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Antiquitäten-Zeitung — 6.1898

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Nr. 15 (13. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61938#0121
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Nr. 15.

Äntiquitälen-Zeitung in Stutlgart, Zeulral-Organ für Sammelwesen und Alterthumskunde

Seite 117.



Nord-Amerikas zu setzen. Die Schlußfolgerungen des
amerikanischen Gelehrten sind nicht abzuweisen, aber ein
paar Jahrtausende wollen wir ihm doch abhandeln.
Die letzte Nordlicht- Erscheinung. Wie aus
den Wetterberichten der deutschen Seewarte hervorgeht,
ist am Dienstag den 15. März an verschiedenen Orten
Norddeulschlands, nämlich zu Königsberg, Wustrow
(Mecklenburg) und Wilhelmshaven Nordlicht beobachtet
worden. Da die Erscheinung bei uns sehr selten ist,
so möge bei dieser Gelegenheit einiges darüber gesagt
sein. In den Polargegenden ist das Phänomen bekannt-
lich sehr häufig; auch auf der südlichen Halbkugel sind
von den Seefahrern Polarlichter (dort Südlichter ge-
nannt) beobachtet worden. Die letzten ausgezeichneten
Nordlichter in Deutschland wurden am 7. Januar 1831
18. Oktober 1836, 25. Oktober 1870, 4. Februar 1872
13. Februar 1892 und 31. März 1894 beobachtet. Die
Erscheinung in unserer Breite ist folgende: Mit Beginn
der Dämmerung zeigt sich der Himmel eigenthümlich
beleuchtet, lieber einem dunklen bogenförmigen Segement
zeigt sich ein weißlicher Bogen. Etwas später erheben
sich über diesen Bogen ausgebreitete Massen, welche das
Ansehen von gefiederten Wolken haben. Diese Massen
leuchten bald rosenroth, bald grünlich gelb und bilden
einen Bogen, der sich immer höher gegen das Zenith
erhebt. Nach einiger Zeit bildet sich auf diesem Hinter-
gründe ein System von Strahlen aus, welche durch
größeren Glanz und hellere Farben hervortreten. Zu-
letzt erblickt man einen förmlichen Kranz konvensirender
Strahlen, die sogenannte Krone. Inzwischen färbt sich
manchmal der übrige Himmel in rothem, grünem und
gelbem Lichte, bis endlich die Erscheinung nach mehr-
maliger Wiederkehr verschwindet. Die Magnetnadel ist
vor und während der Erscheinung sehr unruhig. Die
physikalische Erklärung dieses so hoch interessanten Phä-
nomens ist bisher noch nicht gelungen. Am meisten
für sich hat wohl noch die Theorie von De la Rive,
welche das Nordlicht als eine elektrische Lichterscheinung
in luftverdünntem Raume auffaßt. Durch die fort-
währende Verdunstung des Meereswasfers der Aequa-
torialzone wird der Luft positive Elektricität zugeführt,
während die Erde negative zurückhält. Die positiv ge-
ladenen Wasserdünste werden durch den Aequatorialstrom
in den höheren Luftschichten den Polen zugeführt und
daselbst mit der dabei abgeströmten negativen Elektricität
zur Neutralisation gebracht. Diese Elektricitätsentla-
dung bringt in den höheren verdünnten Luftschichten
ebenso gut ein Leuchten hervor, wie innerhalb der be-
kannten Geißlerschen Röhren.
Archäologischer Kursus für Lehrer. Auch in
den diesjährigen Osterferien findet in dem Berliner
königlichen Museum ein archäologischer Kursus für Lehrer
höherer Unterrichtsanstalteu statt. Das Programm für
diese Vorlesungen, welche vormittags um 9 Uhr beginnen
und (mit einer Pause) bis gegen 2 Uhr dauern, lautet:
1) Donnerstag, 14. April. Im neuen Museum am
Lustgarten. Direktor Professor Erman: Aegyptische und
assyriscbe Denkmäler 2) Freitag, den 15 April. Im
alten Museum am Lustgarten. Professor Kalkmann:
Alterthümer von Pergamon. 3) Sonnabend, 16. April.
In der Olympia-Ausstellung, hinter der Nationalgalerie.
Oberlehrer Professor Trendelenburg: Alterthümer von
Olympia. 4) Montag, 18. April. In der Sammlung
der Gipsabgüsse im neuen Museum. Professor Kekule
v. Stradonitz: Die attische Kunst. Abends 7 Uhr.
Professor Diels: Die neugefundenen Gedichte des Bak-
chylides. 5) Dienstag, 19. April. Im Museum -für
Völkerkunde, Königgrätzer Straße 120. Professor Winne-
feld : Die Ausgrabungen Schliemanns in Hissarlik, Tiryns
und Mykenä. 6) Donnerstag, 21. April. Im neuen
Museum (Antiquarium) Professor Winter: Antike Ke-
ramik. 7) Freitag, 22. April. Im neuen Museum
(Antiquarium). Direktorialassistent Dr. Pernice: An-
tike Silber- und Bronze-Arbeiten. — Die Direktorial-
beamten des alten und neuen Museums (insbesondere
diejenigen des Münzkabinets), sowie des Museums für
Völkerkunde sind bereit, während der Dauer des Kursus
die Theilnehmer an demselben persönlich durch die ihnen
unterstellten Sammlungen zu führen.
Nürnberger Arbeit ans der Renaissancezeit.
Aus Meißen
schreibt man uns:
In unserem Nach-
barort Cölln hat
jetzt Herr Tisch-
lermeister Otto
Fritzsche einen al-
ten Schrank aus-
gestellt, welcher
die Bewunderung
jedes Fachmanns
und Liebhabers
erregen muß. ES
ist zweifellos alte
Nürnberger Ar-
beit aus der^
besten Renaissan-
cezeit. Das Mö-
belstück stammt
aus Stuttgart )
und war ganz
verfallen und mit
Farbe überdeckt;
Herr Fritzsche,
gelockt durch den
Reiz der schönen
Formen, hat mit
großer Mühe und
Sorgfalt den
Schrank in sei-
nem ursprüng-
lichen Aussehen
wieder hergestellt.
Jedenfalls ein
seltenes Stück;
die Thüren desselben besitzen über 1400 Kröpfungen.
Das Stück ist im Besitz des Herrn Fritzsche und würde
jedem Museum Ehre machen.

