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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Kochkunst und Tafelfreuden
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https://doi.org/10.11588/diglit.10943#0062

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50 INN EN-DEKORATION

FRITZ RE1CHL »EINFAMILIENHAUS DR. K.« AUS DEM WOHNRAUM ZUR SPEISENISCHE

KOCHKUNST UND TAFELFREUDEN

Da geistvolle Leute in ihrem Geschmack an allem
Kulturellen nie einseitig sind, so pflegen sie
durchweg einen ausgeprägten Sinn für Tafelfreuden
zu haben.

*

Das Behagen, das von einer gepflegten Tafel aus-
zugehen pflegt, ist nicht zu unterschätzen: Die blö-
deste Gans, die dümmste Poularde, der stummste
Fisch, die Ochsenzunge, die nie andere Laute als die
monotonen Kuh-Muhlaute formierte, trefflich zube-
reitet, werden durch das Medium der echten Koch-
kunst — wie oft erlebt man es — Anlaß, daß die Gra-
zien und Pallas Athene selbst unter den Gästen er-
scheinen und die Gespräche mit Geist, Anmut und
Würde erfüllen.



Eine gute Küche braucht keine Leckerbissen — sie
schafft sie. Sie weiß das Geringste durch Liebe zu ver-
klären, den bescheidensten Rohstoff zum Hochgenuß
zu steigern, sie versteht es, Armut in Reichtum zu
verwandeln und selbst dem einfachsten Gewicht
den Adel froher Genießbarkeit zu verleihen.

Eine Frau, die gerne Männer von Bedeutung um
sich haben möchte, halte vor allem auf eine gute
Küche; mit Kochkunst sind selbst Genies kirre zu
machen, Berserker zu zähmen und Schlafwandler in
lustige Gesellschafter zu verwandeln.



Frauen sollten nie verächtlich von Männern spre-
chen, die gerne gut essen und von der Zubereitung
schmackhafter Dinge reden. Sie tun besser daran,
aufmerksam zuzuhören, um dadurch das Arsenal
ihrer Zauberkünste zu vermehren. Gute Rezepte
sind wundervolle Waffen im Kampf um den gesell-
schaftlichen Ruhm eines Hauses.

*

Es gibt Leute, die glauben, man könne Kochkunst
durch Einkäufe in Feinkosthandlungen ersetzen.
Nichts verkehrter als dieser Glaube. Man kann sich
für Geld Farbentuben und Pinsel kaufen, aber darum
noch lange kein Gemälde malen, man kann für Geld
Feinkost in Tuben und Blechbüchsen erwerben, aber
es entsteht dadurch noch lange nicht das Kunstwerk
eines erfreulichen Mahles. (Schluß Seite 52)
 
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