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Heidelberger Familienblätter — 1866

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No. 14 - No. 25 (2. Februar - 28. Februar)
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M. 21. Sonnuad. den 25. 1

Deweberger Lamilienllitter.

Von jenſeit des Meeres. * —.—

Von Theobor Storm.

· (dortsehmg.)

Meine Schwägerin war mir dicht unter die Augen Nirrñ. ö
Du es denn gar nicht länger aushalten, Alfred 2⁴ . ö
„Nein, Grethe!“ * ö
„Nun, ſo grüß mir Jenni; oder noch beſſer aung fen uns s faber w wie-
der mit zurück!“
Ich ſagte nichts; aber gleich darauf ſaß ich im. Sattel; eine Stunde
ſpäter war ich in der Stadt und bald auch in der mir wohlbekannten
Straße, wo das Haus von Jenni's Vater liegen ſollte. Es war unſchwer
fgefunden und nach mehrmaligem Klingeln wurde die Thür des ſtatt-
lihen Gebäudes von einer ältlichen Frau geöffnet. Als ich nach Fräulein

Jenni fragte. erwiderte ſie trocken: „Das Fräulein iſt nicht hier.“

„„Nicht hier?“ wiederholte ich; und mein Geſicht mochte die Beſtürzung
uitssrücken, die ich bei dieſer Antwort empfand; denn die Alte fragte
mich nach meinem Namen. Als, ich ihr aber geſagt hatte, wer und wo-
her ich ſei, ſetzt ſie verdrießlich hinzu: „Was fragen Sie ſdenn? Das
Fräulein iſt ja den andern Tag ſchon wieder zurückgereiſt.
Ich ließ die Alte ſtehen und lief aus einer Straße in die andere, bis
ich den Hafen erreicht hatte. Die Sonne war ſchon unter- ünd die Rhede
weit hinaus mit dem Purpur eines ſtarken Abendroths überglänzt. Dort

hatte die Brigg gelegen; jetzt war ſie fort, kein Schiff mehr zu ſehen. Ich
ſuchte mit den Avbeitern, die umherſtanden, ein Geſpräch anzuknüpfen, und

erfuhr den Namen des Rheders und des Schiffes, und daß es vor drei
Tagen. in See gegangen ſei. Weiteres wußten ſie nicht; außer noch die
Schlafſtelle des Capitäuns. Ich machte mich ſogleich auf den Weg, und
dort brachte ich heraus, daß eine⸗junge ſchöne Dame mit ſchwarzen Haa-
ren ſich am Bord befinden ſolle. Dann ging ich auf das Comptoir des
Rheders, wo ich durch Zufall noch den alten Buchhalter au ſeinem Pulte
traf; aber er wußte mir keine weitere Auskunft zu geben; denn die Paffa-
giere ſeien lediglich Sache des Capitäns.
Ich kehrte ins Hotel zurück und ließ mein Pferd f atteln. Schneller,
als mein Bruder es erlaubt haben würde, trabte der Rarpe heimwärts.
Es war ſchon ſpät und der Himmel hing voll Wolken. Wenn der Nacht-
wind durch die Finſterniß an mir vorüberwehte, ſo flogen meine Gedanken
mit, und wie ein⸗ Spuk vor meinen Augen ſah ich das Schiff, das ſie
hinwegtrug; ein winziger Punkt, ſchwebend in dem flüſf ſigen Element über
den gähnenden Abgründen der Tiefe, umlagert von Nacht in der unge-
heuern Oede des Meers. — Endlic blinkten die Lichter des *Gutes vor

mir aus den Bäumen.

Hier fand ich Alles in Trauer und Beſtürzung. Es war ein Brief
von Jenni da, datirt vom Bord der Brigg „Cliſabeth.“ Sie war fort,
 
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