Nr. 4.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland
Stuttgart, 2«. Januar 18S8
(Erscheint wöchentlich.)
Verbürgte
Auflage 5000.
Zentral-OrganfürSarnmelwesen,
Versteigerungen und Alterthnmskunde.
Verbürgte
Auflage 5000.
Herausgegeben unter M
twirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.
Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum ro Pfg., Auktionen »o Psg.
6. Jahrgang.
Ä e Wissenschaften stnd Gemeingut, weil das Denken
Z Gemeingut ist, und das Denken au« der Quell« de« Wissen»
(W. Wundt.)
Eine Prager Privatgalerie.
Von
Dr. F. X. Harlas.
Unsere alte Königsstadt hat seit Jahrhunderten
einen reichen Kunstbesitz gehabt, der ihr zum
schönsten Schmucke ward. Als Stadt selbst durch
eine herrliche Lage von der Natur ausgezeichnet,
vereinigte sich Alles, was mit der Kunst in Ver-
bindung stand, innerhalb ihrer Mauern. Weit
berühmt war Prag im 14. Jahrhundert wegen
seiner Schönheit und kunstvollen Pracht, galt
noch im 15. für einen der sehenswürdigsten Orte
Europas. Herrliche Bauten erhoben sich da,
eine regsame Bürgerschaft sah auf schönes Ge-
räts) und zierlichen Schmuck, prachtliebender
Adel hatte da seine Sitze und mächtige Könige
hielten hier ihren Hof. Ein Schatz von Kunst
sammelte sich in Prag an, ein Schatz, von dem
die umliegenden Lande zehrten und aus dem
sich Freund und Feind bereicherte, im Frieden
And im Kriege.
Was für Sammlungen von Kunstwerken
ernst in Prag bestanden hatten, dessen gedenkt
noch heute der Patriot mit wehmüthigem Herzen.
Und doch war die Liebe zur Kunst zu jeder Zeit
hier lebendig, und mögen auch unschätzbare
Werke der Malerei, der Plastik, der Goldschmiede-
kunst von hier weggeschleppt worden sein, mögen
ganze Galerien theils in die Fremde verhandelt,
theils übersiedelt worden sein, immer wieder
haben sich Männer in Prag gefunden, die an
ein neues Sammeln gingen und den Ruhm
Prags als kunstsinniger Pflegestätte des Schönen §
wahrten. Aus der Geschichte ließen sich solche
Perioden anführen, und die Namen Derjenigen,
dre zu allen Zeiten für die Kunst ein offenes
Herz besessen hatten, werden unvergessen bleiben, No.
von den Tagen Karls IV. bis auf die patrioti-
schen Kunstfreunde unserer Epoche. Denn der Gipfel-
punkt aller menschlichen Kultur, die Blume, zu welcher
sich das gesammte Geistesleben entschließt — es ist die
Kunst.
Alle Gattungen der Kunst fanden in Prag bis
heute günstigen Boden, die Musik, die Poesie, die Bau-
kunst, Plastik, Malerei. Diese letztere brauchte noch
die längste Zeit, um sich gleichmäßig noch mit den
anderen zu entwickeln, und die Gegenwart erst zeigt
sie im Aufschwung« begriffen, gefördert und unterstützt
von feinsinnigen Bürgern unserer königlichen Stadt.
Zugleich regte sich auch wieder der Sammelgeist, dem
man die Erhaltung von Kunstwerken zu danken hat,
und seit Beginn dieses Jahrhunderts etwa steht Prag
wieder im Besitze von Galerien. Als „Galerie von
Prag" schlechthin gilt das „Künstlerhaus Rudolfinum"
mit seiner Gemäldesammlung alter und neuer Meister,
allein nebstdem gab es immer noch Privatsammlungen
bei uns, die mehr oder weniger dem Publikum zugäng-
lich gemacht waren.
Der Adel interessirte sich für die Kunst und es
entstanden in Prag bedeutende Galerien, von denen
die des Grafen Nostitz sich erhalten hat. Neben dem
Adel, der in Böhmen und Oesterreich speciell sehr viel
Kunstsachen gesammelt hat und ein lebhaftes Interesse
an der Kunst zeigte, wie sonst selten wo, — neben den
42. Standuhren. Museum in Stuttgart, Neckarstraße s. (Text Seite
Aristokraten stand in Prag der eigentliche bürgerliche
Kunstfreund nicht zurück. Man erinnere sich nur an
Dr. Hoser, dessen Bildergalerie dem Rudolfinum ein-
verleibt ist; man kann noch zahlreiche Namen anführen,
deren Träger Vieles für die Kunst thaten.
