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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936

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Michel, Wilhelm: Haus am Wald!
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https://doi.org/10.11588/diglit.10943#0306

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INNEN-DEKO RATION

ARCHITEKT ERNST PL1SCHKE _ WIEN ATF.L1ERRAUM IM HAUS AM ATTERSEE

es denkt sich auch besser, es schafft sich stiller und ein grundbehagliches, gepflegtes Haus sein, des Un-
wahrer. - Dann der Wald als Sorgenbrecher, als terschieds wegen. Es müßte einige weite Räume ha-
Seelenverwandler! Ich habe gefunden, daß man ben, Mordsfenster, sehr bequeme Sessel und Sofas,
jedesmal nach einer halben Stunde Waldwanderung witzige Wandfächer für gebrannte und vergorene
ein besserer Mensch wird. Das Nebensächliche fällt Säfte, und eine Bücherei von solcher Qualität, daß
ab, die Grundlinien treten hervor. Das Augenblick- nicht einmal meine eignen Werke hineinpassen wür-
liche verwischt sich, das Bleibende wird deutlich, den. Dazu Holzbrandöfen, Kachelöfen für Holzbrand,
innen wie außen. Und darin liegt zugleich ein Aus- und das Holz würde ich mit einer guten blanken Axt
tilgen der sogenannten Sorgen. Denn was wir gewöhn- selber gespalten oder kleingehauen haben. Kein Win-
lich unsre Sorgen nennen, ist in den meisten Fällen tertag ohne Duft von Kienholzfeuer im ganzen Haus!
ein Überwältigtwerden von Augenblicklichem und Überhaupt würde es in diesem Hause allerlei Holz
Nebensächlichem, so daß das Unwesentliche eine viel geben, wie es sich für ein Haus am Wald schickt,
stärkere Bedeutungsgeladenheit bekommt, als ihm Holzwände, Holzgerät selbst für den Tisch, Holz und
zusteht. Das duldet der Wald nicht. Er weiß um die Leder an Sesseln. (Die Schweden machen das groß-
große Geduld, die auf den richtigen Wertordnungen artig, was mir hier vorschwebt, wie sie auch die Woll-
beruht. Wenn ich aus dem Wald heimkomme, sind gewebe für Wand und Fußboden haben, die ich mir
zwar die Schulden nicht bezahlt, die mich — nehme denke.) Wohingegen im Keller besagten Hauses nur
ich an - hinausgetrieben haben; aber er hat mir viel- die edlen Säfte der deutschen Erde zu liegen kämen,
leicht den Blick geöffnet für ein Glück, in dem ich ein Stückfaß Leistädter Kirchenstück etwa und dazu
bisher danklos gelebt habe; er hat mir die Hilfen ge- andre, ältere Gaben der geliebten Pfalz, die firnen,
zeigt, von denen ich unverdienterweise umgeben bin, ganz stillen und tiefgoldnen - und oben, wo am Berg
so daß ich eine richtigere Lebensbilanz machen kann unter einem Halbrund von Tannen Bank und Tisch
und die Sorgen zwar nicht als mir gestellte Aufgaben, stehen, müßten diese Säfte im Glas erglänzen an
doch als Herznager und Gemütvergifter loswerde. - warmen, urkräftigen Herbsttagen, dem brandroten
Die Häuslichkeit im Haus am Wald schmeckt noch Buchenwald und der alten Ritterfeste drüben zum
einmal so gut wie die im Stadthaus. Das Haus am Gruß. - Es wäre ein gutes Leben im Haus am Wald,
Wald steht in sprechenderem Gegensatz zu dem, was und wenn nur die vielen Bauplätze nicht wären, die
freie Natur ist, und weil das ein so eindringlicher Reiz die Wahl so schwer machen, und die törichten Bank-
ist, müßte mein Haus - das Haus, dessen Grundstein menschen, die das Abendrotgold noch immer nicht
am nächsten St. Nimmerleinstag gelegt wird - schon in Zahlung nehmen, dann stünde es schon lange, w. M.
 
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