VON DARMSTADT - WEIMAR UND KÖLN
gelegentlich auch einmai einen Rembrandt als
faifch und das gleiche Bild einige Zeit fpäter
als echt atteftierte oder fich wie bei dem Nach-
laß van Emden, wo nach der Verweigerung
piötsiich ein Rembrandt entdeckt wurde, der früher
von Bode als Rembrandtfchüler begutachtet
worden war, peiniichft zum Schaden der dabei
Betroffenen geirrt hatte. Auch das Tamtam um
die Fiora-Fälfchung war wenig dazu geeignet,
die internationale Gefahr für das Schickfal un-
ferer Mufeen vergeffen zu machen, die um fo
dringlicher wurde, als der reiche Amerikanismus
bereits feine gierige Hand mit Erfolg nach dem
deutfchen Kunfterbe ausftreckte. Wir waren
die Schwächeren geworden und nur noch in die
Defenfive gedrängt. Zwar kamen noch immer
genug Werke von Paris und London nach Berlin,
wo ein junger Reichtum fich vorurteilsfrei fchneli
an den Bodefchen Sammelmaximen begeiftert
hatte, aber der künftlerifche Tiefftand diefes von
Bode geleiteten Sammiertums ift niemals deut-
licher in die Erfcheinung getreten als gelegent-
lich der lebten Ausftellung des KaiferFriedrich-
Mufeumsvereins, die felbft einen Outfider
aber doch künftierifch inftinktiv richtig emp-
findenden Mann wie Maximilian Harden an-
gefichts der zweitrangigen und zum großen Teil
„verhauferten" Bilder zum fchärfften Proteft auf
den Plan rief. Da fah man denn die kleinen
und kleinften Niederländer, drittrangige Italiener
zu Duzenden nebeneinander, für die der deutfche
Sammler Preife bezahlt hatte, über die man in
Paris nur mit freundlichem Schmunzeln quittierte.
Und während derfelbe Bode zu folchen und
ähnlichen Ankäufen reizte und feine Vorliebe
für die Kunft der kleinen Holländer, die dem
modernen Gefühl fo völlig fern ftehen, weiter
propagierte, wanderte befte deutfche Kunft ohne
Reputation auf dem internationaien Markt umher,
bis gelegentlich fich einmal ein wirklich kunft-
verftändiger Amerikaner ihrer erbarmte. Die
Begründung eines Mufeums für deutfche Kunft,
für das man nun fchon feit Jahren die Hundert-
taufende in die Spree gebaut hat, folite im lebten
Moment die große Rettung fein. Ein wundervoller,
leider nur zu fpät erfolgter Theatercoup, der
dreißig Jahre vorher von fegensreichften Folgen
für die Wertung deutfcher Kunft und deutfchen
Anfehens in der Weit hätte werden können,
der aber im Augenblick, wo er ein Erfat^ gegen-
über der unbeweglich gewordenen internationalen
Konkurrenz auf anderen Kunftgebieten fein foiite,
die Verhäitniffe auch auf dem deutfchen Markt
heiilos durcheinander warf. Denn im Nu fchnell-
ten auch auf dem Gebiet die Preife in die Höhe,
da damals von Berlin felbft für wertlofe Stüdce
Zehntaufende bezahlt wurden, und deutfche
Provinzmufeen, die bis dahin in aller Stille
das Erbe der Väter gepflegt, mußten in vielen
Fäilen hinter der Berliner Konkurrenz, die
fich vereinzelt fogar „Hufarenftückchen" leiftete,
zurückftehen. Frankfurt allein wagte fich zu be-
haupten, indem es unter Swarzenskis weit-
fchauender Initiative an dem Ausbau feiner Pia-
ftikfammlung fefthielt, aber Frankfurt verfiei da-
für auch dem Zorn Bodes und fein Mufeumsdirektor
mußte einen der häßlichften Angriffe über fich
ergehen laffen, der je unter Fachgenoffen mög-
lich war.
Womit im ganzen gefagt werden foli, daß
der kein Recht hat, über die Verwiiderung und
Ausartung des Kunfthandels zu klagen, der in
völliger Verkennung einer großzügigen und weit-
fchauenden Politik zum mindeften indirekt diefe
Zuftände mitverfchuldete.
