Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Familienblätter — 1866

DOI Kapitel:
No. 39 - No. 51 (1. April - 29. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43663#0205

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heidelberger ———.—

5⁰. — ö — den 2 1866

Der entwichent Kaſſer. — —

— Aus den Erinnerungen eines deuſſchen Polizeibeamten.

ö Cortſetzung.) — — 1
Wir, derr Eye und ich hatten außer einer dringenden Cnpfehline
der Miniſterien des Innern und der Juſtiz an unſern Geſandten in Lon-
don auch noch eine gewichtige Empfehlung des Geſandter „Ihrer briti ſchen
Majeſtät bei unſerm Hofe an ſeinen Bruder erhalten, welcher damals Un-
terſtaatsſecretär im Home Office, im britiſchen Miniſterium des Innern,
war. Unſere erſten Morgenbeſuche galten der Abgabe dieſer Eimpfehlungs-
ſchreiben, deren Zweck vollſtändig erreicht ward. Der Geſchäftsträger
unſers Hofes fuhr mit uns nach dem Foreign Office, Miniſterium der
auswärtigen Angelegenheiten, in Downing⸗Street und verſchaffte uns weitere
nachdrückliche Empfehlungen, mit denen wir uns in das Home Office nahe
dabei in Whitehall begaben, wo unſer Anliegen auf das bereitwilligſte un-
terſtützt wurde, ſo daß wir mit dreifachen Empfehlungen in dem dicht dabei
gelegenen Lokale der Polizeidirection in Scotland Vard eintrafen, wo Herr
Eye den ganzen Fall vortrug und uns ſogleich zwei erfahrene Beamte der
Londoner Criminalpolizei an die Hand gegeben wurden, mit welchen wir
einſtweilen das Erforderliche bereden ſollten, ehe wir uns an die Herren
Groſſinger, Vertot und Comp. wandten und jene Unterhandlungen an-
knüpften, welche zur Auffindung Reveillots führen konnten.
Das Erſte, was ich mir durch die Londoner Collegen zu verſchaffen
bemüͤhte, war ein Leumundszeugniß über die Advocatenfirma Groſſinger,
Vertot und Comp. Herr Bennet, der mir⸗beigegebene Detective, brachte
mir dieſe von Seiten des Inſpectors der Diſtrictspolizei ungefähr in fol-
gender lakoniſcher Faſſung: „Herr Groſſinger, Chef der Firma, Deutſcher
von Geburt, etwa 40 Jahrt alt, lebt mit der Ehefrau eines Andern zu-
ſammen, verrüfen durch mehrere zweideutige Handlungen, aber ſeither immer
den Haͤnden der Juſtiz entgangen, gefährlicher, abgefeimter Burſche. —
Her Vertot, franzöſiſcher Fluͤchtling von 1854, etwa 36 Jahre, alt, gut-
müthig, leichtſinnig, ein Verſchwender und Roué. — Herr W. S. Orr,
der Junior Partner der Firma, ein Schotte, gewandter⸗ Rabuliſt, als Ver-
theidiger in Criminalfällen. geſucht, ſonſt⸗aber als Character wenig achtungs-
werth. Geſchäße der Firma zweideutiger, oft. ſchmutziger Art, meiſt ſchwin-
delhaft oder von einer Art und Weiſe, daß achtbare Fumen ſich nich
damit befaſſen“
Dieſe Auskunft lautete nicht tröſtlich, allein ich hatte kaum einen an-
dern Beſcheid erwartet, denn eine ehrbare Advocatenfirma hätte ſich niemals
zur Vermittlerin einer derartigen Umwechslung hergegeben, da jeder geüͤbte
Menſchenkenner oder Juriſt ahnen mußte, was für⸗Papiere jene Caſſette
enthielt und auf welche Weiſe der gegenwärtige Beſitzer derſelben ſie ſich
verſchafft hatte. Allein die große Schwierigkeit für uns war nur die, uns
klar zu werden, auf welche Weiſe wir mit den Advocaten anbinden ſollten,
ohne dem Zwesr unſerer Reiſe nach England etwas zu vergeben oder r dieſe ö
 
Annotationen