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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Heise, Carl Georg: Gedenktafel für Blüchers erste Heldentat
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0097

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akiion auf flachem Reliefstreifen mit wenigen Figuren so streben, die einheitliche Kampfgesinnung durch die rhyth-
vorzuführen, daß ohne erklärende Worlhilfe beim ersten mische Bewegung der Pferde zur Anschauung zu bringen,
überschauenden Blick der Sinn der Handlung vollkommen Wie sehr aber haben sich seither Geist und Mittel der
überzeugend ins Bewußtsein tritt! künstlerischen Darstellung gewandelt! Bezeichnend ist bei
Über die Einzelheiten der Ausführung ist schwer zu reden Rauch die stärker rundplastische Modellierung und die da-
ohne breiteres Eingehen auf die besondere Technik, die durch mitbedingte Einführung einer zweiten Reliefzone,
hier nur angedeutet werden kann. Die außerordentliche auf der nun eine antikisierende Idealfigur erscheint, das
Flachheit des Reliefs ist bewußtes Kunstmittel, auch dies Nebeneinander also von Wirklichkeit und Allegorie an
den sinnbildlichen Charakter durch einfachste Zeichen- Stelle der Zusammenschau sinnbildlicher Gestaltung. Be-
spräche unterstreichend. Wenn hin und wieder bei mehr zeichnend auch das reichere Beiwerk: die ausführlicher
dekorativen Details — Mähne und Schweif der Pferde, geschilderten Uniformen, der Baum am rechten Rand und
Kennzeichnung der Uniformen — die Darstellung fast gra- daneben der bewundernd aufblickende Knabe. Das erzäh-
phischen Reiz hat, so ist doch, namentlich bei den Köpfen. lende Element ist stärker als der dokumentarische Gehalt,
keineswegs ganz von plastischer Modellierung abgesehen, die plastische Einzelheit freilich von unbezweifelbar reifem
freilich auch hier immer auf typischen Ausdruck, niemals bildnerischem Können.

auf individuelle Charakteristik Bedacht genommen. Be- Bei Rauchs Relief spürt man den Parthenonfries als höchst-
sonders hervorzuheben ist endlich das ungewöhnliche Ge- bewundertes Vorbild, zugleich aber einen heraufdrohen-
schick, aus der Bildfläche herausstrebende Bewegungen den. unkünstlerischen Realismus, wie er dann am Sockel
künstlerisch so zu meistern, daß sie niemals ungebührlich des Denkmals Friedrichs des Großen seine Triumphe feiert,
plastisch vorstoßen und die Relicfebene durchbrechen. Bei Jahn sind Anregungen durch den ägyptischen Relief-
Unwillkürlich lenkt die vergleichende Betrachtung zu den Stil unverkennbar und eine Zurücklenkung zu stark sym-
Meisterwerken klassizistischer Bildhauerkunst zurück, die bolhaltiger Darstellung. Der Wandel des künstlerischen
ähnliche Aufgaben zu Anfang des vorigen Jahrhunderts Stils läßt Schlüsse zu auf die gewandelte geistige Gesamt-
eindrucksvoll bewältigt hat, zur Denkmalplastik von Scha- haltung. Nicht mehr um die Heroisierung des Einzelnen
dow und Rauch. An den Sockeln von Schadows Ziethen handelt es sieh, sondern um ein Denkmal für den Geist
und Rauchs Blücher in Berlin finden sich Gruppen preußi- der Truppe selbst, nicht so sehr um Erinnerung an eine
scher Reiterei. Das hier zum erstenmal in Abbildung vor- bestimmte Waffenlat als um Denkwürdigkeit beispielhafter
geführte Relief vom Blücher-Monument lockt besonders Tapferkeit schlechthin. Im Kleinen das Große, im Einzel-
zur Gegenüberstellung mit der Lübecker Szene. Obgleich nen das Allgemeine, im Künstlerischen das Zukünftige
die militärische Situation eine andere ist, ist doch das ahnend zu erkennen, gibt eine aufmerksameBetrachtung der
Motiv weitgehend ähnlich bis zu den Gesten des Anfeuern- Lübecker Reliefplatte noch mehr Anlaß, als beschreibende
den und des Zurückblickenden. Verwandt ist auch das Be- Worte das fühlbar zu machen vermögen.

Christian Daniel Rauch. Relief vom Socke! des Berliner Blücher-Denkmals

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