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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 48 (30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0381
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Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmuseums" in Stuttgart.


Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.
Nr. 48.
Abonnement:
Deutschland u, Oesterreich 44 2.SO.
vierteljährlich, Ausland 8.—.
Stuttgart, 30. November 1808.
(Erscheint wöchentlich.)
Anzeigen:
Die Nonpareilleteil« oder deren
Raum s» Pfg., Auktionen so Pfg.
6. Jahrgang.

Di« Wissenschaften sind Gemeingut, weil da« Denken
Gemeingut ist, und da« Denken au« der Quelle de» Wissen« 8
schöpft. (W. Wundt.) K,

Akte Historische
Adelsh'öfe in Mainz
von
Clemens Kitzel.
^Abbildungen Leite 4St.) - (Nachdruck verboten.)
Wenn man in Mainz so langsam durch die Straßen
geht und die älteren Gebäude betrachtet, so wird man
sofort eine stattliche Anzahl Höfe finden, welche durch
ihre einheitliche Bauart und ihr imponirendes Acußere
auffallen. Es sind dies die Stammhäuser alter Ge-
schlechter, welche in Mainz gewohnt und gewirkt haben.
Wenn auch einige dieser Höfe recht ruinenhaft und ver-
fallen avSsehen, so ist doch die Mehrzahl derselben noch
wohl erhalten und gepflegt. Wir haben uns daher
der Mühe unterzogen, dem gütigen Leser geschichtliche
Notizen dieser Höfe in kurzen Worten vorzuführen.
Wir wollen uns möglichster Kürze befleißigen und nur
die Hauptsache in kurzen klaren Umrissen hinstellen.
ß Die alten gräflichen Höfe nud Adelsbauten
in Mainz.
1. DerBasscnheimerhof
in Mainz auf dem Schillerplatze ist wohl jedem be-
kannt als die alte Artillerie-Kaserne zwischen dem Acker
und der Emmerich-Josef-Straße. Derselbe wurde von
Kurfürst von Ostein für seine Schwester Gräfin von
Bassenheim im Jahre 1756 erbaut. An dieser Stelle
standen früher die Herberge zum Kranich und das
Paterhaus, welches zu dem nebenanstehenden Weiß-
frauenkloster gehörte. Dieser Hof diente der Familie
v. B. als Wohnhaus bis 1835, in welchem Jahre es
an die Bundesfestung verkauft und zur Artillerie-
kaserne verwendet wurde. Von 1814 an bis 1830 hat-
ten die Tribunalen ihre Sitzungen darin und zahlten
Miethzins au die v. Bassenheim. Die Waldbotlen von
Bassenheim leben in Preußen, Bayern und Hessen.
2. DieElzer-Höfein Mainz.
In der Bahnhofstraße zu Mainz auf beiden Seiten
befinden sich die älteren und alten Elzer-Höfe. Es sind
dies die Häuser von Mayer, Stocker, Schulhaus Brecher,
sowie das Schuhmacher'sche Conservatorium und das
Reinach'sche Haus. Die Familie von Elz ist Wohl eine
der berühmtesten und ältesten der Rheinlande; sie
stammt von der Mosel her, wo heute noch der alte
Adelsitz in stolzer Pracht restauriert steht. Im Jahre
930 war's ein Herr zu Elz auf einem Tournire zu
Magdeburg, 942 zu Rothenburg, 946 zu Augsburg, zu
Würzburg 1235, Ingelheim 1237, Darmstadt 1403
u. s. w. Die obengenannte Burg Elz an der Mosel
war von Karl IV. als Reichslehen bestätigt.

Ein Johann Jakob 1576 war Kurfürst von Trier
und ein Philipp Karl Kurfürst zu Mainz 1732—1743.
Gegenwärtig bestehen nach dem heraldischen genealog-
ischen Handbuche noch zwei Linien der von Elz: die
Freiherrliche (Elz Nübenach) und die Gräfliche, welche
die Aeltere von Beiden ist. In Eltville wohnt auch
noch zeitweise ein Graf von Elz.
3. Der Jngelheimer-HofEcke der Clara-
und Emmeransstraße. (Fig. 1.)
Das große Eckhaus, welches dem Tribunal gegen-
über nach der Emmeransgasse zu steht, ist der Ingel-
heimer-Hof, welcher von Anselm Franz von Ingelheim,
Kurfürst in den Jahren von 1686, angelegt wurde. An
dieser Stelle standen früher die beiden Häuser zum
Stauenberg und Wallerthum. Gerade gegenüber an
Stelle des jetzigen Tribunals (früher Datberger-Hos)
stand ehemals der alte Ingelheimer Hof, welcher auch
Hof zum Juckeln hieß. Nach 1594 gehörte dieser alte
Hof den Brendel'scheu Ecbcn. Die Familie von Jngel-

