Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Familienblätter — 1866

DOI Kapitel:
No. 117 - No. 130 (3. October - 31. October)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43663#0489

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
j.„ ᷣ „
*

Deocheder Timülbinen.

121. dreinn, ben 2 Oalb 1866. *

Frauenchre. ö
Eine Novelle — A. May.

FJFortſetzung.)
Otto reihte an dieſes „allein“ verſchiedene Zweifel darüber, ob ſein
Einfluß etwas auf den alten Mann vermögen werde, ob ſeine Darſtel-
lungsgabe im Stande ſein werde, Alles, was dem Vater zu ſagen iſt, in
das rechte Licht zu ſetzen.
Melchthal wußte jedoch feine, Einwendungen ſämmtlich zu beſchwich-
arſü und Otto gelobte ihm mit r und Handſ chlag, ſeinen Willen zu —
erfüllen.
Das Schreiben ſollte noch in dieſer Woche abgehen. 171711111
Da die Mittagsſtunde bereits weit vorgeſchritten war, brach Otto auf.
Er mußte Melchthal verſprechen, ſeinen Beſuch bald zu wiederholen. Beim ö
Aoſchied bat er Melchihal, ihn den beiden Damen zu empfehlen.

* IV.
Schon am Abend des nämlichen Tages ſaß Otto vor der Lampe ſeines
Schreibtiſches und begann den Brief an Pfarrer Flemming zu⸗ entwerfen.
Er, hatte ſich vorgenommen, all' ſeine Beredtſamkeit darin aufzubieten, und
betrachtete die Arbeit als eine förmliche ſchriftſtelleriſche Aufgabe. Hing
doch das Glück eines Menſchen an dem. Gelingen des Werkes! Otto hatte
ſich einen genauen Plan von dem einzuhaltenden Gedankengange gemacht.
Er brachte den ganzen folgenden Tag mit der Ausarbeitung ſeines Ent-
wurfes zu. So reichlich ihm die Gedanken während der Arbeit zuſtrömten,
und ſo aufrichtig ihm die Empfindungen, durch die er auf das Herz des
Vaters wirken wollte, aus der eigenen Seele drangen, ſo hatte er oft doch
viel Mühe, dafür die rechte Form und den treffenden Ausdruck zu finden.
Er machte hierbei an ſich ſelbſt die Erfahrung, daß ein Werk, welches auf
das Gemüth eines Andern wirken ſoll, ſei es noch ſo kurz und trage es
auch nur den einfachen Charakter eines Briefes, doch eines gewiſſen künſt-
leriſchen Geſchickes bedürfe, das nicht ſchon mit dem guten Willen und der
Gefühlswärme des Verfaſſers allein gegeben iſt. Vielleicht mochte das et-
was langſame Vorſchreiten der Arbeit aber auch noch einen. andern Grund —
haben. So ſehr ſich nämlich Otto in ſeine Arbeit vertieft hatte, er konnte
doch nicht vermeiden, daß ihm nicht häufig auch Gedanken, welche mit ihr ö
in keinem unmittelbaren Zuſammenhange ſtanden, in die Quere kamen.
Es waren dies Gedanken, die durch die Aeußerungen Melchthal's über
Lenore Kronberg in ihm angeregt waren. Bald beſchäftigte ihn die Art
und Weiſe, in welcher Lenore ſeiner gegen Melchthal gedacht hatte, bald
der Charakter Lenoren's, der ſich nach ihrer Einwirkung auf Melchthal⸗ iin
der That als eine ausnahmsweiſe Erſcheinung darſtellte, dald ihre Beziehung
zu Melchthal. Daß Melchthal eine tiefe Neigung zu ihr trug, ließ ſich
aus deſſen Aeußerungen nicht verkennen. Aber erwiderte ſie diefe Neigung?
 
Annotationen