Verbürgte
, Auflage 5000.
, !ü o Zentral-OrganfnrLammelwesen
Versteigerungen «nd Alterthnmsknnde.
Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44 Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.
Nr. 3.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich s.so
vierteljährlich, Ausland X
Stuttgart, 2. Februar 18S8.
(Erscheint wöchentlich.)
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Die Nonpareille»«»« oder deren
Raum so Psg., Auktionen so Pfg.
6. Jahrgang.
H Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil da» Denken I
Gemeingut ist, und da» Denken au» der Quelle de» Wissens -
H schöpft. <W. Wundt.) I
Eine Prager Privatgalerie.
Von
Dr. F. L. Harlas.
(Fortsetzung.)
Eine Perle der Galerie ist das Bild eines seltenen
italienischen Meisters, des Pasqualino Venetiano (Las-
Miilinus Vanstus). V. Frimmel hat es in seinem „Hand-
buch der Gemäldekunde", Leipzig, I. I. Weber 1894
reproducirt und als Beispiel eines „Breilbildes" an-
geführt. Pasqualino steht der Schule Giovanni Belli-
ni's nahe, und das genannte Bild ist ein Hauptwerk
nicht nur vielleicht des inschriftlich darauf genannten
Künstlers, sondern der venetianischen Malerei des 16.
Jahrhunderts überhaupt. Er stellt eine „8anta oonvsr-
sasions" dar, Madonna mit dem Jesusknaben, drei
weibliche Heilige und die ehrwürdige Gestalt eines hei-
ligen Mannes, welcher den Stifter oder Besteller des
Bildes der Gottesmutter präsentirt — eine damals sehr
beliebte und häufig wiederkehrende Komposition. Wie
«aber diese an sich so einfache Scene auf dem Bilde zur
Darstellung gelangt, das kann nur vor dem Original
selbst gewürdigt werden. Der Liebreiz der Köpfchen
bei den heiligen Frauen, der Farbenschmelz des Bildes,
-die schlichte und doch zarte Durchführung bei einer
Sicherheit der Zeichnung, die auch heute unübertroffen
dasteht, stempeln das Gemälde zu einem Galeriebilde
ersten Ranges. Konservirt ist es in völlig idealer Weise,
so daß man alle die guten Qualitäten genießen kann,
eine gleichmäßige Craquelure stört nicht weiter. Die
klare, nicht lesbare Signatur ist auch insofern bemerkens-
wert^, als man in einem, unter dem Namen des Pas-
qualino vorkommenden G. B. die Chiffre des Meisters
Bellini selbst zu erkennen vermeinte. Die Frage bleibt
derzeit offen.
An diesem Gemälde läßt sich eine Uebermalung
konstatiren, doch kein „ristsuro", sondern eine fachmän-
nische Aenderung von der Hand eines gewandten Künst-
lers, welcher den Kopf des knieenden Donators um-
arbeitete, und zwar, allem Anschein nach, nachdem das
Bild selbst schon ein gewisses Alter erreicht hatte und
die Farbe bereits den Grad von Härte besaß, der ein
inniges Verbinden neu hinzukommender Farbenlager
nicht mehr gestattet. Freilich wird ein Beschauer kaum
die Uebermalung zu erkennen im Stande sein, da sie
nur unmerklich vom Gesammttone abweicht.
Ein Musterbild italienischer Malerei, der „Schön-
malerei" möchte man sagen, ist das Brustbildniß der
Madonna von Giambattista Salvi (Sassoferrato), das
eine emailartige Technik aufweist, weich modellirt er-
scheint und bei seiner guten Erhaltung das Helle Kolorit
dieses Meisters des 17. Jahrhunderts deutlich zur An-
schauung bringt. Es wird jedenfalls die Bewunderung
des größeren Theils derjenigen erwecken, denen es ver-
gönnt sein wird, der Galerie Novak einen Besuch ab-
zustatten.
In ähnlicher Weise ruft ein Porträt die Aufmerk-
samkeit des Galeriebesuchers wach, indem auch hier eine
Meisterhand das Abbild eines jungen Mannes auf die
Bildfläche gezaubert hat, allerdings mit anderen, ge-
radezu entgegengesetzten Mitteln. Van Dyk ist wohl
der Autor jenes vornehmen Porträts, dessen lebendiger
Blick den Beschauer förmlich zu verfolgen scheint.