Tauschgcgcnstände. Es ist bekannt, daß im
Innern Afrikas Geld noch wenig verbreitet ist. Auf
den deutschen Stationen ist es zum Theil gelungen,
Kupfermünzen in Geltung und Umlauf zu bringen.
Im übrigen wird eS ersetzt, entweder durch Muscheln
wie z. B. in Uganda durch Kaurimuscheln oder durch
Tauschwaaren. Diese zerfallen, wenn ich von Gewehren
und Schießmaterial absehe, in drei große Gruppen: in
Stoffe, Perlen und Draht. Stoffe sind fast überall an
den Mann zu bringen. Es gibt zwar verschiedene Qua-
litäten, aber gerade die minderwerthigste ist, da dies ja
auch im Interesse der Händler lag, am meisten verbrei-
tet. Es handelt sich hier nur von weißen Stoffen, denn
die bunten Tücher sind im wesentlichen für den Reisen-
den nur Geschenk- nicht Tauschlasten. Viel bequemer
als Stoffe sind Perlen. Hier heißt es, sich genau an
der Küste bei den farbigen Händlern, die viel im In-
nern reisen, zu erkundigen, welche Perlen in der be-
treffenden Gegend zur Zeit gangbar sind. Man kann
Perlen genug haben, um ein Königreich zu kaufen und
muß doch verhungern, wenn die Eingeborenen sie nicht
lieben. Und dabei sind die Unterschiede in Größe wie
Farbe oft nur ganz klein. Die Warandie nehmen z.
B. keine Stoffe, wenden sich sogar mit Hohn ab, wenn
man sie ihnen anbietet, sondern nur eine kleine rothe
Perle, sim-sim genannt. Eine ähnliche, die nur eine
feine Nuance Heller und ein klein wenig größer ist, ver-
schmähen sie. Es ist nicht immer der Geschmack oder die
Mode, die bei manchen Stämmen oft wechselt, wodurch
die Eingeborenen sich für gewisse Perlen bestimmen
lassen, sondern es ist vielfach das Material, woraus sie
die Fäden zur Aufreihung der Perlen bereiten müssen.
Es ist ein Stamm am Westufer des Tanganjyka be-
kannt, der große Ringelperlen nimmt, weil er in Folge
Grasmangel die Perlen auf Hautstreifen reihen muß.
Aus alledem geht hervor, daß man Perlen am besten
nur dann mitführt, wenn man in ein Land kommt
(Urnndi), das Stoffe verschmäht. Draht geht fast über-
all als Tauschwaare, doch ist er sehr theuer, da er nur
in größeren Stücken abgegeben und dcßhalb nur spar-
sam mitgeführt werden kann. Auch werden nicht alle
Stärken angenommen. Natürlich gibt es noch eine
ganze Reihe von Dingen — besonders Musikinstrumente,
Spiegel u. s. w. — die man wohl gelegentlich als
Tauschartikel benutzen kann; ihre Verwendbarkeit hängt
aber so sehr vom Zufall ab, daß kein Händler oder
Forscher sie bei der Aufstellung seines Reisebudgels
ernsthaft in Betracht ziehen kann. Dagegen sind sie
als Geschenke ausgezeichnet zu gebrauchen.
Württembergische Burgruinen. 84) Ruine
Wielandstein bei Oberlenningen. Auf einer hohen Fels-
wand, Stunde südöstlich oberhalb Oberlenningen
liegen die von Wald umgebenen Ruinen der Burg Wie-
landstein, welche aus drei, nach andern sogar aus fünf
Burgställen bestanden haben soll. Die höchste Felsen-
spitze ragt 2335 Fuß über die Meeresfläche empor. Man
muß noch jetzt die Keckheit bewundern, womit auf solch
schroffen Felsen und in so schwindelnder Höhe die Burg
erbaut werden mochte. Von hier aus eröffnet sich eine
schöne Aussicht auf das Lenninger Thal. Die Herren
von Wielandstein kommen schon im Jahre 1241 urkund-
lich vor. Die Burg wurde wohl später mit den übrigen
teckischen Gütern im Lenningerthal von Württemberg
erworben. Wahrscheinlich fand die Feste im Bauern-
krieg ihren Untergang und ihre Steine wurden zum
Bauen von der Gemeinde Oberlenningen verwendet.
Eine Sage von den 3 Brüdern von Wielandstein, welche
Schwab in anziehender Form wiedergegeben hat, lebt
noch im Munde der Thalbewohner fort, von den Schick-
salen der Burg ist aber nur Weniges auf uns gekom-
men.
Eine Schlacht vor SO.OVV Jahren hat, wie
der amerikanische Archäologe Walters soeben auf Grund
seiner Forschungen festgestellt hat, am Flusse Arkansas
in einem Indianer-Territorium stattgefunden. Hier kam
es zwischen den Höhlenbewohnern und dem Stamm der
Mayas zu einem schrecklichen Kampfe, in welchem 75,000
Krieger ins Gras beißen mußten. Zu diesem merkwür-
Rgen Schluffe ist Professor Walters durch eingehende
Erforschungen prähistorischer Grabstätten im Gebiete der
Choctawindianer
gelangt, welche,
wie er fand, in
einer Ausdehn-
ung von 30 Acres
sich erstreckten.
Zuerst hatte sich
schon die Auf-
merksamkeit des
Gelehrten auf die
stattliche Anzahl
menschlicher Ske-
lette gelenkt, wel-
che etwa zwei Mo-
nate früher da-
selbst aufgefunden
wurden, ehe man
die Eisenbahn, die
Arkansas, City,
Pittburg und
Gulf berührt,
durch das Choc-
taw-Gebiet ver-
längert hatte.
Beim Aufwerfen
eines Eisenbahn-
dammes förderten
nämlich Bahnar-
beiter tonnenweis
menschliche Kno-
chen, sowie eine
stattliche Anzahl
roher Kriegsge-
räthe zu Tage.
Professor Wal-
ters unternahm es, der Sache mit wissenschaftlicher
Gründlichkeit auf die Spur zu gehen. Wie erstaunte
er, als er bei näherer Untersuchung einen ganzen Dist-
rikt buchstäblich unterminirt fand mit den Ueberresten
einer in Vergessenheit gerathenen Menschenrasse. Tau-

