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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 21 (25. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0165
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Verbürgte
Auflage 5000.
Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmuseums" in Stuttgart.

^ilUsMl^ Versteigerungen und Alterthnmskunde.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.

Nr. 21.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich S.SO
vierteljährlich, Ausland S.—

Stuttgart, 25. Mai 1898.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum SO Psg., Auktionen so Psg. i

6. Jahrgang.

A Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken
» Gemeingut ist, und da« Denken aus der Quelle des Wissens !s?
I schöpft. (W. Wundt.)
Bon der Anthropologischen Ge-
sellschaft in Berlin.

Die Aprilsitzung fand unter Virchows Leitung
statt. Der seit voriger Sitzung erledigte Rechnungs-
abschluß hat sich sehr günstig gestaltet. Von Bastian
ist vor vierzehn Tagen ein langer Brief eingegängen.
Da der Forscher darin weder seines körperlichen Be-
findens erwähnt, noch von seiner Rückkehr spricht, so
darf man annehmen, daß es ihm gut geht. Von K.
v. d. Steinen ist ein am 13. März aus Auckland ab-
gesandter Brief eingegangen. Prof. Schweinfurth hat
aus Oberägypten geschrieben und Zeichnungen beige-
sügt, betr. Köpfe und Figuren aus neuerschlossenen
Gräbern der ältesten ägyptischen Zeit. Beiläufig be-
merkt er, daß auch Aegypten diesmal von einem un-
gewöhnlich kalten Frühjahr heimgesucht sei; man habe
in Luxor gefroren. Dem Dr. Lehmann-Nitzsche in La
Plata ist der Godard-Preis der Pariser anthropologischen
Gesellschaft verliehen worden. Die Expedition des Dr.
Boas, die durch Nordwestamerika und von dort nach
Nordostasien gehen sollte, scheint in Frage gestellt.
Wenigstens dürfte von den ursprünglich gehegten groß-
artigen Plänen nur ein kleiner Theil in Erfüllung
gehen. Die Wiener anthropologische Gesellschaft ladet
die Berliner zur Theilnahme an einem Ausflüge nach
Hallstait ein, der am 18.-22. Mai unternommen wer-
den soll. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung
bildete die Vorführung des japanischen Zauberspiegels
durch Herrn Milchner. Er zeigte zwei Exemplare dieses
merkwürdigen Spiegels, der, aus einer blanken Metall-
platte bestehend, auf der nicht das Geringste sichtbar,
was einer Zeichnung ähnlich, doch ein Reflexbild mit
Figuren oder dergl. auf einen «Schirm wirft. Auf der
Rückseite der Metallplatte finden sich freilich Reliefs
von Schriftzeichen oder sonstigen Zeichnungen, und mit
diesen hängt die Erzeugung des Bildes zusammen. Es
ist nur nicht recht erklärlich, wieso diese Zeichen als
Reflexe der vorderen, durchaus gleichmäßigen, sauber
polirten Seite des Spiegels sichtbar werden. Einige
deutsche Gelehrte meinen, daß die dünne Platte des
Spiegels an den Stellen, wo sie durch die auf der
Rückseite befindlichen Reliefs verstärkt wird, auch auf
der Vorderseite Unregelmäßigkeiten zeigt, die man für
gewöhnlich nicht wahrnimmt, die sich aber beim Reflek-
liren des Lichtes bemerklich machen. Je mehr gewölbt
eine Stelle der polirten Oberfläche ist, desto dunkler
erscheint sie im Reflexbilde, weil sie das Licht stärker
ablenkt. So entstehen die Bilder, deren eines Buddha
im Strahlenkränze darstellte, wie er auf einer Wolke

zur Erde herabgeschwebt, um abgeschiedene Seelen in
Empfang zu nehmen. Auf der Rückseite der Platte
sieht man an der entsprechenden Stelle nur eine Reihe
japanischer Schriftzeichen. Direktor Dr. Voß sprach
über Nadeln und Fibeln. Unter Vorführung einer
großen Zahl von Belegstücken aus den Sammlungen
des Museums entwickelte er neue, sehr bemerkenswerthe
Ansichten über die allmähliche Entstehung der Fibel
aus der einfachen Nadel. Die Form der Nadel wurde


