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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 22 (1. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0173
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Nr. 22.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.so
vierteljährlich, Ausland S.—

Stuttgart, I. Juni 18S8.
(Erich eint wöchentlich.)


Kentral-OraanfürSammelwesen,
dluflllsik 'E Versteigerungen und Alterthumskunde.

Verbürgte
Auflage 5000.

Offizielles Organ des Vereins zur Erbauung eines „Deutschen Reichsmuseums" in Stuttgart.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Josef Laut in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei.

Anzeige«:
Die Nonpareilleztile oder deren
Raum »0 Psg., Auktionen so Pfg.

6. Jahrgang.

Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken A
Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle des Wissens 8
schöpft. (W. Wundt.) E

Berichte aus den königlichen
Samutlnngen in Dresden.

Berichte aus den königlichen Sammlungen 1897.
Historisches Museum (Rüstkammer) und Gewehrgalerie.
Historisches Museum. Elwerbungen: Eine Hoffahne
von weißer Seide, in deren Mitte die Kurschwerter mit
dem Kurhut sowie die Initialen des Kurfürsten Jo-
hann Georg II. (reg. 1656 bis 1680) aufgeheftct sind.
Durch die in den Hausfarben, schwarz und gelb, ge-
haltene Borte der Fahne läuft die heraldisch stilisirte
grüne Raute aus dem Wappen der Wettiner. Ferner
ein Wachsrelief von August Kietz, darstellend den König
Friedrich August den Gerechten (reg. 1768 bis 1827.)
'Endlich vier Pikenierspieße aus der Zeit des dreißig-
jährigen Krieges, diese gegen Tausch aus der königlichen
Arsenalsammlung. Bei einer größeren Anzahl von
Gegenständen gelang es wiederum, die historischen oder
kunsthistorischen Beziehungen zu ermitteln, von denen
die folgenden hier -kurze Erwähnung finden mögen. An
einem Schmuckschränkchen von Ebenholz (Saal 8, Wand
II) weist das silberne Beschläge technisch und stilistisch
so viele verwandte Momente mit den bekannten Ar-
beiten des Marburger Kupferstechers und Goldschmiedes
Anton Eisenhoit auf, daß wir es als Arbeit dieses
Meisters bezeichnen können, obgleich dessen Signum
oder ein sonstiger Nachweis über die Herkunft des
Kunstwerkes fehlt. Zwei Nappiere (Saal 8, Nr. 203,
-und Saal S, Nr. 149) wurden nach archilavischen
Quellen als Geschenke des Erzherzogs Ferdinand von
Tirol, des Gemahls der schönen Philippine Welser, an
Len Kurfürsten von Sachsen, 1574, bezw. 1575, fest-
gestellt. Das zuerst genannte Rap Pier verdient auch
aus anderen Gründen hcrvorgehoben zu werden. Es
zeigt nämlich an seinem Gefäß eine Technik, welche,
verwandt mit der Tausia, zuerst bei den spanischen
Goldschmieden (Wehrvergoldern) vorkommt. Das Ver-
fahren besteht darin, daß auf eine feilenartig rauh ge-
machte, eiserne Fläche, hier also das Gefäß, feine Gold-
fäden und Goldplättchen aufgehämmert werden, wobei
die Goldpartikel durch Uebergreifen der rauhen Theile
sich mit dem Eisen fest verbinden. Das aus fein ge-
wundenen Linien und Punkten gebildete Muster an
unserem Gefäß weist auf maurische Vorbilder. Auf der
Parirstange befindet sich das Monogramm des vor-äor
(Wehrvergolders) l> 6, das entweder vieKo oder vi-
äsons äs ^aias zu lesen ist. Beide arbeiteten in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Valladolid.
Das Schmiedzeichen auf der Klinge des Rappiers, ein
8 mit Kreuz und Krone darüber, ist jedoch noch nicht
-bekannt. — Ferner wurde das Monogramm I- D auf

dem silbernen Beschläge an dem Kurschwert des Kur-
fürsten Moritz (Saal L, Nr. 562), einem der werth-
vollsten Stücke der Sammlung, als das Zeichen des
Gold- und Silberschmiedes Lorentz Trunck zu Nürnberg
ermittelt, eines Meisters, dessen Name zwar in der
Kunstgeschichte nicht ganz unbekannt war, von dessen
Werken jedoch bisher keines nachgewiesen werden konnte.
Die Arbeit an der Scheide und dem Gefäß des Schwertes
bezeugt eine so gewandte Technik, eine so feine Em-
pfindung für ornamentale Ausschmückung, einen so ge-
diegenen Geschmack bei Verbindung des lebenden und
und tobten Beiwerkes, daß dem Meister schon durch
dieses Stück einPlatz neben den bestenGoldschmieden seiner
Zeit gesichert erscheint. Inzwischen sind aber zwei
weitere Arbeiten von ihm in den kaiserlich kunsthisto-
rischen Sammlungen zu Wien aufgefunden worden,
und dürfte nunmehr die Feststellung der künstlerischen
Individualität Truncks nicht lange auf sich warten