Es liegt in der Natur der Sache, daß zwifchen
den Mufeen einerfeits und dem Kunfthandel
andcrerfeits nicht nur enge Berührungspunkte
beftehen, fondern ßch in vielen Fällen auch die
beiderfeitigen Intereffen eng zufammenfinden.
Der Mufeumsdirektor kann den Handel nicht ent-
behren, der ihm die Ware auftreibt und zuführt
und der Händler glaubt ebenfowenig die auf
ihrem Spezialgebiet anerkannte Autorität miffen
zu können, deren Zufchreibungen und Attefte
den Börfenkurs der Werke feftiegen. So hat fich,
zumal in den größeren deutfchen Kunftzentren
allmählich ein Zuftand herausgebildet, deffen
fdieinbare Opportunität doch die begründeten
Bedenken nicht vermindern kann, die folchem
Zufammenarbeiten von Mufeen und Handel ent-
gegenftehen. In der Tat vollzieht ßch ja die
Schulung des jungen Kunftgelehrten und an-
gehenden Kenners ebenfofehr in den Mufeen und
Privatfammlurgen wie beim Kunfthändler. Wer
fich auf allen Gebieten feines Faches gründlich
umtun will, kann den Weg zum Antiquar und
Händler nicht umgehen, nicht nur, weil jeder
Kunftgelehrte und Mufeumsbeamte wiffen muß,
was der Markt an verkäuflicher Ware zur Zeit
darbietet, mehr noch weil fich an den mobilen
Werken im Handel der Biick befonders leicht
fchult und hier die Entdeckerfreude vor allem
auf ihre Koften kommt. Zudem verftehen kiuge
und große Händler, die eine langjährige Praxis
hinter fich haben, in den meiften Falten mehr
von den Dingen als der nach Belehrung dürftende
jüngere Gelehrte. In diefem Sinne alfo wäre
es verkehrt, den großen Nutzen zu leugnen, den
ein ftrebfamer und vielfeitig gebildeter Fachmann
aus der ftändigen und nahen Berührung mit dem
Handel für fich entnimmt. Die Gefahr aber wird
erft in dem Moment brennend, wo fidh Handel
undMufeumswirtfchaft zu einer wirklichen Inter-
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gelegentlich auch einmai einen Rembrandt als
faifch und das gleiche Bild einige Zeit fpäter
als echt atteftierte oder fich wie bei dem Nach-
laß van Emden, wo nach der Verweigerung
piötsiich ein Rembrandt entdeckt wurde, der früher
von Bode als Rembrandtfchüler begutachtet
worden war, peiniichft zum Schaden der dabei
Betroffenen geirrt hatte. Auch das Tamtam um
die Fiora-Fälfchung war wenig dazu geeignet,
die internationale Gefahr für das Schickfal un-
ferer Mufeen vergeffen zu machen, die um fo
dringlicher wurde, als der reiche Amerikanismus
bereits feine gierige Hand mit Erfolg nach dem
deutfchen Kunfterbe ausftreckte. Wir waren
die Schwächeren geworden und nur noch in die
Defenfive gedrängt. Zwar kamen noch immer
genug Werke von Paris und London nach Berlin,
wo ein junger Reichtum fich vorurteilsfrei fchneli
an den Bodefchen Sammelmaximen begeiftert
hatte, aber der künftlerifche Tiefftand diefes von
Bode geleiteten Sammiertums ift niemals deut-
licher in die Erfcheinung getreten als gelegent-
lich der lebten Ausftellung des KaiferFriedrich-
Mufeumsvereins, die felbft einen Outfider
aber doch künftierifch inftinktiv richtig emp-
findenden Mann wie Maximilian Harden an-
gefichts der zweitrangigen und zum großen Teil
„verhauferten" Bilder zum fchärfften Proteft auf
den Plan rief. Da fah man denn die kleinen
und kleinften Niederländer, drittrangige Italiener
zu Duzenden nebeneinander, für die der deutfche
Sammler Preife bezahlt hatte, über die man in
Paris nur mit freundlichem Schmunzeln quittierte.
