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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Hellwag, Fritz: Ostpreußische Landschaft von Alfred Partikel
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0024

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Alfred Partikel. Tauschnee

Ostpreußische Landschaft von Alfred Partikel. Von Fritz Heilwag

Die Harmonien, in denen Partikel die so stark mit
Sehnsucht erfüllte ostpreußische Landschaft ausklin-
gen läßt, sind bemerkenswert. Weit sind die Räume,
tief ist die Ferne, die das Auge durchmessen soll; und
hat es, selten in direkter Führung, meist aber über
vielerlei schichtende Querteilungen der Fläche hin-
weg, die Horizontlinie erreicht, dann wird es empor-
gehoben an einen hoch sich wölbenden Himmel.
Immer ist es der Aufbau der Lüfte und Wolken, der
mit der unendlichen Ausbreitung der Ebene sich aus-
einandersetzen muß und dieses Gegeneinander end-
lich doch zum versöhnlichen Ausklang bringt. Die
Bewohner jener in so großen Maßen gedehnten Land-
schaft, so möchte man denken, müßten besonders ge-
fühlsstark sein, um solches Erleben täglich zu ertra-
gen. Aber Goethe hat wohl recht, daß die Menschen
im allgemeinen nicht so sensibel seien, sondern im
ganzen nur eben kräftig vor sich hinleben, ohne den
äußeren Eindrücken so viele Gewalt einzuräumen:
die Einwirkung geschehe wohl auf eine unbewußtere
Weise. Dem Künstler aber, der darauf zu antworten
verstellt, sind wir dankbar, daß er uns die Natur in
der Spannung ihrer Kräfte nachfühlen läßt.
Die Bilder Partikels sind in malerischem Sinn eine
Zwiesprache zwischen Himmel und Erde. Hierfür
geben die Jahreszeiten den Ton an, und man könnte

schon nach dem Ausdruck seiner Horizonte und Luft -
bildungen auf das klimatische Gewand schließen, in
das die Landschaft der Ebene gekleidet ist. Stellt am
düsteren Himmel, scheinbar ganz unbeweglich, die
kälteschwere Atmosphäre, dann huschen graue Schat-
ten über die leichtgewölbten Schneefelder hinein in
die düsteren Kiefernwälder. — Einige Monate später
hängt eine Sonnenscheibe hinter der Nebelwand, aber
sie hat noch keine größere Kraft, als um sich herum
jene typischen Märzenkreise zu bilden, die in erwei-
terter Peripherie zu undeutlichen Ringen verblassen:
und doch beginnt auf der ahnungsvollen Erde bereits
die Schneeschmelze, und überquellendes Wasser brei-
tet sich auf dem brüchigen Eise der Seen aus. — Das
spätere Frühjahr bringt schon hellere Tage, ein all-
gemeines Leuchten hinter den Wolken kündet den
baldigen Durchbruch der Maiensonne, die alle über-
schwemmten Wiesen am Flußufer trocknen wird, wo
die Gräser sich schon leise emporrecken. — Bleigraue
Gewitterstimmung am hohen Sommerhimmel, wo
die aufsteigende Hitze sich ballt.

Dies und anderes erleben wir auf Partikels Bildern.
Was der Künstler wollte, hat er ohne großen Aufwand
malerischer Mittel erreicht: ein Loblied auf die Größe
und Schönheit seiner Heimat.

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