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Heidelberger Familienblätter — 1866

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No. 104 - No. 116 (2. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43663#0445

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Heidelberger Zamilirublälirr.

N. 110. Sonntan, bn 16. Sr

ö Dos Röschen des Ma. *
Aus den Papieren eines Achtzigjährigen mitgetheilt von V. C. E eigen

Cortheßung. 7*

Unterwegs blieb ich hinter den Andern etwas zuxück, da nahm auch
Ruedi Veranlaſſung, zu zögern bis ich gegen ihn herankam, und geſellte ſich
zu mir. Dieſer hatie von den Brüdern immer noch am meiſten Freund-
lichkeit für mich bewahrt. Die Erinnerung, daß ich einſt ſein Brodherr
war, und das Gedächtniß ſo vieler Güte, die ich ihm 6cwieſen mothten das
wohl bewirkt haben.
Vch hab Euch ſagen wollen, s er an, Wah aſer — bich
wär, Ihr bliebet heut zu Haus.“ **

ich: „Und warum ſollte 28 beſſer ſein-
ö „Das Warum darf ich nicht ſagen“, erwiederte er, vaber
und wenn wir auch ſchon unterwegs ſind, ſo braucht Ihr ja nür zu ſagen,
es wäre Euch nicht gut. So könntet Ihr ja umkehren, wud wir können
uns ſchon ohne Euch behelfen. 0 ö
„Daß mir auf einmal ſo. unwohl geworden, daß ich gar det
nicht fortſetzen kann, das würde man mir nicht glaͤuben,“ erwiederte ich:
„Auch müßte ich, ehe ich mich⸗zu ſolch elender Ausflucht verſtehe könnte,
einen ſehr wichtigen Grund kennen. Sag mir: warum??
„Das darf ich nicht!“ ſagte er leiſe, indem wir Räher gegen. die An-
dern herankamen, welche uns erwarteten. „Seid ſtitl, und perrathet mich
nicht! Meine Brüder und die andern Buben thätens mir nie verzeihen,
Wr ſie erfahren, daß ich Heplaudert habe. Nehmt Euch vorm Heiri in
t

Hiermit langten wir bei den Andern an, und keine weitere Verfän-
digung mit Ruedi war möglich, indem ſie uns nicht allein ließen. 2*
Bald langten wir an. Im weißen Kreuz ging's ſchon hoch her, und
mit Jubel wurden wir empfangen. Alsbald begann auch der⸗ Tanz.
Nach Ruedi's Warnung war es klar, man wollte mir etwas am Zeug
flicken, und zwar war ein Complott gegen mich im Werke, an welchem die
Brüder Theilnehmer waͤren, ſowie der unbekannte Heiri, ja Letzterer war
wahrſcheinlich der Rädelsführer, wenn ich mir auch vergeblich den Kopf
zerbrach, warum und weßwegen. Fedenfalls galt es auf der Hut zu ſein
und ſeinen Gegner in's Auge faſſen.
Bald fiel mir ein Menſch auf, von dem ich mich nicht erinnern konnte,
ihn je früher geſehen zu haben. Es war ein Burſche von kaum
über zwanzig Jahren. Seine Figur war ſchlank und hoch und ſehr, kräftig.
Sein Geſicht blühend und friſch, aber ſehr gewöhnlich Und. nuibeveutend.
Er trug. ſtädtiſche, und zwar ſehr gute Kleidung, der Einzige, der in ſolcher
Tracht zugegen war, aber auf den erſten Blick wurde man gewahr, daß er
in ſolcher Kleidung, nicht von Kind auf erzogen war; ſeine Bewegüng und
 
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