zunächst beeinflußt durch die Nothwendigkeit, den Faden
oder die Schnur, die man unter Zuhilfenahme der
Nadel verwenden wollte, sicher an der Nadel zu be-
festigen. Es dienten dazu Anfangs Bohrlöcher durch
den Nadelschaft, angegossene Oesen, der zu einer Oese
ausgerollre Nadelknopf u. s. w., sodann Kröpfungen
der Nadel, endlich Anbringung der Nadel an Spiral-
platten, die durch einen Bügel oder Stab verbunden
waren. Von da bis zur eigentlichen Fibel war nur

noch ein kleiner Schritt. Prof. v. Luschan legte ethno-
logisch bedeutsame Gegenstände aus Kamerun vor, u. A.
eine Sammlung von Musikinstrumenten (Flöten und
Trommeln), menschlichen Figuren mit hörnerartigem
Haarputz, eigenthümlich beilartige Geräthe mit selt-
samen Schnitzereien, die dort Dio, Din oder Dion ge-
nannt werden. Diese Bezeichnung, die als „höchstes
Wesen" gedeutet wird, stammt nach Ansicht v. Luschans
sicher aus Spanien oder Portugal, wie denn überhaupt
auch bei den Naturvölkern Einflüsse von außen zweifel-
los schon in sehr alter Zeit wirksam gewesen sind.
Weiter legte Redner ein ganz rathselhastes, etwa Nägel-?
ähnliches Stück vor, das „aus Afrika", wahrscheinlich
vom Niger stammt, sehr schöne, nach dem Muster hohler,
durchbrochener Schnurflechtereien gegossene Bronzearm-
bänder, Masken aus den Baliländern von ungewöhn-
lichem Typus u. A. m. Dr. Götze sprach über neu-
steinzeitliche Funde vom Südwestabhange des Kyff-
häusergebirges. Es finden sich dort Skelettgräber,
Hocker in Steinkisten mit eigenartigen Beigaben, z. B.
Gefäßen mit der mehrfach besprochenen, besonders von
Olshausen näher untersuchten Gipsinkrustation. In der
Nähe der Fundstelle kommt Gips und Anhydit häufig
vor, so auch in der nur wenige Minuten entfernten
Barbarossahöhle. Herr Staudinger sprach über afri-
kanische Perlen. Bekanntlich sind einige Arten alter
Perlen von den Negern sehr geschätzt; diese Perlen
werden auch wohl nachgeahmt, um alte werthvolle
Muster festzuhalten; doch geschieht das nur von einzelnen
Familien, welche die Kunst dieser Nachahmung als
Familiengeheimniß hüten. Solche Familien — man
findet sie in Dahomey, in Togo und benachbarten Län-
dern — werden dort für jüdischen Ursprungs gehalten
und sollen aus Osten gekommen sein. Die berühmten
blauen Agriperlen werden auch nachgeahmt, z. B. so,
daß man ähnliche blaue aus Europa stammende Perlen
auf Sternen abreibt, dann in Citronenwasser legt und
endlich vergräbt, um sie nach einiger Zeit vor Zeugen
als echte Agriperlen wieder auszugraben. Der Kenner
unterscheidet die Nachahmungen bald von echten Perlen.
Schließlich zeigte der Redner noch afrikanische Silber-
arbeiten — Täschchen und Armbänder —, die mit
großem Geschicke in sehr ansprechenden Mustern herge-
stellt sind und in Gold ähnlich angefertigt werden.
Auch diese Technik ist Geheimniß gewisser Familien
und soll seit uralter Zeit in Afrika heimisch sein.
O. E.

Große Auktionen.

Paris. Herr Schlumberger hat ein Blatt eines
byzantinischen Dreibildes, das voriges Jahr im Hotel
Dronot verkauft wurde, einer näheren Prüfung unter-
zogen. Es ist aus Elfenbein und stammt aus dem Ende
des zehnten oder Anfang des elften Jahrhunderts, der
besten Zeit der byzantinischen Kunst. Die vorzügliche
Ausführung weist bemerkenswerthe Einzelheiten auf.
Unter dem gekreuzigten Christus, zwischen den Gestalten
 
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