Diesmal aber gilt es, einer Prtvatsammlung die
Aufmerksamkeit zuzuwenden, die bisher in Prag wenig
oder gar nicht bekannt gewesen isi. Der Großindu-
strielle Herr I. V. Nov »k hat sich in seinem Familien-
hause Na Florenci eine Galerie errichtet. Seit
langen Jahren eifriger Sammler, gewann er auf großen
Reisen und bei Besuchen der fremden Gemäldegalerien
eine Kenntniß des Galeriewesens, die es ihm ermög-
lichte, seine Bilder in einer kleinen, aber auserlesenen
und geschlossenen Sammlung zn vereinigen und aufzu-
hängen. Es war ausschließlich die persönliche Vorliebe
für Werke der Malerei, der zufolge Herr NovLk be-
schloß, eine veritable Galerie anzulegen für sich allein,
um seine Lieblinge mit Muße betrachten und sich ihrer
freuen zu können.
Aus der ganzen Anordnung der Galerie erhellt
dies zur Genüge. Als nun aber seine Sammlung
wuchs, als er dann auch Kupferstiche und Handzeich-
nungen mit einbezog, da baute er in seinem neuen
Heim auch eine eigene Stätte, an welcher die Kunst-
werke, die früher den Schmuck seiner Wohnräume ge-
bildet hatten, untergebracht werden, und jetzt
nicht nur zur Freude des Besitzers, sondern auch des
Kunstfreundes und Forschers vermöge der Zuvor-
kommenheit des Eigenthümers zugänglich sind.
Das Exterieur des Hauses schon verräth,
daß ein kunstsinniger Mann hier seine Wohnung
aufgeschlagen habe. Eine elegante Steinfatzade
im Stile der Renaissance zeichnet sich durch vor-
nehme Properationen aus, der ornamentale
Schmuck ist geschmackvoll den modernen Ansprü-
chen angepaßt. Das Entrß erhält den Eindruck
einer soliden Eleganz auch weiter fort, die Helle
Malerei mit zierlichen Ranken wirkt sehr ange-
nehm, der blanke Schaft der die Treppe stützen-
den Säule schimmert im Licht, welches freund-
lich hereinfällt. Die Wandmalerei auf der
Treppe begleitet dann mit ihren gleichsam wache-
haltenden Greifen den Besucher in das erste
Stockwerk und das lichte Vorzimmer. Aus
diesem führt eine Thür direkt in das Arbeits-
zimmer des Besitzers, zu welchem man auch aus
dem Salon gelangt. Dieser Raum bildet eine
Art Präludium zur eigentlichen Galerie, da er
mit Bildern reich geschmückt ist, und zwar em-
pfängt uns hier die Malerei unserer Zeit. Eine
schöne Mondlandschaft von Schleich, einige Por-
träts und kleinere Bilder des Altmeisters Javureck,
"" darunter so frische und flottgemalte Arbeiten,
wie man sie auf Ausstellungen von diesem Mei-
ster nie gesehen hat, hie und da ein älteres
Bild — so bietet sich der comfortable eingerich-
tete Raum dem Blicke dar. Doch eben be-
s.) merkt man die alkovenartige Fortsetzung, von
Säulen flankirt, und findet sich vor der Biblio-
thek des kunstsinnigen Hausherrn, die in dunkeln, offenen
Schränken rechts und links aufgestellt ist. Im unteren
Theile der Stellagen sind die Fächer mit den Mappen,
Kupferstiche, Radirungen, Zeichnungen, Skizzen, Auqna-
relle enthaltend. Eine Glasthür theilt den Hintergrund
dieser Abtheilung. Diese schiebt sich zu beiden Seiten
zurück und man steht auf einer Estrade und überblickt
einen weiten Saal, in welchen das Licht durch die
Glasdecke mächtig hereinfluthet und dessen Wände mit
Gemälden bedeckt erscheinen. Dies ist die Galerie des
Herrn I. NovLk. Einige Stufen abwärts und wir stehen
mitten unter den „Lieblingen" unseres liebenswürdigen
Cicerone.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland
Stuttgart, 2«. Januar 18S8
(Erscheint wöchentlich.)