Welch' ein Fleisch hat der Künstler da gemalt! Der
Brust mit Gansbauch Kragen und Beintaschen, mit Schwarzätzung
verziert, von einem Feldharnische. Deutsche Arbeit um 1560.
wahre Naturton des Antlitzes, leuchtend trotz seiner
wohltemperirten Farbenskala, die Schärfe der Charak-
teristik dieses Kopfes, dabei die freie Malweise — es
war ein großer Porträtmaler der diesen Kopf, gemalt
hat.
Des Malerfürsten Rubens virtuoser Pinsel hat die
Studie, einen Christuskopf, geschaffen, deren breite Tech-
nik und Unmittelbarkeit die Auffassung so ächt des
großen Vlämen Sprache reden.
Und wieder ein kleines Bildchen, auf den ersten
Blick unscheinbar, aber nach dem Ausspruche von Fach-
leuten „dem Rembrandt sehr nahe stehend, wenn nicht
Rembrandt selbst" — ein Seestück, vielleicht die Rhein-
mündung, wo Rembrandt's Vaterhaus gestanden. Einige
Boote unter Segel, ein flacher Horizont und eine weich e,
schwermüthige Luft, breit und flüssig gemalt, von
großer Tiefe.
Dann folgen sie aufeinander, die Bilder alter
Meister von Holland und Belgien. Hier ein schönes
Galeriestück, ein Madonnenbildchen von Cornil Schut
umrahmt von einem Blumengewinde von Seghers, fig-
nirt, wohl erhalten, leuchtend in sammtartigen Tönen
der Blüthen. Dort der Rembrandtschüler Schalken,
„ein Knabe mit der Kerze," wie er in die Flamme
bläst, signirt, ohne Mackel — da ein Dorfbrand, nun,
jedenfalls Egbert van der Poel (die Signatur ähnlich
der des Bildes im Rudolfinum, dies aber besser kon-
servirt, mit reicher Staffage von lebendigen Thier- und
Menschenfiguren) — hier ein klarer Poelenburg, der
jetzt so geschätzt wird, da Cuylenburg (Diana mit
Kalypso), den man so schön auf Poelenburg's Signatur
umsälschen kann, da ein Adr. von Ostade, Galeriestück,
gut erhalten mit goldigem Ton, da wieder Mienzen
Molenaer, ein Bauerninterieur, so lustig und derbfrisch,
als es je ein Holländer malte, prächtig erhalten.
Die Reihe ist noch länger. Ein Sprung in die
ältere Zeit! Ein hochinteressantes Stück, es ist van
der Goes, ein untergegangenes Freskobild, dies wahr-
scheinlich eine gute alte Kopie nach dem Original, Th.
von Frimmel schreibt sie der Ausführung der Bäume
nach dem Roelant Savery oder dem Gillis Coninxloo
zu (Odronigus äss ^.rts, Nr. 17). Das Bild führt
David und Abigail vor und ist auch in kulturhistorischer
Hinsicht ein wichtiges Werk, denn es giebt da eine
ganze Anzahl von schönen Kostümfiguren des 15. Jahr-
hunderts. Die Pinfelführung ist fein, naiv, und mit
Liebe sind die Blüthen und Gewächse des Vordergrundes
ausgeführt. Die Komposition des Bildes mit der reichen
Handlung, die sich, dem Zeitgebrauche gemäß, in einige
Scenen auflöst und dieselben Gestalten wiederholt im
Bilde erscheinen läßt, weist noch auf das ausgehende
Mittelalter zurück, aber die künftige Größe der vlämi-
schen Kunst zeigt sich in der strengen, nach Wahrheit
strebenden Zeichnung, dem satten Kolorit und dem Na-
turgefühl. Die Baumkronen des Hintergrundes, über-
haupt der gut durchgebildete landschaftliche Part lassen
bereits an die ersten Landschafter des 16. Säkulums
denken, wenn auch ein gut Theil davon auf die Rech-
nung des hundert Jahre jüngeren Kopisten kommen
mag.
Dem 15. Jahrhundert gehört auch die wundersam
feine Kreuzigung Christi an, die niederländischen Ur-
sprungs, an Quinten Massys sorgfältig durchgeführte
Arbeiten erinnert. Das Bild ist in seiner ganzen
Farbenfrische durch die Jahrhunderte hindurch erhalten
geblieben und schon in der intakten Beschaffenheit spricht
es sein ehrwürdiges Alter aus. Damals malte man
noch für spätere Geschlechter, mit dem besten, selbst zu-
bereiteten Materiale und sind solche alte Bilder in der
Regel von besserem Aussehen, als die kaum Hundert-
jährigen, denn selbst die noch jüngeren Arbeiten eines
Füger z. B. springen mehr und gröber auf, als diese
dichtgemalteu Tafeln. Das Bildchen athmet den Zau-