Zur Feststellung, welchem
geistlichen Herrn sie zuzuschreiven sein werden, zog der
Vortragende vergleichsweise die Brakteaten des Bis-
thums Meißen mit dem ältesten bekannten Stücks des
Bischofs Martin, 1170—1190, die Brakteaten Jo-
hanns I., 1151—1171, und Eberhards 1171—1200, vom
Bisthum Merseburg, weiter auch diejenigen des Erz-
bisthums Magdeburg heran, kam aber zu dem Schluffe,
daß all diese geistlichen Stifter keinen Anspruch an
die Brakteaten des Fundes zu erheben haben, sondern
einzig und allein das Bisthum Naumburg. Zwar
passen die Naumburger Gepräge, soweit sie bisher be-
kannt, nicht zu diesen Brakteaten; aber unter dem Ge-
sichtspunkte, daß die Stadt Strehla schon im 11. Jahr-
hundert dem Bisthum Naumburg gehörte, daß der auf
diesen geistlichen Pfennigen so auffallend sich bemerkbar
machende Strahl, theils mit Attribut in den Händen
des Bischofs, theils sogar neben den Thurmgebäuden
angeordnet, auch in dem Wappen der Stadt Strehla
vorkommt — otrola ist slavisch und heißt der Strahl —,
daß der Fundort dieser sonst völlig unbekannten Stücke
in der Nähe von Strehla liegt, drängt alles zu der
Ueberzeugung, daß wir es mit Münzen zu thun haben,
die von einem Naumburger Bischof in seiner Stadt
Strehla geschlagen worden sind. Ob dies vom Bischof
Wichmann oder Berthold oder Udo II., die von 1150
bis 1186 den Naumburger Stuhl inne hatten, gewesen
ist, entzieht sich vorläufig noch der Feststellung. Außer
den behandelten Typen Conrads des Großen und der
Naumburger Bischöfe enthielt der Fund auch Brak-
 
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