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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 9.1917

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Heft 5/6
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Stoehr, August: Neuerwerbungen des fränkischen Luitpold-Museums in Würzburg in den Jahren 1914 und 1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.26456#0098

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NEUERWERBUNGEN DES FRÄNKISCHEN LUITPOLD-MUSEUMS IN WORZBURG

Nenmünfterkreuzganges gefundenem Stück
die größte Ähnlichkeit, ftammt aifo wohl
auch aus der Mitte des 12. Jahrhunderts.
Die Sammlung mittelalterlicher Hoiz-
Skulpturen konnte nur durch ein Stück
vermehrt werden, das fchon dem erftcn
Drittel des 16. Jahrhunderts angehört; es
ift eine groß empfundene fixende Mutter
Anna mit dem Jefusknaben auf dem
Schoß, die wir uns mit dem leider nicht
mehr vorhandenen Gegenftück, vermutlich
einer Maria, als Hauptgruppe eines Altar-
fchreines zu denken haben.
Eine gewiffe Verwandtfchaft mit Rie-
menfchneidersFormenfprache in dem Aus-
druck des Kopfes der Mutter Anna, ver-
bunden mit der renaiffancemäßigen großen
Behandlung des Kopftuches und vor allem
des die ganze Figur umwallenden Man-
tels, veranlaßt uns, den Meifter in der
Nähe Backofens und feiner Schule zu
Juchen (Abb. 2). Die Herkunft der Gruppe
aus Alzenau würde einer folchen Zutei-
lung nicht widerfprechen. Sie war das
letzte Gefchenk des um die Vermehrung
der Sammlungen hochverdienten Königl.
Kämmerers Freiherrn Ludwig von Zu
Auf dem Gebiete des mittelalterlichen Kunfthandwerks konnten nur wenige Stücke
erworben werden.
Der Wende des 15. Jahrhunderts gehören zwei unglafierte Ofenkacheln an, die aus
einer oberfränkifchen Burgruine ftammen. Die eine zeigt einen fdiön in den Raum
geteilten Verkündigungsengel, die zweite eine zierliche Rofette. Da [ich in den Samm-
lungen bereits Kacheln aus der 1525 zerftörten Reichelsburg beiAub, Bezirksamt Ochfen-
furt, befinden, die mit derfelben Rofette verziert find, ift der fränkifche Urfprung diefer
Kacheln gefichert, wenn auch die Lokalifierung der Werkftatt nicht möglich ift (Abb. 3).
Gotifche Formen befißt ein Zinnkrug, der bei Baggerarbeiten im Main bei Haßfurt
zum Vorfchein kam. Ob er aber nicht doch fchon ein Erzeugnis der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts ift, läßt fich bei dem Mangel einer Marke nidit entfdieiden. Wie
konfervativ unfere fränkifchen Zinngießer an den hergebrachten Formen fefthielten,
kann man an einem Zinnkrug unferer Sammlungen aus Weftheim bei Klingen gleicher
Form und Größe erkennen, in deffen Boden das ftreng ftilifierte Relief einer Kreuzigung
eingefe^t ift, den aber nach der am Henkel deutlich erkennbaren Marke der in Würz-
burg 1560 nadigewiefene Kandelgießer Niklas Aff gefertigt hat.
Alle übrigen Neuzugänge gehören der Renaiffance und den ihr folgenden Stil-
wandlungen an.
Etwa um 1600 mag das fchöne, leider befchädigte Alabafterrclief des heiligen


Abb. 2. „Mutter Anna" aus Aizenau.
16. Jahrh. 1. Drittel.
Rhein, der am 13. Oktober 1914 verftarb.
 
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