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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Sackarndt, Paul: Makarts Porträts und Improvisationen
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Hellwag, Fritz: Meister der Plastik: Ausstellung im Künstlerhaus zu Berlin. Veranstaltet von der Hauptstelle "Bildende Kunst" des Beauftragten des Führers
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0297

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des Augenblicks geraten. Sieht man. wie dies in der
Salzburger Schau möglich, etwa den einen Abundan-
tiaentwürf neben der endgültigen Gestaltung, so
fällt zunächst die weitgehende formale Veränderung
auf, die die erste Bildidee später erfuhr: der Entwurf
enthält in der Anlage nur die linke Gruppe des Ge-
mäldes und im übrigen Szenen, die, teils bäuerlich
und teils höfisch empfunden, den Charakter der heral-
dischen Allegorie noch gar nicht tragen. Man macht
diese Beobachtung bei jeder der ersten Konzeptionen.
Aber die Farbakkorde sind, wie man gleichzeitig be-
merkt, jeweils schon voll angeschlagen und erleiden
hernach kaum mehr eine andere Tönung. Es handelte
sich bei diesen ersten Skizzen also wesentlich um die
Gewinnung und Festhaltung der visionär gewonne-
nen Farbharmonien: alles Figürliche bleibt in der
Zeichnung noch angedeutet, nur koloristischer Wert.,
und die Komposition des Bildganzen strebt erst auf
wenige beherrschende Linienzüge hin. Wenn man
bedenkt, mit welch unglaubwürdiger Schnelligkeit
hernach sogar die detaillierten Ausführungen auf
größter Fläche entstanden, so müssen diese Vorent-
würfe schon in Minuten geschaffen sein, — und doch
sprüht gerade aus ihnen ein so blendendes malerisches
Leben, spricht aus jedem breit hingesetzten Fleck und
jeder flüchtigen Lichtkombination eine derartige
Sicherheit und Fülle der Eingebung, daß sich aus
diesen „kleinen" Lbungen, und nur aus ihnen, das

überragende Können Makarts viel deutlicher ablesen
läßt als aus den repräsentativen Ausführungen, deren
stoffliche Bedeutung uns fremd bleibt. Hier in den
Ölskizzen fehlt diese peinliche Repräsentanz noch, sie
sind nichts als reine, künstlerisch hinreißende Ma-
lerei. Wenn der Entwurf im Affekt der ersten Mate-
rialisierung stecken blieb wie beim „Einzug Karls V."
oder als gezeichnete Skizze nicht über die Hälfte des
Farbansatzes gedieh wie bei der „Jagd der Diana", so
fesselt das Temperament der Handschrift wiederum
ungleich stärker als vor der unpersönlich gewordenen
Glätte der fertigen Prunkbilder. Wo Makart noch
konventionslos, buchstäblich aus erster Hand sein
Eigenstes in so weit durchgearbeiteten Skizzen gibt
wie jener „Siesta", dem „Ruheplatz" oder dem „Kon-
zert", dort bieten sich einer unvoreingenommenen Be-
trachtung in der gedrängten Sinfonik des Aufbaus,
im dynamischen Spiel der Juwelenfarben und in der
unbändigen Frische der Improvisation Meisterstücke,
deren Wert zu begreifen merkwürdigerweise erst der
Gegenwart vorbehalten blieb. Vor den Bildnissen
und den Entwürfen des Koloristen und Visionärs er-
steht vor dem heutigen Auge der Maler Makart neu:
kein Renaissancemensch, für den er sich vielleicht
hielt, sondern ein Neulanderoberer aus den Gründen
des ostmärkischen Barocks, dessen unbewußte oder
provisorische Leistungen die wurden, die blieben.

Meister der Plastik. Von Fritz Hellwag

Ausstellung im Künstlerhaus zu Berlin. Veranstaltet von der Hauptstelle „Bildende Kunst" des Beauftragten des Führers

Diese Ausstellung forderte und fand besondere Teil-
nahme, weil sie, Grundsätzliches erklärend, Künftiges
mit Vorhandenem verknüpfte.

Fritz Klinisch, Georg Kolbe, Richard Scheibe. Josef
Wackerle und Karl Albiker wurden als Künstlerper-
sönlichkeiten vorgeführt, die, wie das Vorwort sagte,
„eine Brücke von einer großen Tradition zu einer
großen Zukunft" bilden, „nicht ohne selbst an der
Gegenwart und Zukunft noch stärksten Anteil zu
haben". Ihnen wurden Arno Breker und Josef Thorak
angeschlossen, oder besser: gegenübergestellt, in deren
Werken „in ganz besonders klarer und zukunftwei-
sender Aiisprägung der neue plastische Stil in seiner
Willensrichtung auf das Monumentale und Hero-
ische" sich offenbare. Zum erstenmal trete die deut-
sche Plastik der Architektur mit großartiger Gleich-
berechtigung zur Seite, nicht im Sinne des schmük-
kenden Beiwerks, sondern innerlich von den gleichen
Kräften bedingt.

Man kann ein prophetisches Wort Nietzsches zur
weiteren Erläuterung dieses Gedankens anführen:
„Der Architekt war stets unter der Suggestion der
Macht", in ihm wirkte „der Rausch des großen Wil-
lens, der zur Kunst verlangt". Neben der eigenen
künstlerischen Durchgestaltung des Bauwerks müs-
sen Plastik und Malerei, zu deren Kunst die Archi-

tektur verlangt, im ähnlichen Gesetz gestaltet sein;
sie müssen „innere" Architektur besitzen, und mit
dieser steht der Begriff der Monumentalität in eng-
ster Beziehung.

Ein innerer Rhythmus, der sich von der Architektur
herleitet, muß in besonderem Grade „musikalisch"
empfunden werden, vom Schaffenden und nicht min-
der vom Betrachter seines Werkes. Bei der ersten
Gruppe der genannten Plastiker empfinden wir diese
Musik symphonisch, die zweite steigert sie zur Fan-
fare, um dem Monumentalen und Heroischen näher
zu kommen. Beide erstreben in ihren Werken eine
„seelische Überhöhung des Körperlichen". Jene gehen
ganz vom Seelischen aus und erstreben den Einklang
der Bewegung des Körperlichen mit ihr; diese ver-
stärken oder ersetzen die seelische Kraft durch den
universalen Willen und reißen den Körper fort im
Rausch einer übersportlichen Höchstleistung.
In Georg Kolbe verehren wir den großen Meister ab-
soluter Harmonie des menschlichen Körpers, dessen
innere und äußere Haltung restlos übereinstimmt.
Der Körper gehorcht fast unbewußt einer inneren
Stimme, mit der er in so unbedingtem Kontakt steht,
daß jede Übersteigerung einen Mißklang ergeben,
die Verbindung zerreißen müßte. Es liegt darin
durchaus nichts Unmännliches, obwohl Kolbe beson-

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