Und während derfelbe Bode zu folchen und
ähnlichen Ankäufen reizte und feine Vorliebe
für die Kunft der kleinen Holländer, die dem
modernen Gefühl fo völlig fern ftehen, weiter
propagierte, wanderte befte deutfche Kunft ohne
Reputation auf dem internationaien Markt umher,
bis gelegentlich fich einmal ein wirklich kunft-
verftändiger Amerikaner ihrer erbarmte. Die
Begründung eines Mufeums für deutfche Kunft,
für das man nun fchon feit Jahren die Hundert-
taufende in die Spree gebaut hat, folite im lebten
Moment die große Rettung fein. Ein wundervoller,
leider nur zu fpät erfolgter Theatercoup, der
dreißig Jahre vorher von fegensreichften Folgen
für die Wertung deutfcher Kunft und deutfchen
Anfehens in der Weit hätte werden können,
der aber im Augenblick, wo er ein Erfat^ gegen-
über der unbeweglich gewordenen internationalen
Konkurrenz auf anderen Kunftgebieten fein foiite,
die Verhäitniffe auch auf dem deutfchen Markt
heiilos durcheinander warf. Denn im Nu fchnell-
ten auch auf dem Gebiet die Preife in die Höhe,
da damals von Berlin felbft für wertlofe Stüdce
Zehntaufende bezahlt wurden, und deutfche
Provinzmufeen, die bis dahin in aller Stille
das Erbe der Väter gepflegt, mußten in vielen
Fäilen hinter der Berliner Konkurrenz, die
fich vereinzelt fogar „Hufarenftückchen" leiftete,
zurückftehen. Frankfurt allein wagte fich zu be-
haupten, indem es unter Swarzenskis weit-
fchauender Initiative an dem Ausbau feiner Pia-
ftikfammlung fefthielt, aber Frankfurt verfiei da-
für auch dem Zorn Bodes und fein Mufeumsdirektor
mußte einen der häßlichften Angriffe über fich
ergehen laffen, der je unter Fachgenoffen mög-
lich war.
Womit im ganzen gefagt werden foli, daß
der kein Recht hat, über die Verwiiderung und
Ausartung des Kunfthandels zu klagen, der in
völliger Verkennung einer großzügigen und weit-
fchauenden Politik zum mindeften indirekt diefe
Zuftände mitverfchuldete.
Es liegt in der Natur der Sache, daß zwifchen
den Mufeen einerfeits und dem Kunfthandel
andcrerfeits nicht nur enge Berührungspunkte
beftehen, fondern ßch in vielen Fällen auch die
beiderfeitigen Intereffen eng zufammenfinden.
Der Mufeumsdirektor kann den Handel nicht ent-
behren, der ihm die Ware auftreibt und zuführt
und der Händler glaubt ebenfowenig die auf
ihrem Spezialgebiet anerkannte Autorität miffen
zu können, deren Zufchreibungen und Attefte
den Börfenkurs der Werke feftiegen. So hat fich,
zumal in den größeren deutfchen Kunftzentren
allmählich ein Zuftand herausgebildet, deffen
fdieinbare Opportunität doch die begründeten
Bedenken nicht vermindern kann, die folchem
Zufammenarbeiten von Mufeen und Handel ent-
gegenftehen. In der Tat vollzieht ßch ja die
Schulung des jungen Kunftgelehrten und an-
gehenden Kenners ebenfofehr in den Mufeen und
Privatfammlurgen wie beim Kunfthändler. Wer
fich auf allen Gebieten feines Faches gründlich
umtun will, kann den Weg zum Antiquar und
Händler nicht umgehen, nicht nur, weil jeder
Kunftgelehrte und Mufeumsbeamte wiffen muß,
was der Markt an verkäuflicher Ware zur Zeit
darbietet, mehr noch weil fich an den mobilen
Werken im Handel der Biick befonders leicht
fchult und hier die Entdeckerfreude vor allem
auf ihre Koften kommt. Zudem verftehen kiuge
und große Händler, die eine langjährige Praxis
hinter fich haben, in den meiften Falten mehr
von den Dingen als der nach Belehrung dürftende
jüngere Gelehrte. In diefem Sinne alfo wäre
es verkehrt, den großen Nutzen zu leugnen, den
ein ftrebfamer und vielfeitig gebildeter Fachmann
aus der ftändigen und nahen Berührung mit dem
Handel für fich entnimmt. Die Gefahr aber wird
erft in dem Moment brennend, wo fidh Handel
undMufeumswirtfchaft zu einer wirklichen Inter-
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