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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 39 (28. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0309
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Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.

Nr. 39

6. Jahrgang

Abonnement:
DeuUchland u. Oesterreich S.öv.
vierteljährlich, Ausland ».—.

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Die Nonpareillezeile oder deren
Raum Sv Pfg., Auktionen so Pfa.

Stuttgart, 28. September 1898
(Erscheint wöchentlich.)

Verbürgte

^entral-OraanfürSammelwesen,
Bersteigerunge« und Alterthumskunde. Auflllstk 00.

Verbürgte
Auflage 5000.
Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmufeums" in Stuttgart.

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Die HxxsäitioQ.


Das Bienenwachs und seine
Bedeutung im Alterthum.
Von Reallehrer Beßler in Ludwigsburg.
(Schluß.)
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Auf den Klostergärten erschienen die Wachszinsigen
bald mit eigenem Rechte, fast in der Weise einer Inn-
ung ausgebildet. Aus einer Menge von Urkunden
Karls des Großen geht hervor, daß z. B. die Sachsen
zur Abgabe von namhaften Wachszinsen verpflichtet
waren. Eine zu Urlau, O.-A. Leutkirch, unter dem
26. Oktober 834 ausgestellte Urkunde bestätigt, daß
ein Bauer in Grüneberg, O.-A. Wangen, dem Kloster
St. Gallen neben anderen Steuern auch 7 sxsmina apis,
d. h. 7 Bienenstöcke und ein entsprechendes Quantum
Wachs zu liefern hatte. Nach den damals bestehenden
Hofrechten wurde eine nicht zum Hofe gehörige Frau,
welche einen Hörigen desselben heirathete, dem Hofe
wachspflichtig sammt allen ihren Kindern. Wachs-
chflichtig wurde auch das außereheliche Kind eines dem

Hofe angehörenden Knechts oder einer freien Magd.
So sehen wir im Mittelalter die Wachsproduktion und
die Verwendung desselben auf allen Gebieten des kirch-
lichen und gewerblichen Lebens immer größere Aus-
dehnungen annehmen. Das Wachs bildete einen starken
Handelsartikel. Die deutschen Wachswaaren wurden
im Seehandel aus den nördlichen Seeplätzen nach den
westlichen und durch die Hansa über diese hinaus ver-
mittelt. Ueberall bildeten sich besondere Honig- und
Wachsmärkte, so in Augsburg, Nürnberg, Frankfurt,


Rückseite einer Holzstatuette Wilhelm VI., Grafen von Holland
(gest. 1417.) Kopie einer Bronzestatue, die bei dem Brande deS
Stadthauses von Amsterdam 1652 zu Grunde ging, ausgeführt von
A. Quellinus. Nach D. van der Kellen Nederlands Oudheden.
Köln und wiederum in Regensburg, Wien, Breslau
und Prag. Große Quantitäten von Honig und Wachs
wurden von Deutschland über Hamburg nach Spanien
ausgeführt, wo die Klöster einer Menge Wachslichter
bedurften.
Deutschland hatte im Mittelalter einen solchen
Reichthum an Honig und Wachs, daß es große Send-
ungen nach Syrien und Palästina auf der Donau-
straße durch Niederösterreich hinab nach Konstantinopel
schicken konnte. Der Wachshandel gelangte zu einer

solchen Ausdehnung, daß von Seiten des Staates eine
Kirchensteuer erhoben wurde und die Kirche ihren Zehnten
daraus bezog, wodurch dem Throne und der Kirche be-
deutende Einkünfte gesichert wurden.
Der Werth des Wachses vor Erfindung der Buch-
druckerkunst und des Papiers wurde mit den Jahr-
hunderten immer größer und höher geschätzt. In man-
chen württembergischen Städten hat man sich bis 1500
Jahre n. Ehr. in Beschreibung des Einkommens und
der Ausgaben wächserner Tafeln bedient, die meist am
Johannistage alljährlich öffentlich gezeigt wurden.
Prescher in seiner Geschichte der Grafschaft Limburg
erwähnt, daß man in der Saline zu Hall am Kocher
den Salzertrag und Salzverschleiß in dieser Weise no-
tirte. Ein interessanter Beleg für diese Gepflogenheit
sind die in der kgl. Bibliothek zu Stuttgart aufbewahrten
Wachstafeln aus der Herrenstube der dazumal öster-
reichischen Stadt Rottenburg am Neckar. In dem Wachs-
guß sieht man die Namen mehrerer noch lebender Ge-
schlechter als Gäste mit dem Betrage ihrer Zeche ein-
gegraben. Dieser seltsame Kodex kam zu Anfang des
16. Jahrhunderts durcy den Rotlenburger Bürgermeister
Sigismund Wendelstein an das Kloster Weingarten
und von da an die königl. Bibliothek nach Stuttgart.
Im Weiteren sei noch an die Verwendung des
Wachses zu Petschaften, in Testamenten, Urkunden
u. s. w. erinnert, von welcher man allenthalben im
Schwabenlande interessante Reliquien, so namentlich
vom Hosgerichte zu Rottweil anlrifft, das besonders
gerne seine Hexenprozesse mit Bienenwachs besiegelt hat.
Vor dreihunvert Jahren noch kostete im Württemberger
Lande 1 Pfund Siegellackwachs 4 Gulden 16 Kreuzer,
ein starkes Kalb aber nur 1 Gulden 24 Kreuzer.
.Welche bedeutende Rolle zu Ende des Mittelalters das
Wachs im Elsaß gespielt hat, geht aus der Straßburger
Chronik des Dr. Johann Schillers hervor, in welcher
es u. a. heißt: „Bis 1500 Jahr n. Ehr. Geb. bediente
man sich zu Straßburg in Beschreibung des Einkommens
und der Ausgaben gemeiner Stadt der Pfenningrech-
nung wächserner Tafeln. Solche Rechnungen in Wachs-
tafeln sind noch heutzutage auf dem Pfenningthurm
aufgehoben und werden neben anderen Sonderbarkeiten
am Tage Johannes des Täufers jährlich öffentlich ge-
zeigt und ausgelegt."
Diese Wachstäfelchen scheinen im Mittelalter auch
in Holland ein sehr bekanntes und häufig angewandtes
Schreibmaterial gewesen zu sein. Im Reichsarchiv im
Haag hat man einige solcher Täfelchen aus Buchenholz
von sehr kleinem Format entdeckt, die wohl als eine
Art Taschennotizbuch gebraucht worden sind.
Man findet auf ihnen einige Notizen über Aus-
gaben und Einnahmen, so daß man darauf schließen
kann, daß die tabulas vsreatas auch als Haushaltungs-
bücher verwendet wurden. Für die Alten bildeten
diese Wachstäfelchen das Material zum Niederschreiben
von Konzepten. Von Ruysbrock weiß man, daß er
während seiner Spaziergänge in der Umgebung seines
Kloster gewöhnt war, seine Gedanken „unter Eingebung
des hl. Geistes in tabula versa soripto eommsudars"
und sie dann zu Hause auf Pergament niederzuschreiben.
 
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