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Heidelberger Familienblätter — 1866

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No. 39 - No. 51 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43663#0185

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Heidelberger Lanurmuner

45. Si, den 15. — 1866.

Der eutuihene Kaſſer. ͤ

Aus den rinneringen eines deutſchen Pordebemtn.

— — „*

(Cortſetzung.)
Vergebens durchblätterte ich alle Bücher, durchſtöberte alle Taſchen der
Kleidungsſtücke — nirgends das leiſeſte Anzeichen, daß wir dem richtigen
Manne auf der Spur ſeien. Der Droſchkenkutſcher wollte Anfangs leug-
nen, daß er den Baron geſahren habe; als ihm aber mit Wegjagung aus
dem Dienſte gedroht wurde, geſtand er, daß er den betreffenden Herrn nach
Nauheim gefahren habe und leer zurückgekehrt ſei. Ich fuhr nun ſogleich
ſelber nach Nauheim und ermittelte mit Beſtimmtheit, daß der Baron da-
ſelbſt ein Billet nach Fronkfurt genommen habe. Er war mit ſehr weni-
gem Gepäck verſehen: nur ein kleines Handkofferchen, eine Rolle Reiſetep-
piche oder Plaide, und einen Reiſepelz nebſt Regenſchirm und Spazierſtock
in einem Futteral. Der Fürwitz hatte den Portier der Station zu Nau-
heim veranlaßt, den Spazierſtock aus dem Futteral zu nehmen, während
deſſen Eigen thümer auf einige Minuten auf die Seite gegangen war, und
jener hatte nun bemerkt, daß der Stock, aus Fiſchbein ſehr ſchön gearbeitet
und mit dünnem Fischbein zierlich umflochten, eine dreiſchneidige Degen-
klinge enthielt, — ein anſcheinend ſe ſehr unbedeutender Fingerzeig. ö
Es war ſchon ſpät am Abend, als ich beinahe unverrichteter Dinge
wieder nach Homburg zurückkehrte, um daſelbſt zu übernachten, denn ich
war noch nicht mit allen Nachforſchungen zu Ende. Ich mußte vor Allem
darüber in's Klare kommen, ob der Baron wirklich Reveillot ſei oder nicht.
Ich ſaß eben beim Abendbrod. im Hotel N., als mein Homburger College
eintrat und mir vergnügt zuwinkte.
„Endlich ein kleiner Fingerzeig,“ ſagte er ermuthigend; „ich hatte er-
mittelt, daß der Baron vor der Abreiſe einem der Stubenmädchen noch ſei-
nen Schlafrock geſchenkt und daß das Mädchen ihn bereits an einen Trödler
verkauft habe; ich unterſuchte denſelben und fand, daß die linke Taſche des-
ſelben zerriſſen war und ſich einige Papiere durch den⸗ Riß zwiſchen Zeug
und Futter hinuntergeſpielt hatten — da ſind ſie!“
Das eine war ein Briefcouvert an den Baron, ganz genau dieſelbe
Hand chrift, und Aufſchrift, welche ich erſt vor wenigen Tagen im Bahnhof
in Händen gehabt hatte und ebenfalls mit demſelben Stempel des fahren-
den Poſtamts verſehen. Die andern Papiere beſtanden in einem zerknit-
terten Streifen Poſipapier, worauf eine Anzahl Adreſſen von Londonex und
Liverpooler Gaſthöfen und ſpecielle. Reiſenotizen in der Handſchrift deſſen,
welcher das Briefcouvert adreſſirt hatte, ſtand, in einem abgeriſſenen Stück
des Briefes einer weiblichen Hand, ich welcher ich diejenige von Mademoi-
ſelle Margot erkannte, und worin ſie meiner nicht eben in ſehr ſchmeichel-
hafter Weiſe gedachte und ihrem Geliebten geſtand, daß ſie nur darum
meine Annäherung dulde, um hinſichtlich der. Schritte, welche etwa von
Polizei und Gerichts wegen gegen ihn unternommen werden würden, mir.

„die Würmer aus der Naſe zu ziehen“; endlich in einem weiteren Papiere,
 
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