Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.10943#0279
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Witt, Cornelius: LZ 129 "Hindenburg": Einrichtung und Ausstattung von Professor Fritz August Breuhaus
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INNEN-DEKORATION
267
LZ 129 »HINDENBURG«
EINRICHTUNG UND AUSSTATTUNG VON PROFESSOR FRITZ AUGUST BREUHAUS
Unsere lebensvolle Gegenwart ist eine Hoch-Zeit
für den Architekten: der künstlerisch-schöp-
ferische Geist des Zeitalters kommt in der Architek-
tur am stärksten zum Ausdruck und tritt als klares
Zeugnis seiner Gesinnung eindeutig in Erscheinung.
Das vorhergegangene Unwetter der doktrinären,
immer lebensfremder werdenden »Schreibtisch-Sach-
lichkeit« hat, wie Mephisto, Positives im Negativen
bewirkt: in der Zerstörung verstaubter Anschau-
ungen, überalterter und innerlich verlogener Formen,
in der Freilegung neuen Aufbaugeländes durch radi-
kale Beseitigung des Überlebten. Der feste Grund,
auf dem der Architekt nun freudig mithelfen kann,
das neue Gebäude einer bodenständigen deutschen
Architektur zu errichten, liegt in dem wieder wach-
gerufenen Bewußtsein heimatlichen Eigenwertes, in
der Besinnung auf die überdauernden und reinen
Quellen deutschen Wesens. Eine neue Zeit mit neuen
Schaffensmöglichkeiten ist für den Baukünstler ge-
kommen, ein Zeitalter, in dem die Baukunst viel-
leicht die Führung unter den Künsten besitzt.
Eine besonders reizvolle und schwierige Verpflich-
tung liegt fürden Architekten in unserer baufreudigen
Zeit aber dann vor, wenn ihm eine Aufgabe gestellt
1936. VIII. 4
wird, die ihn zwingt, Neuland zu erobern, etwas Ur-
sprüngliches zu schaffen, für das es weder Vorbild
noch Anhalt gibt, wie es bei dem Auftrag, das erste
»fliegende Hotel« zu gestalten, die Inneneinrichtung
des LZ 129 zu übernehmen, für Professor F. A. Breu-
haus der Fall war.
Die technischen Fortschritte unseres Zeitalters
haben uns das Wundern verlernen lassen; wir haben
uns daran gewöhnt, daß die Märchen unserer Kind-
heit durch die Wirklichkeit übertrumpft werden. So
vergessen wir auch beim Besuch des »Lufthotels«
schon nach wenigen Augenblicken unser anfäng-
liches Erstaunen über das überhaupt Mögliche um so
leichter, als die von Breuhaus gefundenen Raum-
und Formlösungen so selbstverständlich wirken, als
hätten sie nicht anders sein können, als hätte er nur
den immanenten Formwillen der Dinge erspürt, um
ihnen eine Gestalt zu geben, die wir in ihrer vollen-
deten Zweckmäßigkeit auch als ästhetisch befriedi-
gend empfinden.
Die langjährigen Erfahrungen, die Breuhaus bei
der Einrichtung von Überseedampfern und Kriegs-
schiffen, von Schlafwagen und Flugzeugen in der
Ausprobung geschicktester Raumausnutzung ge-
267
LZ 129 »HINDENBURG«
EINRICHTUNG UND AUSSTATTUNG VON PROFESSOR FRITZ AUGUST BREUHAUS
Unsere lebensvolle Gegenwart ist eine Hoch-Zeit
für den Architekten: der künstlerisch-schöp-
ferische Geist des Zeitalters kommt in der Architek-
tur am stärksten zum Ausdruck und tritt als klares
Zeugnis seiner Gesinnung eindeutig in Erscheinung.
Das vorhergegangene Unwetter der doktrinären,
immer lebensfremder werdenden »Schreibtisch-Sach-
lichkeit« hat, wie Mephisto, Positives im Negativen
bewirkt: in der Zerstörung verstaubter Anschau-
ungen, überalterter und innerlich verlogener Formen,
in der Freilegung neuen Aufbaugeländes durch radi-
kale Beseitigung des Überlebten. Der feste Grund,
auf dem der Architekt nun freudig mithelfen kann,
das neue Gebäude einer bodenständigen deutschen
Architektur zu errichten, liegt in dem wieder wach-
gerufenen Bewußtsein heimatlichen Eigenwertes, in
der Besinnung auf die überdauernden und reinen
Quellen deutschen Wesens. Eine neue Zeit mit neuen
Schaffensmöglichkeiten ist für den Baukünstler ge-
kommen, ein Zeitalter, in dem die Baukunst viel-
leicht die Führung unter den Künsten besitzt.
Eine besonders reizvolle und schwierige Verpflich-
tung liegt fürden Architekten in unserer baufreudigen
Zeit aber dann vor, wenn ihm eine Aufgabe gestellt
1936. VIII. 4
wird, die ihn zwingt, Neuland zu erobern, etwas Ur-
sprüngliches zu schaffen, für das es weder Vorbild
noch Anhalt gibt, wie es bei dem Auftrag, das erste
»fliegende Hotel« zu gestalten, die Inneneinrichtung
des LZ 129 zu übernehmen, für Professor F. A. Breu-
haus der Fall war.
Die technischen Fortschritte unseres Zeitalters
haben uns das Wundern verlernen lassen; wir haben
uns daran gewöhnt, daß die Märchen unserer Kind-
heit durch die Wirklichkeit übertrumpft werden. So
vergessen wir auch beim Besuch des »Lufthotels«
schon nach wenigen Augenblicken unser anfäng-
liches Erstaunen über das überhaupt Mögliche um so
leichter, als die von Breuhaus gefundenen Raum-
und Formlösungen so selbstverständlich wirken, als
hätten sie nicht anders sein können, als hätte er nur
den immanenten Formwillen der Dinge erspürt, um
ihnen eine Gestalt zu geben, die wir in ihrer vollen-
deten Zweckmäßigkeit auch als ästhetisch befriedi-
gend empfinden.
Die langjährigen Erfahrungen, die Breuhaus bei
der Einrichtung von Überseedampfern und Kriegs-
schiffen, von Schlafwagen und Flugzeugen in der
Ausprobung geschicktester Raumausnutzung ge-