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Heidelberger Familienblätter — 1866

DOI Kapitel:
No. 14 - No. 25 (2. Februar - 28. Februar)
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Heidelberger Zamilicnblätter.

* 15.

Sanang den 4. 60 t

Der der Dame de ead. —„ *

Von Eliſe nelte.

ö 2* CFortfehung.) *
ö „Oas glaube ich wohl, meine Tochter, ſeit ich die Aufzeichnungen von
zjener unbekannten Hand geleſen, die mir die verſtorbene Nonne Carifa
mit den Perlen zugeſandt. —
„So ſagt mir eines: War ſie wirklich und wahrhaftig eine Heilige,
die niemals die Regungen irdiſcher Liebe empfünden, deren Herz nimmer
von den Flammen der Leidenſchaft. verſengt wurde — die nie, nie während
ihres ganzen Lebens an der Seite ihres Herrn den Kuß eines. Andern auf
ihrer Stirn geduldet? — beſinnt Euch, frommer Vater, — Ihr rettet
eine Seele vom Untergang — die Laura darf keine Han⸗ geweſen ſein!“
Angſtvoll bittend ſtreckte ſie die Hände nach ihm aus — eine qualvolle
Unruhe zuckte in ihren Zügen.
Aber ein mildes Lächeln ſpielte um die Lippen des Ahrwürdigen Pfarr-
herrn von St. Roche. — Er war ja⸗ ſchon auf jenen Höhen des Friedens
angelangt, allwo ſolche Stürme, wie ſie jetzt. das Herz des jungen Geſchöpfes
zu durchwühlen ſchienen, ihn nicht mehr zu berühren vermochten.
Wie die Wolken tief unter dem ſonnigen Bergesſcheitel hinziehen, ſo
zogen die Erinnerungen an die Noth und Kämpfe der See ihm vorüber
und hatten nichts zurückgelaſſen in dieſem frommen Herzen, als ein unend-
liches Erbarmen mit Denen, die noch kämpften und litten
Deßhalb ſagte er jetzt auch unendlich weich: „Ich weiß nicht, was
Euch ſo ruhelos und traurig macht — aber ich will Euch als Antwort
auf Eure. Frage ein Bild zeigen aus der Geſchichte der blonden Dame von
Sade, das ich eben jenem alten Manuſeript entnommen.
„Die Geſchichtſchreiber, das muß ich Euch nämlich zunächſt ſagen,
haben aus der Laura des Petrarca ein wunderlich Ding gemacht — —
ihr Bild iſt verzeichnet — aber daß der Heiligenſchein, der ſich um ihre
Stirn zieht, von ächtem Gold iſt, weiß ich erſt, ſeit ich das Vermächtniß
der Nonne von Avignon geleſen. — Hört zu, meine Tochter!“ —.
Ob ſie wohl zuhörte? — Der Schein der Kerze fiel voll auf ihre
ſchlanke Geſtalt, auf das junge Angeſicht. Das waren köſtliche Lichter und
Schatten, die da auf und ab gaukelten, während der Erzählung des ehr-
würdigen Herrn. Und er erzählte langſam — hatte er doch nicht oft ſolche
Hörerinnen. Die gefalteten Hände über das Knie gelegt, ſaß ſie da, etwas
vorgeneigt. daß die langen gepuderten Locken ihres Haares frei neben dem
ſchlanken Halſe herabhingen. — Die ſchwarzen Augen blickten unverwandt
den Erzähler an, und die feinen Lippen zeigten gar bald ein leichtes träu-
meriſches Lächeln. Der pelzverbrämte Ueberwurf war zurückgefallen gegen
die geſchnitzte Stuhllehne hin; zu beiden Seiten des Sitzes bauſchte ſich
das hellgrüne Seidenkleid und hatte ſich am Boden nur ſo viel verſchoben,
um ein ganz wundervolles Füßchen frei zu laſſen, in rothberänderten Ha-
 
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