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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Ehl, Heinrich: Deutsche Plastik als deutscher Stil: Zeitgedanken zu einer Hamburger Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0165

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Foto H. Sattler, Altona

Irmgard Kanold. Gisela Küllmer. Bronze

Deutsche Plastik als deutscher Stil. Zeitgedanken zu einer Hamburger Ausstellung

Von Heinrich Ehl

Wie nun in den wesentlich malerisch bestimmten
Perioden des endenden 19. und beginnenden 20. Jahr-
hunderts die Plastik unter dem Gesetz des Zeitgeistes
selbst malerisch geriet, so kann man in der Folge
beobachten, daß die Malerei mit einer neu gewonne-
nen Festigkeit der Form ihrerseits plastischen Grund-
tendenzen nachzustreben beginnt. Die großen
Münchner Ausstellungen der letzten Jahre boten da-
für in Deutschland sprechende Beispiele. Und wie in
Frankreich sich ein Formwandel vollzogen hat, der,
bezeichnend für die Situation, durch Namen von
Bildhauern, nicht mehr von Malern bestimmt wird,
wie sich auch hier die Wendung von Bodin oder gar
Trubetzkoi zu Maillol und Despiau kundgibt, so ist
auch die deutsche Kunst seit längerem auf einem
Wege, der, schon von Hildebrandt gewiesen, entschie-
den zu einer Führung durch die Plastik hinstrebt.

Nach einem von manchen Dissonanzen nicht freien
Stadium der Entwicklung, das jedoch für die Klärung
gewisser künstlerischer Grundfragen nicht durchaus
unfruchtbar geblieben ist, kehrt die europäische
Kunst allgemein seit etwa einem guten Jahrzehnt
wieder zu einem Ausgleich in Haltung und Form zu-
rück, der zugleich durch einen neuen Durchbruch
der plastischen Gesinnung gekennzeichnet ist. Das
geschieht nicht von ungefähr. Wenn Malerei in ihren
letzten Folgerungen die Neigung zur atmosphäri-
schen Auflösung in sich trägt, die in dem von Karl
Lamprecht so überaus treffend als Zeitalter der Beiz-
samkeit genannten Impressionismus sich vollendete,
so gewinnen seitdem die plastischen Ausdrucksmittel
wieder an Schwerkraft. Die Zeit hat wieder ein räum-
liches und körperhaftes Empfinden und Sehen er-
obert.

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