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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 37 (14. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0293
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Offizielles Oegnn des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmufeums" in Stuttgart.


Herausgaben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.

Nr. 37.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50.
vierteljährlich, Ausland 3.—.

Stuttgart, 14. September 18S8. d'-rd-r.n
(Erscheint wöchentlich.; Raum 20 Pfg., Auktianen So Psx.

6. Jahrgang.

H Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken
H Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle deS Wissens
A schöpft. (W. Wundt.)

Bronzemörser des 16. u. 17.
Jahrhunderts.
.(Mit Abbildungen Seite 293.)

Einen kleinen Beitrag zur Geschichte der Kleinkünste
dürfte uns eine im Besitz des Rentners B. Schmitz,
Münster i. W., befindliche Sammlung von Bronze-
gefäßen und -Mörsern ans dem 16. und 17. Jahr-
hundert liefern. Was alles schon hinsichtlich der Ge-
schichte der Kleinkünste über die Bconzetechnik geschrieben
worden ist. erstreckt sich zumeist auf die mehr in's Ange
fallenden Gegenstände der kirchlichen Kniilt, als Leuchter,
Kandelaber, Beschläge, Grabplatten, Glocken ec. oder
bei der profanen Kunst mehr ans monumentale Werke.
Dagegen ist über die in Privathäusern des 16.-18. Jahr-
hunderts befindlichen Bronzegegenstände bürgerlicher
Kleinkunst so gut wie gar nichts geschrieben. Erwähnen
doch selbst Gottfr. Semper in seinem Buche „der Stil
in technischen und tektonischen Künsten", sowie Bucher
in seiner Geschichte der technischen Künste kaum etwas
Wesentliches darüber. Und doch ist auf diesem, wenn
auch weniger ausgedehnten Gebiete manches geleistet
worden, was wohl der Erwähnung Werth ist und eine
nothwendige Ergänzung der Geschichte der Kleinkünste
bilden dürfte.
Zu keiner Zeit stand die Technik des Bronzegusses
höher als bekanntlich in der Renaissance. Die leichten,
aumuthigen, ebenso graziösen als geistvollen dekorativen
Muster dieser Zeit gestatteten ja auch die Anwendung
der Gußtechnik in höchstem Maße. Dabei läßt sich
aber auch nicht leugnen, daß gerade die Muster und
Zierraten der Metallkünste hinwiederum oft von großem
Einflüsse auf die dekorative Seite der Renaissance-
architektur waren. Doch nun zu unserem Thema.
Herr Rentner B. Schmitz zu Münster i. W. hat
seit längeren Jahren mit großem Kunstverständniß sich
eine ebenso interessante als originelle Sammlung zu
erwerben gewußt, ausschließlich Bronzegefäße und
-Mörser aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Samm-
lung umfaßt etwa 25 Stück, darunter manche Pracht-
exemplare. Ein großer Theil wird früher lediglich
praktischen Zwecken gedient haben, wie dies ja auch
noch der bei vielen vorhandene Stoßkolben beweist.
Aber selbst bei diesen Gefäßen vermissen wir nicht eine
Wenn auch weniger reiche, so doch geschmackvolle Deko-
ration, ein Beweis, wie in früherer Zeit die Kunst
volksthümlich war, wie sie es selbst sich nicht versagen
konnte, die zum gewöhnlichen Bedarf erforderlichen
Gerälhe schmuck und für das Auge wohlgefällig zu ge-
stalten. Dahingegen stechen andere der Mörser mit

ihrer prunkvollen und üppigen Dekoration geradezu
hervor. Daß sie jedenfalls auch als Prunkstücke zur
Verschönerung des Hausraths gedient haben, dürfte
wohl anzunehmen sein. Im Nebligen ist zwischen den
oben erwähnten und diesen Mörsern eine bestimmte
Grenze schwer zu ziehen.
Das Format der Gefäße ist im Großen und Ganzen
dasselbe, abgestumpft, kegelförmig, nach unten hin sich
verjüngend, ungefähr die Form einer umgekehrten Glocke.
Der obere Rand springt etwas vor; auf ihm ist zu-
meist ein Sinnspruch oder der Name des Verfertigers
angebracht. Die reiche Gliederung von herumlaufenden
Ringen und Kehlchen läßt in der Mitte ein größeres


Rücken eines sogenannten gothischen Harnisches des Erzherzogs
Sigmund von Tirol. Deutsche Arbeit um 1SS0.