Richard Löwenhirz (Siegelbild.)


lassen. Von den Konservirungsarbeiten mögen Erwäh-
nung finden: die wahrhaft künstlerische Wiederherstell-
ung zweier Porträts von Lucas Cranach dem Aelteren,
Herzog Heinrich der Fromme und seine Gemahlin Ka-
tharina von Mecklenburg, durch den Restaurator der
königlichen Gemäldegalerie, sowie die besonders geschickt
ausgeführte Herstellung mehrerer Fahnen und Stan-
darten durch die bekannte Firma Hedwig Fitzau in
Dresden. Die Handbibliothek hatte einen Zuwachs
von 26 Nummern, unter diesen waren drei Geschenke.
Zwei von den angetansten Werken verdienen als vor-
zügliche Fachschriften besonders hervorgehoben zu werden,
nämlich: E. v. Lenz, die Waffensammlung des Grafen
Scheremetew und C. A. Oßbahr, die königliche Leib-
rüstkammer zu Stockholm. Veröffentlichungen aus der
Sammlung erfolgten in der „Zeitschrift für historische
Waffenkunde", dem einzigen Fachblatt, welches das aus-
gebreitete Gebiet dieser Spezialwissenschaft gegenwärtig

vertritt. Außerdem erschien eine zweite Auflage des
„Führers von M. v. Ehrenthal." — Gewehrgalerie.
Auf Befehl Sr. Majestät des Königs wurden zur Jagd-
trophäen-Ausstellung in Leipzig im Sommer 1897 eine
größere Anzahl Gewehre und Jagdgeräthschaften leih-
weise abgegeben und bei Aufstellung dieser Stücke dem
belehrenden Moment insofern Rechnung getragen, als
dem Beschauer eine Entwickelung der Jagdwaffen inner-
halb dreier Jahrhunderte in chronologischer Folge vor-
geführt ward. Die Neuordnung der Gewehrgalerie und
deren Kalalogisirung nahmen ihren Fortgang und
nähern sich ihrem Ende. Als Verbesserung in der Auf-
stellungsart wird es anzusehen sein, daß die Gewehre
in den Wandschränken dem Publikum anstatt der Rück-
seiten künftighin die Läufe zeigen werden, wodurch
diese, der Schloßmechanismus und auch die Meister-
zeichen besser zur Ansicht gelangen.

Große Auktionen.
(Schluß.)

London. Am Sonnabend ist im Geschäftslokal
der Firma Sotheby u. Cie. das letzte Buch aus der
von dem verstorbenen Earl of Ashburnham angesam-
melten Bücherei verkauft worden. Die Versteigerung
nahm im ganzen 20 Tage in Anspruch; sie begann am
25. Juni 1897 und ergab die riesige Summe von 62,712
Lstr. oder einen Durchschnittsertrag von über 3000 Lstr.
auf den Tag. Wie viel der verstorbene Edelmann seit
dem Jahre 1814, als er als Schulknabe 18 Pence für
ein Exemplar der „Geheimnisse des Albertus Magnus"
in Gingers wohlbekanntem Buchladen in Great College
Street zahlte, für seine aus seltenen und kostbaren
Werken bestehende Büchersammlung bis zu seinem Tode
i. I. 1878 ausgegeben hat, weiß wohl Niemand. Aber
daß der Verkauf dieser 4075 Stücke den Erben einen
bedeutenden Gewinn eingebracht hat, kann man mit
Sicherheit annehmen. Es sind in den letzten 20 Jahren
so viele große Büchereien unter den Hammer gekommen,
daß das Verschwinden dieser beinahe letzten großen
Privalsammlung von allgemeinem Interesse ist. Ein
Vergleich mit den beim Verkauf großer Büchersamm-
lungen Englands im Laufe des Jahrhunderts erzielten
Preisen läßt auf ein stetiges Steigen der Bücher als
Geldanlagen schließen. Die Versteigerung der Bücherei
des Herzogs von Roxburghe ergab i. I. 1812 in 45
Tagen einen Ganzbetrag von 23,341 Lstr. für 10,121
Stücke, die den Herzog nicht mehr als 5000 Lstr. ge-
kostet haben sollen. Die Versteigerung der Heber'schen
Sammlung 1834—1836 ergab 57,000 Lstr. für 52,000
Stücke. Die Sunderlandbücherei, die 1881—1883 mit
13,858 unter den Hammer kam, erzielte in 51 Tagen
56,581 Lstr. Beckfords Sammlung, die 1882—1883
versteigert wurde, brachte in 48 Tagen 73,551 Lstr.;
aber diese Bücherei war mehr als doppelt so groß als
die des Grafen Ashburnham, und die Einbände der
Bücher waren ausnehmend gut erhalten, während sich
nicht dasselbe von der Bücherei Ashburnham sagen läßt.
 
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