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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Blankenburg, Wera von: Kinderbilder von Otto Herbig
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0148

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Otto Herbig. Die Puppenstube

Kinderbilder von Otto Herbig. Von Dr. Wem von Blankenburg

Für Otto Herbig ist die Welt und Seele des Kin-
des das wesentliche künstlerische Erlebnis. In einer
der mittelalterlichen Ergriffenheit verwandten seeli-
schen Einstellung wird das Kind so sehr der bevor-
zugte Inhalt seines gesamten künstlerischen Schaf-
fens, daß man Herbig, wäre sein Name nicht be-
kannt, den Maler der „Welt des Kindes" nennen
müßte. Herbig malt keine Porträts, die kleinen Men-
schen werden uns nicht als „besondere" Knaben oder
Mädchen in irgendeiner für den großen Augenblick
des Gemaltwerdens mehr oder weniger geschickt ge-
wählten Situation vorgestellt, sondern wir sehen die
Kinder stets inmitten ihrer eigensten Welt, die zu-
gleich künstlerischer Ausdrucksträger ihres wirk-
lichen überpersönlichen Wesens wird, das allen Kin-
dern zu allen Zeiten gemeinsam ist und sie erst
eigentlich zu Kindern werden läßt. Herbig sieht alle
Dinge der Welt mit einer großen starken Empfin-
dung, seine Bilder sind Ausdruck tiefer Gemütserleb-
nisse, alles, was er sagt, ist beseelt. Aus dieser ge-
fühlsbetonten Weltanschauung heraus gestaltet er

auch das nur der Empfindung zugängliche Leben
der Kinder, ihre großen Freuden und kleinen Lei-
den, und immer wieder das Spiel der Kinder, das in
der Vielseitigkeit seines Einfalls oft schöpferische
Impulse zeigt, die das Kind dem Reichtum seiner nie
versiegenden Phantasie verdankt und wodurch es
dem Wesen des Künstlers als solchem verwandt ist
und deshalb wird das kindliche Spiel für Herbig nicht
umsonst immer wieder zum neuen Thema, an dem
er jedesmal nun seinerseits seine eigene Gestaltungs-
kraft erprobt. Er wird zum Maler der imaginären
Situation, zum Schöpfer dieser entzückenden Bilder
zwischen Traum und Wirklichkeit der gemalten
Märchen. Wir sehen die Kinder mit der ganzen nur
ihnen möglichen Hingabe phantastische Häuser und
Burgen bauen, im Bilde zieht der Weihnachtstraum
von Puppen, Engeln, Kerzen und dem Christkind
vorüber, wir sehen sie Drachen steigen lassen, Sol-
daten und Theater spielen oder ihre Bücher bemalen,
wobei die geneigte Haltung des kleinen Köpfchens zu
verstehen gibt, daß das Kind dem Papier, dem es

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