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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 10 (9. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0077
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,s . Zenwal-OrganfürSammelwesen,
^lttslagL Versteigerungen und Alterthumskuude.
Verbürgte
Auflage 5000.
Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
Nr. 10.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.S0
vierteljährlich, Ausland X S.—
Stuttgart, 9. März 1898.
(Erscheint wöchentlich.)
Anzeige«:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum 20 Psg., Auktionen 30 Pfg.
6. Jahrgang.

Fundstücke aus dem Grabe des Königs Childerich. (Text Seite 76).

«) Georg EberS: Antike Portraits. Die hellenistischen
Bildnisse aus dem Fajjüm. Leipzig, W. Engelmann 1893.

in o ,- ,-
Franzose sich ausdrücken würde. Das verwendete Holz
ist gesägt, nicht geschnitten, ist neu und von einer
Gattung, auf die man kein einziges antikes Bildniß
malte; denn es scheint Pappelholz zu sein. Seine
Frische macht es vollkommen biegsam, während die
echten Bilder spröde sind und, biegt man sie stärker
nach links und rechts, infolge ihres ausgetrockneten Zu-
standes auseinanderspringen. Freilich zeigen auch die
Fälschungen Risse; doch müssen sie künstlich gemacht
sein; denn auch bei einer ziemlich starken Biegung
hätten sie keineswegs zu entstehen brauchen.
Was nun die Malerei selbst angeht, so sind die
echten Bilder größtenlheils mit Wachs-, niemals aber
mit Oelfarben und gewöhnlich in enkaustischer Manier
gemalt Um diese nachzuahmen, bedarf es eines beson-
deren, keineswegs mühelosen Studiums und dazu großer
Sorgfalt und Geschicklichkeit. Der Fälscher hätte bei
einer so zeitraubenden Thätigkeit seine Rechnung na-
türlich nicht gefunden und begnügte sich darum mit der

Fälschung antiker Portraits
Von
Georg Ebers.

antiken Maler würden indeß nicht genügen, diese Tafeln
mit voller Sicherheit als Fälschungen zu bezeichnen;
es sind vielmehr äußere Merkmale, die ihnen das Ur-
theil sprechen, und die Vermuthung, die der Eindruck
der ganzen Bilder weckt, zur Gewißheit erheben. Den-
noch nahm der Fälscher auch auf die in's Auge fallenden
Aeußerlichkeiten Rücksicht.
Die Größe der Holztafeln entspricht der der alten
Portraits, die Risse und Zacken, die die Originale ver-
unzieren, sind geschickt wiedergegeben, dem ganzen Holze
(auch auf der Rückseite) wurde das Ansehen gegeben,
als wäre es infolge seines hohen Alters tief nachge-
dunkelt, durch eine keineswegs ungeschickte Verwendung
von Staub oder von feinem Sande wurden die frisch
aufgetragenen Farben gedämpft und gleichsam leise
verschleiert. Schmierereien am Rande und auf dem
Rücken ahmen Aehnliches auf den Originalen nach.
Zu seinem Schaden verkannte der Fälscher indeß die
Natur der harten, dunklen Stellen auf der Kehrseite
seines Vorbildes oder scheiterte bei ihrer Nachbildung ;
denn man brauchte gewöhnlich Asphalt, um die
Portraits mit der Leinwandhülle der Leiche zu ver-
binden, und ihm gleichen die Sudeleien des Fäl-
schers auch nicht von fern. Die echten Bildnisse
sind bald auf stärkere, bald auf dünnere Tafeln
gemalt. Jene bestehen gewöhnlich aus Sykomo-
ren-, diese aus Cypressenholz und wurden nicht
gesägt, sondern mit einem hackenariigen Beile
zugehauen, dessen gleichen man auf altägyptischen
Darstellungen begegnet und auch heute noch von
ägyptischen Handwerkern gebrauchen sieht. Im Laufe
der Jahrhunderte trocknete das Holz völlig ein.
Gebraucht man das Messer, so ist die Schnittfläche
ohne jede Ausnahme von mehr oder weniger dunk-
lem Braun. Der Fälscher bemalte dagegen nur
Ränder des dünnen Täfelchens mit der nämlichen
Farbe. Schneidet man nun ein Stückchen von ihm
ab, so leuchtet dem Untersucher die Schnittfläche in
Hellem Weiß entgegen. Dieser Umstand, der sich
aus den beiden uns vorliegenden gefälschten Tafeln
gleicher Weise ergab, „tranebe la gusstiou", wie der

Grabuncen im Fajjüm gefundene Gruppe
r Portraits gelangte größtentheils^nach Berlin.

