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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 29 (20. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0229
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Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.

Verbürgte
Auflage 5000.
Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmufeums" in Stuttgart.

AuM^smolZentral-OrganfürSammeLwesen,
Versteigerungen und Alterthumskunde.

Nr. 29.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland 3.—

Stuttgart, 2«. Juli 18S8.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeige«:
Die Nonpareillezeile »der deren
Raum SO Pfg., Auktionen so Pfg.

6. Jahrgang.

A Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken jA
Ä Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle des Wissens 2,
H schöpft. (W. Wundt.) U

Luxus und Handel im alten
Deutschland.
Äon Kurt Kersten. (Nachdr. verb.)

Es ist keine unangenehme und noch weniger eine
Aiüßige Beschäftigung, näher.zu betrachten, aus welche
Weise das deutsche Volk in den ersten Tagen seiner
Geschichte sein Dasein sich ausgeschmückl hat, und welche
Wandlungen in seiner Lust an Pracht und lleppigkeit
Lis zu dem Tage vergangen sind, wo der volle Tag der
Kultur für dasselbe anbrach.
Der alte Deutsche ans Tacitus Germania ist ein
wohlbekanntes Bild. Der Mann, al) Gebieter der
Familie, beschäftigt sich, nur mit Jagd und Krieg, und
-wenn er im Hause arbeitet, so geschieht es, um die
Waffen für diese männlichen Zeitvertreibe vorzubereiteu.
Die Frauen spinnen und weben in unterirdischen Räu-
men, die durch Stroh und Dünger gegen das Eindringen
der Kälte geschützt werden. Leibeigene und Hörige be-
stellen die Aecker, Knechte hüten das Vieh, Sklaven ver-
richten die niedrigen Dienste auf dem Hof und in der
Küche. Was die Familie braucht, muß Haus, Feld
und Wald liefern, und füt den Handel giebt es da ein
.wenig ergiebiges Feld. Wie Cäsar erzählt, brachten
gallische Kaufleute in dieses Verhältniß eines mit den
eigenen Erzeugnissen zufriedenen Lebens zuerst einen
selbstständigen Tauschverkehr. Von einigen Stämmen
wurden sie Anfangs zurückgewiefen, weil sie das Volk
weichlich und unfrei machen würden, andere dagegen
nahmen sie auf. Die römischen Schmucksachen fanden
in kurzer Zeit solche Nachfrage, daß in den Gegenden
an der Donau und am Rhein besondere Fabriken ent-
standen, die für die Ausfuhr nach Deutschland arbei-
teten. Auch Trinkgefäße von Glas oder von feiner
samischer Erde lernten die Deutschen kennen. Was sie
sonst erhielten, waren gallische und italische Weine,
Kleider- und Färberröthe. Dieser bedurften sie zur
Ausübung ihrer rohen Malereien an den Schilden der
Krieger und an den Wänden der Häuser. Man sollte
kaum glauben, daß die rohen Urgermanen den Römern
ihrerseits hatten Luxusartikel geben können, und doch
besaßen sie deren zwei: Zuckerrüben und Laugeseife.
Tiberius schätzte die deutschen Rüben so hoch, daß er
den Vorrath für seine Tafel nie ausgehen ließ. Die
Laugenseife brauchten ihre nordischen Erfinder, um ein
dunkleres Haar zu färben, und zu demselben Zweck
verwendete man sie in Rom. Mit der färbenden Seife
zugleich gingen deutsche blonde Haare nach Italien und
mußten sich zu Perrücken für römische Zöpfe verarbeiten
lassen. Dieser Verkehr führte die Barbaren zu eigenen
Versuchen im Handwerk und in der Kunst. Der ersten

Stufe der gewerblichen Bildung, die durch die steinernen
Waffen der alten Gräber repräsentirt wird, folgte das
sogenannte Bronzezeilalter, in dem man die meisten
und vornehmsten Geräthe aus einer Mischung von Kupfer
und eiwas Zinn goß. Alle die bronzenen Waffen und
Schmucksachen, die man im Norden und am Rhein ge-
funden hat, zeigen mit wenigen Ausnahmen eine große
Gleichmäßigkeit der ost sehr schönen und immer eigen-
thümlichen Verzierungen. Im Norden gab man Spi-
ralen und Wellenlinien den Vorzug, im Süden bildete
man ein Bänder- und Flechtwerk. Trinkgeschirre von


DaS Ravensburgerthor in Wangen i. Allgäu. (Text Seite ssö.)