Verbürgte
Auflage 5000.
Zentral-OrganfürSarnmelwesen,
Versteigerungen und Alterthnmskunde.
Verbürgte
Auflage 5000.
Herausgegeben unter M
twirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.
Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum ro Pfg., Auktionen »o Psg.
6. Jahrgang.
Ä e Wissenschaften stnd Gemeingut, weil das Denken
Z Gemeingut ist, und das Denken au« der Quell« de« Wissen»
(W. Wundt.)
Eine Prager Privatgalerie.
Von
Dr. F. X. Harlas.
Unsere alte Königsstadt hat seit Jahrhunderten
einen reichen Kunstbesitz gehabt, der ihr zum
schönsten Schmucke ward. Als Stadt selbst durch
eine herrliche Lage von der Natur ausgezeichnet,
vereinigte sich Alles, was mit der Kunst in Ver-
bindung stand, innerhalb ihrer Mauern. Weit
berühmt war Prag im 14. Jahrhundert wegen
seiner Schönheit und kunstvollen Pracht, galt
noch im 15. für einen der sehenswürdigsten Orte
Europas. Herrliche Bauten erhoben sich da,
eine regsame Bürgerschaft sah auf schönes Ge-
räts) und zierlichen Schmuck, prachtliebender
Adel hatte da seine Sitze und mächtige Könige
hielten hier ihren Hof. Ein Schatz von Kunst
sammelte sich in Prag an, ein Schatz, von dem
die umliegenden Lande zehrten und aus dem
sich Freund und Feind bereicherte, im Frieden
And im Kriege.
Was für Sammlungen von Kunstwerken
ernst in Prag bestanden hatten, dessen gedenkt
noch heute der Patriot mit wehmüthigem Herzen.
Und doch war die Liebe zur Kunst zu jeder Zeit
hier lebendig, und mögen auch unschätzbare
Werke der Malerei, der Plastik, der Goldschmiede-
kunst von hier weggeschleppt worden sein, mögen
ganze Galerien theils in die Fremde verhandelt,
theils übersiedelt worden sein, immer wieder
haben sich Männer in Prag gefunden, die an
ein neues Sammeln gingen und den Ruhm
Prags als kunstsinniger Pflegestätte des Schönen §
wahrten. Aus der Geschichte ließen sich solche
Perioden anführen, und die Namen Derjenigen,
dre zu allen Zeiten für die Kunst ein offenes
Herz besessen hatten, werden unvergessen bleiben, No.
von den Tagen Karls IV. bis auf die patrioti-
schen Kunstfreunde unserer Epoche. Denn der Gipfel-
punkt aller menschlichen Kultur, die Blume, zu welcher
sich das gesammte Geistesleben entschließt — es ist die
Kunst.
Alle Gattungen der Kunst fanden in Prag bis
heute günstigen Boden, die Musik, die Poesie, die Bau-
kunst, Plastik, Malerei. Diese letztere brauchte noch
die längste Zeit, um sich gleichmäßig noch mit den
anderen zu entwickeln, und die Gegenwart erst zeigt
sie im Aufschwung« begriffen, gefördert und unterstützt
von feinsinnigen Bürgern unserer königlichen Stadt.
Zugleich regte sich auch wieder der Sammelgeist, dem
man die Erhaltung von Kunstwerken zu danken hat,
und seit Beginn dieses Jahrhunderts etwa steht Prag
wieder im Besitze von Galerien. Als „Galerie von
Prag" schlechthin gilt das „Künstlerhaus Rudolfinum"
mit seiner Gemäldesammlung alter und neuer Meister,
allein nebstdem gab es immer noch Privatsammlungen
bei uns, die mehr oder weniger dem Publikum zugäng-
lich gemacht waren.
Der Adel interessirte sich für die Kunst und es
entstanden in Prag bedeutende Galerien, von denen
die des Grafen Nostitz sich erhalten hat. Neben dem
Adel, der in Böhmen und Oesterreich speciell sehr viel
Kunstsachen gesammelt hat und ein lebhaftes Interesse
an der Kunst zeigte, wie sonst selten wo, — neben den
42. Standuhren. Museum in Stuttgart, Neckarstraße s. (Text Seite
Aristokraten stand in Prag der eigentliche bürgerliche
Kunstfreund nicht zurück. Man erinnere sich nur an
Dr. Hoser, dessen Bildergalerie dem Rudolfinum ein-
verleibt ist; man kann noch zahlreiche Namen anführen,
deren Träger Vieles für die Kunst thaten.
