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Heidelberger Familienblätter — 1866

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No. 64 - No. 76 (1. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43663#0265

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Hridelherger Tamilirnblätter.

65. Sonntag, den 3. Juni. 1866
Der Dämon.
Eine Seegeſchichte von R. Brommy. 4 Admiral der deutſchen Flotte.
Sonſſebung )

Während ich ſprach, drehte Marzarethe ihr liebliches Geſicht von mir,

ich bemerkte ihr Errothen, und fühlte,‚ daß ich zu weit gegangen ſei, erin-

nerte mich ihrer zarten Jugend und daß wir vielleicht auf immer uns

trennten. Ich ergriff ihre Hand, verſicherte ſie, daß ⸗meine beabſichtigte

Reiſe durchaus keine Unwahrheit ſei und daß ich auf dem Punkte ſtehe,

mein Vaterland zu verlaſſen.

Und jetzt, Margarethe, leben Sie wohl1. — Sie werden ſelten in.

Ihrem Leben einen treuern Freund finden — Niemand, dem Ihr Glück ſo
ſehr am Herzen liegt, als mir, den Sie verſtoßen! — Ich preßte ihre
Hand in der meinigen zum Abſchiede, aber ich fühlte keinen Gegendruck,
ſie ſagte mir kein Lebewohl. Unwillig waͤndte ich mich nach ihr und ſah
zu meinem unausſprechlichen Erſtaunen meine ſchöne junge Freundin in
Ohnmacht. Und war dieß das Weſen, welchem ich Mangel an Gefühl
vorwarf? In dieſem Augenblicke fühlte ich, daß die Welt nichts Theureres
für mich enthielt, als Margarethe — ich fühlte, daß auch ich ihr theuer
war. Ich will nicht über den ſo oft betretenen Grund der Ausekhander-

ſetzungen Liebender, der Selbſtbeſchuldigungen und Verlobungen gehen —
kurz — wir verließen den Garten, enger mit einander verbunden. Ueber

dieſen Theil meiner Erzählung ſchreite ich kurz hinweg; der Wille des Ca-
pitäns und die Nothwendigkeit, einen höhern Rang zu erhalten, zwangen
mich, ein paar Jahre in. Indien zuzubringen, ehe ich Margarethens Hand
erhalten konnte. * ᷣ 8.
Ich erreichte meine aſiatiſche Beſtimmung — lange und ſorgenvoll
erwartete ich Briefe aus Europa — nahm eines Tages zufällig eine eng-

liſche Zeitung in die Hand und las: Starb im Hauſe des Capitäns Ca-

meron in A. Miß Margaretha Cameron, achtzehn Jahre. — Ueber meine
Gefühle ziehe ich einen Schleier, — ich ſchrieb voller Verzweiflung einen
Brief an den Capitän, machte ihn mit dem Paragraphen, den ich geleſen
hatte, bekannt, bat ihn flehentlichſt, wenn es möglich ſei, ihn zu widerlegen,
und erklärte ihm, daß meine Zukunft gleich einer weiten Wüſte vor mir

läge. Die Gräfin Falcondale beantwortete meine Epiſtel durch einen

ſchwarzgeränderten Brief mit ſchwarzem Siegel. Meine Mutter und Mar-
garethe waren nicht mehr, Capitän Cameron hatte der Schlag gerührt, in

Folge der großen Erſchütterungen, die er durch den Todesfall erlitten.

Seine weltlichen Angelegenheiten waren in der größten Verwirrung und

die Gräfin war auf ſein ausdrückliches Verlangen zu ihm gezogen, um die-

ſelben einigermaßen zu ordnen. Ich ſchickte meinem alten Freunde auf ge-
heimem Wege anſehnliche Summen, um ihn nicht Mangel leiden zu laſſen.

Ungefähr fünf Jahre ſpäter erſchien mein Name in der Calcutta-

Zeitung unter den „Heirathen“ und ſpäter figurirte er⸗ öfter unter den

„Geburts⸗ und Todtenliſten. Meine Gattin ſtarb an einem bösartigen Fie-

ber, und zwei unerzogene Kinder folgten ihr bald nach. Jetzt erwachte


l
 
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