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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 55.1939-1940

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Christoffel, Ulrich: Zu einem Wandbild von Hermann Geiseler
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https://doi.org/10.11588/diglit.16488#0177

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Kindern als Sinnbild der Fruchtbarkeit und des Erd-
segens, die die friedliche Arbeit begleiten, entgegen-
gestellt erscheint. Diese beiden Figuren sind gleich-
zeitig thematisch auf die Hauptbilder der Längssei-
ten des Saales und ihren teils kriegerischen, teils idyl-
lischen Inhalt abgestimmt. Das eine dieser sieben
Meter langen und zwei Meter hohen Bilder erinnert
an die Befreiung der Stadt Rheinberg durch Moritz
von Nassau im Jahre 1597, während das andere ar-
beitendes Volk bei Tanz und heiterem Zusammen-
sein in den Lauben darstellt, mit dem rhythmisch be-
wegten Mittelthema kräftiger Tanzgruppen.
Der kriegerische Zug des Nassauers, der wie das fest-
liche Gegenstück auf Grund sorgfältiger zeichne-
rischer Vorstudien für jede einzelne Gestalt und
Gruppe vom Akt bis zum Kostüm und den Waffen
entstanden ist, verbindet in seiner akzentuierten Ein-
heitlichkeit vornehmlich drei hervortretende Episo-
den: die Vorhut mit den Fanfarenbläsern, die Mittel-
gruppe mit dem reitenden Heerführer, der Kanone
und dem am Wege liegenden gefallenen Ritter sowie
die wirkungsvolle Schlußgruppe des Trommlers und
des Bannerträgers, die, da das Bild von links nach
rechts gelesen wird, zuerst ins Auge fällt. Das Aus-
schreiten der Gestalten im Vordergrund gibt den
Takt der Bewegung an, während die Masse der
Helme und Lanzen im Mittelgrund zu der beruhig-

ten Rheinlandschaft hinüberführt. Erst die Farben
aber geben der Komposition den lebendigen Klang,
und durch sie wird auch der malerische Ausgleich
zwischen den inhaltlich gegensätzlichen Haupttafeln
herbeigeführt, so daß der Raum von einer harmoni-
sierten farbigen Atmosphäre erfüllt wird. Braunrote,
graublaue und grünliche Töne von gesättigtem war-
mem Licht wechseln dabei mit dem Hell und Dunkel
des Schimmels, der Fahne und der schwarzen Bü,-
stungen.

Hermann Geiseler, ein Hamburger, war Schüler der
Münchner Akademie, und er ist seither in München
ansässig und tätig geblieben, aber immer haben ihn
Beisen in seine norddeutsche Heimat und nach Hol-
land ans Meer, in die Hafenstädte und zu den grünen
Marschen geführt, die er in seinen Bildern in feucht-
schimmernden Farben festgehalten hat. Die Elemente
seiner Landschaftskunst, eine ursprüngliche Farbig-
keit und ein Verständnis für den bildnerisch dekora-
tiven Umriß der W olken, Dünen und Häuser haben
nun in seinen ersten größern Wandbildern eine Kräf-
tigung erfahren, die durch die Anspannung des Kön-
nens durch die größere Aufgabe bewirkt wurde.
Darin besteht nicht zuletzt der Wert solcher Auf-
träge, daß die Künstler erst zur Schulung, Beherr-
schung und Entfaltung ihrer Anlagen angetrieben
werden.

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