sende von Schädeln waren von Lanzen- oder Pfeilspitzen
durchbohrt; in einem Exemplare staken sogar nicht we-
niger als dreizehn Moos-Achat-Pfeilspitzen. Diese That-
sache liefert wohl den besten Beweis dafür, daß es die
Schädel im Kampfe gefallener Krieger waren. Die

Brust mit Bauchreifen, Beintaschen und Latz. Deutsch lb47.
Skelette fand man im Sande vergraben; über demselben
hatten sich zwei von einander scharf abgesonderte Schich-
ten während mehrerer geologischer Perioden gebildet.
Diese Ergebnisse setzten Professor Walters in Stand,

Württembergische Burgruinen Nr. 84 Ruine Wielandstein im Ober-
amt Kirchheim. (Text neben.)
annäherungsweise den Zeitpunkt zu bestimmen, in dem
die Schlacht stattgefunden hatte. Er verglich dann die
gewonnenen ThaUachen mit den Resultaten vorherge-
gangener siebzehnjähriger Studien über Höhlenbewohner

Landsknechte und Feusrgeschütz im IS. Jahrhundert.
und stellte die Theorie auf, daß die obenerwähnte Schlacht
das Glied einer langen Kette von blutigen Zusammen-
stößen zwischen jener mysteriösen Rasse und den Mayas
gewesen wäre, welch letzterer Stamm aus Zentral- und
Süd-Amerika herangezogen war, um sich in den Besitz
 
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