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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936

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Grundformen und Hochformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10943#0044

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GRUNDFORMEN UND HOCHFORMEN

Kultur steht ihrem Wesen nach nicht in einem
feindlichen Gegensatz zur Natur. Aber im Lauf
der Geschichte hat es sich oft ereignet, daß dieser Ge-
gensatz dennoch aufgetreten ist. Man spricht in sol-
chen Fällen von Überfeinerung, von Überkultur. Wo
das eintrat, hat der Mensch immer wieder gesucht,
durch Vereinfachungen »auf den Grund« zu kommen.
Auch heute, wo wir in unsrer Zivilisation vielfach
eine Naturfremdheit, eine mangelnde Fühlung zu den
Grundlagen festzustellen haben, macht sich ein
ähnliches Bestreben bemerkbar. In Kunst und Le-
bensform wird das Einfache, das Volkstümliche ge-
sucht. Man strebt zum »Naturlaut«. Der Rundfunk
zeigt das deutlich, indem er so oft wie möglich den
Mann aus dem Volke oder das unmittelbare tönende
Ereignis vor das Mikrophon bringt. In der Gestaltung
der Menschenbeziehungen, der Zusammenkünfte,
der Kunstdarbietungen arbeitet man schlichte, durch-
sichtige Formen heraus. Werksausstellungen suchen
dem einfachen Menschen die Kunst zu einem faß-
lichen Erlebnis zu machen. Es gibt ganze große Ar-
beitsgruppen, die sich ausschließlich als Verbin-

dungsglieder zwischen dem Volksmenschen und der
Kunst, der Bildung, den höheren Daseinsfreuden auf-
fassen, wie Kraft durch Freude, NS-Kulturgemeinde.
- Natürlich wäre es verkehrt, dieses neue Streben so
aufzufassen, als ziele es auf eine durchgängige Rück-
führung unsrer Lebensgestaltung zum Primitiven ab.
Es bezweckt lediglich, neben der entwickelten Form
auch die Anknüpfung nach unten zu pflegen.
Beides soll nebeneinander hergehen. Das ist durchaus
möglich und dem Ganzen der Volkskultur sicher zu-
träglich. Wie es in jedem gesunden Volkskörper den
Bauernstand geben muß, der für alle die Bindung an
die Erde und die Form des lapidaren Daseins hütet,
so ist auch innerhalb der Kultur neben der Hochform
die Volksform nötig zur Hut der »rückwärtigen Ver-
bindungen«. Wenn wir den Bauernstand loben, so
meinen wir nicht, daß jeder Volksgenosse ein Bauer
sein solle. Und wenn wir heute die Volksform betonen,
so meinen wir nicht, daß sie die Hochformen ver-
drängen und ersetzen solle, sondern mit ihnen, im
gleichen Zug wie sie, soll sie ein Kulturganzes bilden,
dem weder die Aufgipfelung nach oben noch die An-
 
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