Eine neue Fälschungsart ist in Aegypten Ersucht
Worden. Je besser sie gelang und je gefährlicher sie
für Reisende zu werden droht, desto entschiedener fühle
ich mich verpflichtet, die Nilfahrer und Sammler ägyp-
tischer Alterthümer vor ihr zu warnen und ihnen mit-
zutheilen, wie man die Falsifikate von den echten Er-
zeugnissen der nämlichen Gattung unterscheidet.
Es handelt sich um Nachahmungen der sogenannten
Mumienportraits, d. h. jener auf Holz gemalten Bild-
nisses, die vielen balsamirten Leichen in hellenisti-
scher Zeit an die Stelle des Gesichts gelegt und auf
der Umhüllung der Mumien befestigt wurden.
verschiedene Museen gekommen, 1887 aber wurden
Mei große Gruppen dieser Kunstgegenstände im
Fajjüm dem Sande entzogen. Die eine fand der
große, englische Ausgräber Flinders Petrie bei
seinen Arbeiten im Fajjüm und führte die meisten
m seine Heimath. Die andere wurde von Arabern in
der Nähe von Rubajjat der nämlichen Landschaft
gefunden. Der Wiener Kaufmann, Hr. Theodor
Eraf, dessen Vermittelung den deutschen Museen
schon eine Reihe der werlhvollsten Schätze zuführte
(die Taseln von Teil el-Amarna, die Papyri des
Erzherzogs Rainer rc.), erwarb sie und vereinte sie
zu einer Sammlung, die bei ihrer Ausstellung in
den Großstädten Europa's und Amerika's die größte
Bewunderung erweckte. Kleinere Gruppen gingen in
Museen (Dresden, Wien, Philadelphia, Kopenhagen,
Boston rc.) und in Privatsammlungen über. Fünf
Bildnisse der Gras'schen Sammlung (Nc. 20, 36,
42, 49, 54) kamen auch nach München in die
neue Pinakothek, wo sie besichtigt werden können.*)
. Gleich nach dem Funde von Rubajjat überließ Hr. I
Mas die gesmmten dort entdeckten Portraits dem >
Schreiber dieser Zeilen zur eingehenden Untersuchung,
und dieser unterzog sich gern dieser Aufgabe; denu so
viel wir auch von den griechischen Malern und ihren
Leistungen reden hören, waren diese doch bis auf we-
nige verloren gegangen. Die neu aufgefundenen Por-
sraits füllten darum eine schmerzlich empfundene Lücke
>n der Geschichte der antiken Malerei und machten uns nicht
nur mit der Vortragsweise, sondern auch mit der Technik
der Farbenkünstler im hellenistischen Aegypten vertraut.
Was diese angeht, so waren es besonders die fachmänni-
'chen Untersuchungen Donners v. Richterund Werners,
früher falsch verstandenen Begriff der enkaustischen
Malerei klarlegten und nachwiesen, in welcher Weise sich
die Griechen der Wachsfarben bedienten.

Bevor ich mich damals über diese ganz neue Gatt-
ung von antiken Kunstwerken äußerte, lag es mir ob,
die einzelnen Stücke mit allen zu Gebote stehenden
Mitteln auf ihre Echtheit hin zu prüfen. Das Re-
sultat theilte ich vor nunmehr 10 Jahren (1888) mit.
Ausführlicher behandelte ich die Mumitnportraits in
einer besonderen Schrift, auf die ich den Leser, der sich
über sie zu unterrichten wünscht, verweise. *)
Die gefälschten Bildnisse, deren ich hier zu ge-
denken habe, wurden in Aegypten den Agenten des
Hrn. Th. Graf zu Preisen an geboten, die nur zwei
Möglichkeiten offen ließen. Entweder mußte eine neue
größere Gruppe von mit Portraits geschmückten Mu-
mien ausgegraben worden sein, oder die Fälschung
halte sich nun auch dieser Denkmälergattung zugewandt.
Um sich Gewißheit zu verschaffen ließ Hr. Graf so-
gleich zwei der von Arabern zum Verkauf angebotenen
sieben Bildnisse erwerben, und die Händler, die anfäng-
_ ___ l lich weit mehr verlangt hatten, begnügten sich mit
Schon früher waren einzelne dieser Bilder in j 3>/z Pfd. St. (70 Mk.) für die Tafel. Wahrscheinlich

waren diese Leute nur Beauftragte des Fälschers, der
ihnen für seine durchaus nicht mühelose Arbeit einen
Preis vorschrieb, der beweist, daß er in seiner künst-
lerischen Thätigkeit zu keinem erheblichen Erfolge ge-
langte. Dennoch ist sein Können nicht ganz gering
anzuschlagen; denn er machte sich mit der Vortrags-
weise und der Farbengebung der alten Maler wohl
vertraut und gab beide mit ziemlicher Treue wieder.
Das Kolorit ist sogar auf dem einen gefälschten Bilde
dessen Original ich zu kennen meine, sehr wohl ge-
troffen. Das eine wie das andere sind keine gemeine
Copien. Ihr Schöpfer erlaubte sich vielmehr gewisse
Freiheiten; doch hätte er klüger gehandelt; dies zu
unterlassen; denn gerade das Eigene, das er bei der Be-
handlung besonders der Augen des einen Bildes hin-
zugibt, ist modern und erweckt den Verdacht des Beschauers.
Solche Abweichungen von der Vortragsweise der
 
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