Ruine Starkenburg bei Heppenheim in Hessen.
(Text Seite SSO.)


heim ist ein altadeliges Geschlecht und bewohnte in
Rheinhessen den Ort Oberingelheim. Schon 948 nennt
Humbracht einen Heinrich von Ingelheim. Die Herrn
von Ingelheim hatten große Besitzungen in Rheinhessen
und im Rheingau, sowie im Hunsrück und in der
Wetterau, auch im Spessart. Die Familie wurde in
den Reichsgrafenstand erhoben mit Diplom vom 1. Juli
1737 für Franz Adolf Dietrich von Ingelheim genannt
Echter von Mespelbrnnn. Heute werden die Brömser-
burg zu Rüdesheim sowie ein Haus in Geisenheim von
Nachkommen dieser Familie bewohnt.
4. DervonderLeyen'scheHof zu Mainz.
(Fig. 2.)
Die Familie von der Leyen stammt aus der Mosel-
gegend im Trierischen. 1145 kommt schon ein Bischof
dieses Namens zu Lüttich vor; 1653 erwarb die Fa-

milie den Reichsfreiherrnstand. 1675 bis 1678 regierte
Damian Hartard v. d. Leyen als Kurfürst von Mainz.
1711 erhielt die Familie die Reichsgrasenwürde und
1806 beim Anschluß an den Rheinbund den Fürsten-
titel mit der Souveränität in der Grafschaft Hohen-
geroldseck bei Lahr in Baden. Außer Hohengeroldseck
besitzt die Familie noch Fachbach und Nievern im Nassau-
ischen, die Herrschaft mit dem Residenzsitze zu Waal,
bei Augsburg, Schwabdieieu und Hurlach in Bayern.
Das jetzige Haupt dieser Familie ist Erwin, Fürst v. d.
Leyen und Hohengeroldseck geboren 3l./3. 1863. Der
Mainzer Leyen'sche Hof stand an Stelle des gothischen
Hauses mit den spitzen Giebeln auf der Mitternacht —
ehemalige Cronebach'sche Brauerei. Der Hof war sehr
vernachlässigt. In Rheinhessen vor dem Oberolmer
Wald nach dem Rheine zu steht auch noch das große
Gehöft der Leyen'sche Hof.
5. D i e b e i d e n M e t t e r n i ch - H ö f e.
DerMetternich W i n n a b u r g - H o f in der
S ch i l l e r st r a ß e. (Fig. 3.)
Die Familie von Metternich blühte in 7 verschie-
denen Linien und zwar, Metternich Burtscheid im
Luxemburgischen, v. Metternich Winnaburg und Beil-
stein im Trierischen, von Metternich Chnrsdorf im
Brandenburgischen, von Metternich Rodendorf in Loth-
ringen, von Metternich Müllenast im Jülich'schen —
ferner die indirekte oder weibliche Folge der Metternich-
Gr acht im Hessischen. Als Stammsitz der Familie nennt
man Lechenich im Regierungsbezirk Köln.
Die Familie v. Metternich stammt aus dem",Rhein-
lande in der Jülich'schen Gegend und theilweise aus
dem Luxemburgischen wie wir oben sehen. Das Haus
hatte zwei Kurfürsten und zwar Karl Heinrich 1679 zu
Mainz und Lothar von Metternich 1695 bis 1723 zu
Trier.
Kurz vor dem 80jährigen Krieg wurde die Familie
in den Reichsfreiherrnstand erhoben und später 1679 in
den Grafenstand. Dadurch, daß die Familien früher die
Besitzungen der verstorbenen Freiherrn von Winnaburg-
Beilstein erhielten, erhielten sie den Beinamen von
Metternich Winnaburg und führten das Wappen mit
dem Zyliuderhut 1589 (s.Jest-Ammans Wappenbuch von
1589) den die Franzosen bekanntlich vor 100 Jahren
erfunden haben wollen. 1803 wurde das Geschlecht in
den Reichsfürstenstand erhoben. Graf Clemens von
Metternich, der damalige österreichische Minister
bekam noch die österreichische Fürstenwürde für sich und
seine Nachkommen und außer dem Fürstenthum Vinnen-
burg das Schloß Johannisberg am Rhein 1816.
Die Familie von Wolf-Metternich stammt von einem
weiblichen Mitglieds der Verwandtschaft ab und führen
diese das Wolf von Gudensberg'sche resp. Wolf Gracht-
sche Wappen.
Das Stammwappen der Familie v. Metternich ent-
hält die bekannten drei Muscheln schwarz in weiß und
hat auf dem Helm als Zier einen Schwanen ohne
Flügel. Siehe die Abbildungen.
Der von Metternich-Winnaburg'sche Adelshof lag an
den Ecken der heutigen Schiller-, Spritzen- und Lang-
 
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