Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936
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Landschaft und Einzelhaus
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INNEN-DEKOR AT ION
LANDSCHAFT UND EINZELHAUS
Das Einzelwohnhaus in der Landschaft ist ein
Ausruf: Hier ist es schön! Seht, wie fröhlich es
sich von dieser Höhe ins Land blickt, wie gefällig sich
Berg und Wald als Anlehnung, als Rahmen darbie-
ten! Überall wo ein solches Einzelhaus steht, hat ein-
mal ein Mensch gestanden und den Reiz des Ortes
empfunden - und daher kommt es, daß einzelnste-
hende Häuser oft eine geradezu menschliche Gebärde
haben. Ihre Fenster haben Blick, und der Blick geht
nicht nur geradeaus, er kehrt sich auch rechts und
links hin, wie der Blick eines Menschen, der eine An-
sicht nach allen Seiten hin aufnimmt. Manchmal,
wenn das Haus breite Terrassen entfaltet, hat es die
Haltung eines bequem Lagernden. Sieht man ein
solches Haus von ferne, so zeigt es deutlich ein Grüßen
und Winken zur jenseitigen Höhe hinüber oder auf
den Fluß, den See hinab. Es schaut nicht bloß, es will
auch beschaut werden. Es hat die Haltung eines, der
das landschaftliche Schauspiel genießt, und es will
zugleich selber Mitspieler in der Landschaft sein -
wie man das greifbar vor sich hat an großen belebten
Strömen, an Rhein und Donau, wo die vorüberfahren-
den Schiffe dem Ufer und die Uferbauten den Schiffen
zum immerwährenden gegenseitigen Schaustück
werden. So baut sich ein solches Haus aus empfunde-
nen Begegnungen zwischen Mensch und Landschaft
auf. Indem es dies ausspricht, wird es der Landschaft
oft zu einer reizvollen Betonung. Es gibt ihr ein Aus-
rufezeichen, das ihr Wesen, ihre Gliederung und ihren
Aufbau deutlicher macht.
Das Verhältnis eines schönen Hauses zur Natur-
umgebung bestimmt sich als ein Verhältnis des Ein-
klangs und zugleich des Kontrastes. Die Kontrast-
wirkung ist jedem Bauwerk mitgegeben dadurch, daß
es in die fließenden, weichen Linien der Landschaft
seine starren Geraden bringt, die Waagerechte und die
Senkrechte mit ihren scharfen Winkeln. Aber diese
Geraden müssen und können so gehandhabt werden,
daß sie die schwingenden Linien von Berg und Halde,
Wald und Wiese erfrischen und ihnen eine neue Kraft
geben; dann ist trotz des Kontrastes oder vielmehr
durch ihn der Einklang erreicht. Die geologisch be-
stimmte Landschafts-Struktur gibt das Gesetz, wo-
nach dieses Ergebnis durch vorklingende Betonung
INNEN-DEKOR AT ION
LANDSCHAFT UND EINZELHAUS
Das Einzelwohnhaus in der Landschaft ist ein
Ausruf: Hier ist es schön! Seht, wie fröhlich es
sich von dieser Höhe ins Land blickt, wie gefällig sich
Berg und Wald als Anlehnung, als Rahmen darbie-
ten! Überall wo ein solches Einzelhaus steht, hat ein-
mal ein Mensch gestanden und den Reiz des Ortes
empfunden - und daher kommt es, daß einzelnste-
hende Häuser oft eine geradezu menschliche Gebärde
haben. Ihre Fenster haben Blick, und der Blick geht
nicht nur geradeaus, er kehrt sich auch rechts und
links hin, wie der Blick eines Menschen, der eine An-
sicht nach allen Seiten hin aufnimmt. Manchmal,
wenn das Haus breite Terrassen entfaltet, hat es die
Haltung eines bequem Lagernden. Sieht man ein
solches Haus von ferne, so zeigt es deutlich ein Grüßen
und Winken zur jenseitigen Höhe hinüber oder auf
den Fluß, den See hinab. Es schaut nicht bloß, es will
auch beschaut werden. Es hat die Haltung eines, der
das landschaftliche Schauspiel genießt, und es will
zugleich selber Mitspieler in der Landschaft sein -
wie man das greifbar vor sich hat an großen belebten
Strömen, an Rhein und Donau, wo die vorüberfahren-
den Schiffe dem Ufer und die Uferbauten den Schiffen
zum immerwährenden gegenseitigen Schaustück
werden. So baut sich ein solches Haus aus empfunde-
nen Begegnungen zwischen Mensch und Landschaft
auf. Indem es dies ausspricht, wird es der Landschaft
oft zu einer reizvollen Betonung. Es gibt ihr ein Aus-
rufezeichen, das ihr Wesen, ihre Gliederung und ihren
Aufbau deutlicher macht.
Das Verhältnis eines schönen Hauses zur Natur-
umgebung bestimmt sich als ein Verhältnis des Ein-
klangs und zugleich des Kontrastes. Die Kontrast-
wirkung ist jedem Bauwerk mitgegeben dadurch, daß
es in die fließenden, weichen Linien der Landschaft
seine starren Geraden bringt, die Waagerechte und die
Senkrechte mit ihren scharfen Winkeln. Aber diese
Geraden müssen und können so gehandhabt werden,
daß sie die schwingenden Linien von Berg und Halde,
Wald und Wiese erfrischen und ihnen eine neue Kraft
geben; dann ist trotz des Kontrastes oder vielmehr
durch ihn der Einklang erreicht. Die geologisch be-
stimmte Landschafts-Struktur gibt das Gesetz, wo-
nach dieses Ergebnis durch vorklingende Betonung