Glas, die erweislich deutschen Ursprungs sind, hat man
am Oberrhein und in den Donaugegenden gefunden,
nie aber im Innern oder höher hinauf im Norden.
Diese Glasgeschirre haben alle das Eigentümliche, daß
sie am Boden abgerundet sind, also nur auf den oberen
Rand gestellt werden können, und ihre Verzierungen
sind künstlich und zum Theil sogar geschmackvoll. Nicht
selten kommen in den Gräbern auch Perlen und Korallen
von farbigem Glasfluß vor, und der in Schwertgriffe
eingesetzten Verzierungen von derselben Masse haben
zuweilen schon eine unterlegte Metallfolie.

Der Geschmack am Luxus war erwacht und konnte
in den Eroberungskriegen nach voller Befriedigung
streben. Die Deutschen des Frankenreichs, denen eine der
reichsten römischen Erbschaften zugefallen war, erscheinen
uns in der Schilderung Gregors von Tours als ge-
putzte Barbaren. Sie wohnten in Häusern, aus Bret-
tern und Balken gezimmert und mit Nägel zusammen-
geschlagen. Hinter dieser rohen Außenseite versteckte
sich das reichgeschmückte Innere, wo es goldene und
filberne, mit Edelsteinen gezierte Gefäße, prachtvolle
Vorhänge aus Seide und Purpur, und Vorräthe von
Wein, Getreide und Schinken gab. Die weltlichen wie
die Geistlichen Großen kleideten sich in kostbare Stoffe
und zeigten sich von Dienern und Sängerschaaren um-
geben. Bei ihrem glänzenden Gastmahl saßen sie auf
ihren hohen, weichen Federkissen, ließen die mannig-
fachsten Speisen im raschen Wechsel sich folgen, tranken
aus Bechern mit Blumen geschmückt und füllten st- mit
Getränke, die von Gewürzen dufteten. Der Merovinger
Chilperich besaß einen großen Tafelaufsatz von Gold
und Edelsteinen, der 50 Pfund schwer war. Er habe
ihn zum Ruhme und Glanze des Frankenvolkes an-
fertigen lassen, sagte Gregor von Tours, und schenke
Gott ihm längeres Leben, so solle noch mehr dergleichen
sein werden. Als derselbe König drei Jahre später
feine Tochter zu ihrem Verlobten nach Spanien schickte,
folgten ihr 50 Lastwagen mit Gold, Silber und anderen
Kostbarkeiten, wozu noch die werthvollen Geschenke des
Frankenvolkes kamen. (Schluß folgt.)

Erster Nachtrag zum Grün-
stadter Fund.
(Vergl. Nr. 27 u. 28 der Antiquitäten-Zeitung.)
Köln (Erzbisthum), Dietrich II. v. Mörs (1414
bis 1463) Rieler Albus o. I. Petrus über kl. Schild
von Mörs auf gothischem Thron, I'WOVI'—^.ROLI'
0', Rs: Gevierter Schild von Köln und Mörs im
Dreipaß, in den Ecken die Schildchen von Köln und
Mörs, im unteren Schildchen zwei Dlephine. * LIOlM'.
— * ROVä. * — * KII-L'. (Die Reihenfolge der
oberen zwei Schildchen ist also umgekehrt wie bei dem
in Nr. 28 der Antiquitäten - Zeitung beschriebenen,
sonst im Allgemeinen übereinstimmenden (Albus.)
Chur (Bisthum), Paul Ziegler (1504—41), Batzen
1528, Vierfeldiges Wappen, über dem Schild und im
Feld rechts und links davon je ein Ringel, * LKLM1-4.
-- M>I - 0V8.IM8 -- 1528. Rs. mit WI-OKVLl
sonst wie Abbildung 28 in Nr. 27 der Antiqitäten-
Zeitung 1898.
Regensburg (Bisthum), Johann III. v. d. Pfalz
(1507—38), Zehner 1530, 8 449.
Pfalz (Alte Kurlinie), Ludwig III. (1410—36),
Bacharacher Raderalbus o. I., 8 1188 (Rs: Vierpaß
mit dem pfalzbayerischen Wappen, umgeben von vier
kleinen Schildchen, worin die Wappen von Köln, Mainz,
Trier und der Jülichsche Löwe); Friedrich II. (1508
 
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