Feld frei, das mit vegetabilischem oder figürlichem
Schmucke versehen ist. Bei einigen finden wir an den
Seiten zwei kleine, meist einfach gehaltene Henkel, bei
Anderen wieder fehlen sie ganz. Auffallend ist, daß
die Form bei diesen Gefäßen, die aus der Zeit von
1502—1697 stammen, so kaum merkliche Verschieden-
heiten aufweist. Höchstens könnte man erwähnen, daß
die vielen, um den Mörser herumlaufenden Ringe und
Kehlen bei den ältesten Exemplaren nur als Trennung
der Ornamente und Inschriften dienen und schärfer ge-
fchnitten sind, dagegen bei den jüngeren dekorativ be-
handelt sind und einen großen Raum einnehmen. —
Das Material ist gewöhnliche Bronze, das richtige

Glockengut, welches zum Theil durch größeren oder
geringeren Zusatz von Kupfer oder Zink eine röth-
lichere oder goldigere Färbung erhalten hat.
Hinsichtlich der Dekoration findet man schon eher
zeitliche Unterschiede. Von 1552—1680 etwa sind be-
sondere Merkmale nicht zu erkennen. Von 1680 ab
verflacht sich das Ornament. Die Blumenmuster nach
diesem Jahre nehmen eine unglaubliche Steifheit an.
Die Blumen selbst sind naturalistische Gebilde und
werden ganz zusammenhangslos nebeneinander gestellt.
So haben wir einen Krug, bei dessen Dekoration eine
Georgine, ein Lorbeerblatt und ein anderes weniger
prägnantes Blattgebilde mit einander abwechseln.
Was das einzelne angeht, so lassen sich die Mörser
praktischer Bestimmung theilweise leicht von den Zier-
stücken unterscheiden durch eine größere, derbere, und
schwerere Form, die als Zierrat nur aufweist viele
herumlaufende Ringe, am oberen Rande ein Band mit
dem Namen des Verfertigers, ab und zu einen kleinen
Wappenschild mit der Geschäftsmarke des Gießers, die
in ihrer Form sehr an die bekannten Steinmetzzeichen
erinnert und die ja auch an den Glocken damaliger
Zeit dutzendmal vorkommen. Es gehen also diese Sachen
aus der Werkstatt des Glockengießers hervor, der sich
selbstredend mit feineren Detailarbeiten nicht befassen
kann. Nur wenige umzieht ein einfacher Kranz zier-
licher, stilisirter Blätter. Trotzdem zeigen alle diese
Mörser eine dem Auge wohlgefällige Form. Einer
derselben, im Uebrigen äußerst einfach gehalten, ist
bemerkenswerth durch eine längere Inschrift. Sie
lautet:
8it Dons pro nobis, Huis eoutrai 6loi Lsobt unä
sebonno äsn Ouvol niobt.
Bedeutend höheres Interesse beanspruchen natür-
lich die feineren und zierlicheren Prnnkgefäße. Ihre
Höhe und oberer Durchmesser variirt nur wenig, durch-
schnittlich 15 resp. 14 em, beträchtlich kleiner als die
der oben genannten. Bei diesen wohl mehr dem Luxus
dienenden Stücken, ist es meist das breite, mittlere
Band, das hinsichtlich seiner künstlerischen Dekoration
unsere Aufmerksamkeit erregt, besonders noch wenn das
feine Renaissancemuster erhöht wird durch figürliche
Zuthat oder lediglich aus Figuren besteht.
Das älteste Stück der Sammlung, (siehe Abbildung),
datirt vom Jahre 1552 und ist auch wohl mit das
technisch vollendetste. Während bei den anderen Ge-
fäßen der obere Rand, sowie die Ringe und der Fuß
stark hervorquellen, verjüngt sich dieses beinahe glatt.
Der Fuß ist gewissermaßen tellerförmig, aus einzelnen
dünnen, übereinander liegenden Lagen aufgebaut. Dies
alles giebt dem Kruge eine gewisse Eleganz. Nicht
allein aber daß die äußere Form eine weit zierlichere
und verschiedenere ist als die der Uebrigen, sondern
auch die Ornamente sind von einer Schärfe und plasti-
schen Erhabenheit, deren sich der Goldschmied nicht zu
schämen brauchte. Das Eigenthümlichste dabei ist aber
der Umstand, daß die gesammte Ornamentik noch der
gothischen Zeit angehört. Das Mittelfeld ist durch
ein schmales Leistchen in zwei ungleiche Hälften ge-
theilt, deren obere, kleinere ausgefüllt wird durch ein
 
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