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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936

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Urban, Gisela: Das Schlafzimmer einer Dame
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https://doi.org/10.11588/diglit.10943#0438

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426

IN N EN-DE K ORATIO N

DAS SCHLAFZIMMER EINER DAME

Frühere Zeiten kannten das »Boudoir« als den-
jenigen Wohnraum, in dem die Frau des Hauses
ihr persönlichstes Wesen auslebte. Boudoir bedeutet
wörtlich »Schmollwinkel«. Es war das Gehäuse,
wohin die Dame sich schmollend zurückzog, um
ganz »sie selbst« zu sein und dessen Eleganz daher
ein launenhaftes, ein spielerisch-eigenwilliges Unter-
streichen des Weiblichen mit sich führte.

Die heutige Zeit weiß mit schmollenden Damen
nicht mehr viel anzufangen. Das Boudoir ist ver-
schwunden. An seine Stelle ist heute vielfach das
»Schlafzimmer der Dame« getreten, das aber nicht
bloß Schlafraum ist, sondern eine ganze Reihe Wohn-
raumdienste mit übernommen hat. Zwischen seinen
vier Wänden will die Hausfrau ruhen und träumen,
lesen und handarbeiten, mit Freundinnen plaudern.
In seiner traulichen Verschwiegenheit will sie sich
aber auch der Pflege ihrer äußeren Erscheinung
widmen, der Wahl von Kleidern und Hüten, der Aus-
probung von Haar- und Gesichtsbehandlungen. Der
Architekt, der einen solchen vielfach beanspruchten
Raum zu schaffen hat, in Berücksichtigung der
Sonderwünsche und der persönlichen Eigenart der

Auftraggeberin, steht vor einer fesselnden Aufgabe.
Sein ganzer Vorrat an konstruktiven und ästhetisch-
künstlerischen Einfällen kann sich hier bewähren.

Der Wiener Architekt Willi Wiesner hat die
Aufgabe, das Schlafzimmer einer Dame von Welt
zu schaffen, gut gelöst (Abb. S. 424-426}. Der Raum
mußte vor allem auf die Erfordernisse einer sorg-
fältigen Körperpflege eingestellt werden. Das ver-
anlaßte den Architekten zur Bildung einer reich-
haltig ausgestatteten Toilette-Ecke. Was man sonst
die Frisier-Toilette nennt, ist um einen mit Schub-
laden versehenen Tisch erweitert, der vielerlei Dienste
leistet und in ein tischhohes Schubladenschränkchen
(am Bett) übergeht. Was in ihm und in dem Tisch-
chen auf der andern Bettseite an Toilette-Dingen
verwahrt ist, kann die im Bett Liegende leicht er-
reichen. Die Zimmerwand ist im übrigen ganz mit
eingebauten Kleiderschränken umschlossen. Außer
dem Toilettespiegel sind noch zwei andre hohe
Spiegelflächen vorhanden. Der Raum nimmt nament-
lich auch auf gute Farbenwirkung Bedacht. Alles
Holzwerk trägt mattschimmernden Elfenbein-Schleif-
lack. Sofa und Hocker sind mit einem Samtstoff in
 
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