Diesmal aber gilt es, einer Prtvatsammlung die
Aufmerksamkeit zuzuwenden, die bisher in Prag wenig
oder gar nicht bekannt gewesen isi. Der Großindu-
strielle Herr I. V. Nov »k hat sich in seinem Familien-
hause Na Florenci eine Galerie errichtet. Seit
langen Jahren eifriger Sammler, gewann er auf großen
Reisen und bei Besuchen der fremden Gemäldegalerien
eine Kenntniß des Galeriewesens, die es ihm ermög-
lichte, seine Bilder in einer kleinen, aber auserlesenen
und geschlossenen Sammlung zn vereinigen und aufzu-
hängen. Es war ausschließlich die persönliche Vorliebe
für Werke der Malerei, der zufolge Herr NovLk be-
schloß, eine veritable Galerie anzulegen für sich allein,
um seine Lieblinge mit Muße betrachten und sich ihrer
freuen zu können.
Aus der ganzen Anordnung der Galerie erhellt
dies zur Genüge. Als nun aber seine Sammlung
wuchs, als er dann auch Kupferstiche und Handzeich-
nungen mit einbezog, da baute er in seinem neuen
Heim auch eine eigene Stätte, an welcher die Kunst-
werke, die früher den Schmuck seiner Wohnräume ge-
bildet hatten, untergebracht werden, und jetzt
nicht nur zur Freude des Besitzers, sondern auch des
Kunstfreundes und Forschers vermöge der Zuvor-
kommenheit des Eigenthümers zugänglich sind.
Das Exterieur des Hauses schon verräth,
daß ein kunstsinniger Mann hier seine Wohnung
aufgeschlagen habe. Eine elegante Steinfatzade
im Stile der Renaissance zeichnet sich durch vor-
nehme Properationen aus, der ornamentale
Schmuck ist geschmackvoll den modernen Ansprü-
chen angepaßt. Das Entrß erhält den Eindruck
einer soliden Eleganz auch weiter fort, die Helle
Malerei mit zierlichen Ranken wirkt sehr ange-
nehm, der blanke Schaft der die Treppe stützen-
den Säule schimmert im Licht, welches freund-
lich hereinfällt. Die Wandmalerei auf der
Treppe begleitet dann mit ihren gleichsam wache-
haltenden Greifen den Besucher in das erste
Stockwerk und das lichte Vorzimmer. Aus
diesem führt eine Thür direkt in das Arbeits-
zimmer des Besitzers, zu welchem man auch aus
dem Salon gelangt. Dieser Raum bildet eine
Art Präludium zur eigentlichen Galerie, da er
mit Bildern reich geschmückt ist, und zwar em-
pfängt uns hier die Malerei unserer Zeit. Eine
schöne Mondlandschaft von Schleich, einige Por-
träts und kleinere Bilder des Altmeisters Javureck,
"" darunter so frische und flottgemalte Arbeiten,
wie man sie auf Ausstellungen von diesem Mei-
ster nie gesehen hat, hie und da ein älteres
Bild — so bietet sich der comfortable eingerich-
tete Raum dem Blicke dar. Doch eben be-
s.) merkt man die alkovenartige Fortsetzung, von
Säulen flankirt, und findet sich vor der Biblio-
thek des kunstsinnigen Hausherrn, die in dunkeln, offenen
Schränken rechts und links aufgestellt ist. Im unteren
Theile der Stellagen sind die Fächer mit den Mappen,
Kupferstiche, Radirungen, Zeichnungen, Skizzen, Auqna-
relle enthaltend. Eine Glasthür theilt den Hintergrund
dieser Abtheilung. Diese schiebt sich zu beiden Seiten
zurück und man steht auf einer Estrade und überblickt
einen weiten Saal, in welchen das Licht durch die
Glasdecke mächtig hereinfluthet und dessen Wände mit
Gemälden bedeckt erscheinen. Dies ist die Galerie des
Herrn I. NovLk. Einige Stufen abwärts und wir stehen
mitten unter den „Lieblingen" unseres liebenswürdigen
Cicerone.