Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 47.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.10943#0405
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Haus der Meisterräume in Berlin
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JOH. HAHNE »WINTERGARTEN« MÖBEL: EISEN ROSA LACKIERT. MIT BLAUEN BEZÜGEN. - WANDMALEREI:PAUL HARTMANN
HAUS DER MEISTERRÄUME IN BERLIN
Nachdem das Handwerk durch amtliche Förde-
rung und Anregung einer Reihe von Künstlern
starke Antriebe erhalten hat, konnte nunmehr auch
ein Unternehmen gewagt werden, das die Umstellung
der guten Möbel-Industrie auf Wertarbeit in ver-
edelter Form und die Gestaltung repräsentativer
Wohnräume sich zur Hauptaufgabe erwählt hat.
Die Werkbundarbeit der letzten abgelaufenen
Periode hatte infolge einseitiger Bevorzugung des
Serienerzeugnisses und der Propaganda für die aus
der Maschinenarbeit hervorgegangene Form in der
Gestaltung der bürgerlichen Wohnung für höhere
Ansprüche fühlbare Lücken offengelassen. Wenn-
gleich es an vereinzelten Versuchen nicht gefehlt hat,
auch die bürgerliche Wohnung in ihre Rechte ein-
zusetzen — es sei nur an die besten Beispiele von
Tessenow, Schneck und Schuster erinnert — so
haben sie kaum eine Nachfolge gefunden. Die Herr-
schaft jener Möbelfabrikanten und Möbelhändler,
die glaubten, dem Publikum am besten zu dienen,
wenn sie ihm ein Mobiliar in schwülstigen Formen
des neuen Reichtums oder (bestenfalls) Stilkopien
anboten, hat eine Verwilderung des Geschmacks er-
zeugt, die nur mit großer Mühe zu bekämpfen ist.
Nur in einem Punkte hatten diese Händler und
Fabrikanten (von rühmlichen Ausnahmen ist hier
nicht die Rede) recht: das Publikum hat nun einmal
das Bedürfnis nach Geltung und Darstellung. Die
Reformatoren glaubten seinerzeit, dieses Repräsen-
tationsbedürfnis vernachlässigen und ausrotten zu
können. Daher die Predigten gegen die »Gute Stube«.
Die Hausfrau liebt aber nun einmal ihre Wohnung,
sie hegt und pflegt sie, wie ein geliebtes Kind. Man
trifft heute in Kleinwohnungen allenthalben bürger-
liche Einrichtungen, in denen Schlaf- und Wohn-
zimmer zusammengezogen und für den Empfang
hergerichtet sind. Um wieviel mehr gilt aber der
Gedanke der Repräsentation in dem Heim des wohl-
habenden oder hochgestellten Mannes! Und schließ-
lich ist der Wohnbedarf einer Oberschicht zu be-
friedigen, für die Repräsentation zur Pflicht wird.
Das Bedürfnis solcher Raumgestaltung ist nach-
gewiesen. Wenn anderseits leistungsfähige Firmen
den Wunsch äußern, die Bahn der bequemen Stil-
nachahmung zu verlassen und solchem Repräsen-
tationsbedürfnis in vornehmen Raumgestaltungen
1936. XII. 1
HAUS DER MEISTERRÄUME IN BERLIN
Nachdem das Handwerk durch amtliche Förde-
rung und Anregung einer Reihe von Künstlern
starke Antriebe erhalten hat, konnte nunmehr auch
ein Unternehmen gewagt werden, das die Umstellung
der guten Möbel-Industrie auf Wertarbeit in ver-
edelter Form und die Gestaltung repräsentativer
Wohnräume sich zur Hauptaufgabe erwählt hat.
Die Werkbundarbeit der letzten abgelaufenen
Periode hatte infolge einseitiger Bevorzugung des
Serienerzeugnisses und der Propaganda für die aus
der Maschinenarbeit hervorgegangene Form in der
Gestaltung der bürgerlichen Wohnung für höhere
Ansprüche fühlbare Lücken offengelassen. Wenn-
gleich es an vereinzelten Versuchen nicht gefehlt hat,
auch die bürgerliche Wohnung in ihre Rechte ein-
zusetzen — es sei nur an die besten Beispiele von
Tessenow, Schneck und Schuster erinnert — so
haben sie kaum eine Nachfolge gefunden. Die Herr-
schaft jener Möbelfabrikanten und Möbelhändler,
die glaubten, dem Publikum am besten zu dienen,
wenn sie ihm ein Mobiliar in schwülstigen Formen
des neuen Reichtums oder (bestenfalls) Stilkopien
anboten, hat eine Verwilderung des Geschmacks er-
zeugt, die nur mit großer Mühe zu bekämpfen ist.
Nur in einem Punkte hatten diese Händler und
Fabrikanten (von rühmlichen Ausnahmen ist hier
nicht die Rede) recht: das Publikum hat nun einmal
das Bedürfnis nach Geltung und Darstellung. Die
Reformatoren glaubten seinerzeit, dieses Repräsen-
tationsbedürfnis vernachlässigen und ausrotten zu
können. Daher die Predigten gegen die »Gute Stube«.
Die Hausfrau liebt aber nun einmal ihre Wohnung,
sie hegt und pflegt sie, wie ein geliebtes Kind. Man
trifft heute in Kleinwohnungen allenthalben bürger-
liche Einrichtungen, in denen Schlaf- und Wohn-
zimmer zusammengezogen und für den Empfang
hergerichtet sind. Um wieviel mehr gilt aber der
Gedanke der Repräsentation in dem Heim des wohl-
habenden oder hochgestellten Mannes! Und schließ-
lich ist der Wohnbedarf einer Oberschicht zu be-
friedigen, für die Repräsentation zur Pflicht wird.
Das Bedürfnis solcher Raumgestaltung ist nach-
gewiesen. Wenn anderseits leistungsfähige Firmen
den Wunsch äußern, die Bahn der bequemen Stil-
nachahmung zu verlassen und solchem Repräsen-
tationsbedürfnis in vornehmen Raumgestaltungen
1936. XII. 1