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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 49.1933-1934

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Hofmann, Franz: Josef Nicklas
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https://doi.org/10.11588/diglit.16481#0033

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Josef Nicklas. Ruhender Hirte

Steppes und von Josef Nicklas mit der Albrecht
Dürers zu vergleichen und so das graphologische
Dokument ihrer inneren Wesensverwandtschaft mit
heranzuziehen.

In gegenständlicher Hinsicht bevorzugt Josef Nick-
las das Motiv des Hirten und seiner Herde. Es liegt
das in seinem Gemeinschaftsgefühl mit den Vor-
fahren verankert. In bezug auf den künstlerischen
Stil ist es nicht von Belang und erschwert nicht
eine vergleichende Betrachtung mit Albrecht Dürer,
der der Zeit gemäß religiöse Motive gestaltete. Bei
beiden ist einerseits das Gotische anzutreffen, die
Verflechtung der Linien und ihr höchst ausdrucks-
volles Eigenleben, und andrerseits das Streben nach
der Klarheit der Gestalt durch ihre Loslösung und
Herauskristallisierung. Bei Dürer war dies Letztere

das große Erlebnis der Benaissance und etwas voll-
kommen Neues, das ihn gewaltsam erfaßte. Er hat
als erster die große Synthese zwischen Gotik und
Klassik in Deutschland vollzogen. Noch oft be-
wegte dieser stilgeschichtliche Vorgang die großen
Geister unseres Volkes. Auch Goethe, der Bewun-
derer des Straßburger Münsters, kämpfte in seiner
Art um die Klarheit der Gestalt, und bei den Bo-
mantikern kreiste die Entwicklung um dieselben
Pole. Es ist nun interessant, wie bei Josef Nicklas
etwas Ähnliches wiederkehrt. Es mußte bei ihm als
Kind einer andern Zeit mit innerer Notwendigkeit
eine andere Färbung annehmen. Die Klarheit der
Gestalt konnte sich, ein gefestigtes Allgemeingut
geworden, zur Monumentalität verdichten. Er weiß
ihr eine ausdrucksvolle Schlichtheit und Eindring-

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