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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 4
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0214

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EVA GONZALES, SPAZIERRITT

AUSGESTELLT IN DER VEREINIGUNG BILDENDER KÜNSTLERINNEN, WIEN

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UNSTAUSSTELLUNGEN

WIEN

Unter dem Titel „Die Kunst der

Frau" hat die vot kurzem gegründete

„Vereinigung bildender Künstlerinnen

Österreichs" in den Räumen der „Se-

cessiun" ihre erste Ausstellung veranstaltet.

Der grosse Mittelsaal ist der retrospektiven Abtei-
lung eingeräumt, die einen gut orientierenden Über-
blick über die Frauenkunst vergangener Jahrhunderte
ermöglicht. Die Veranstalterinnen der Ausstellung, die
für Wien ein mehr gesellschaftliches als künstlerisches
Ereignis ist, griffen in der Zeit weit zurück, und wenn
man auch von der Nürnberger Nonne Margaretha, die
von I4JQ bis 1470 religiöse Bilder malte, Arbeiten
nicht zu sehen bekommt, wird doch von der ein Jahr-
hundert später tätigen Porträtistin Sofonisba Angui-
sciola, der um 1535 in Cremona geborenen, nachmals
spanischen Hofmalerin, ein Selbstbildnis gezeigt, das
man im Hofmuseum, dem es entliehen ist, gewöhn-
lich übersah. Im hohen Alter erblindet, in Genua hau-
send, ist sie in der Kunstgeschichte als mütterliche
Freundin van Dycks genannt. Ihr folgt, zeitlich am
nächsten, Chatharina Sanders van Hemessen, Schülerin
ihres Vaters Jan, eines mittelmässigen Malers und Mit-

gliedes der Sankt Lukasgilde in Antwerpen, mit einem
Madonnenbild. Hieran reihen sich: die Bologneserin
Elisabetha Sirani, eine Nachahmerin Guido Renis, die
Stillebenmalerin Maria van Oosterwyck, die Blumen-
malerin Rachel Ruijseh, die Franz Hals-Schülerin Judith
Leyster und sonst noch viele Malerinnen der verflos-
senen Jahrhunderte aus Holland, Italien, Frankreich,
England und Deutschland. Zu den bemerkenwertesten
Stücken dieser Abteilung gehören die Arbeiten von Ro-
salba Carriera, M. L. E. Vigee le Brun, Adelaide La-
bille de Vertus und Angelika Kauffmann.

Als einziges modernes Werk inmitten der alten
erregt ein Ochsenbild von Rosa Bonheur unsere Auf-
merksamkeit. Unsere Anteilnahme wird nun erwar-
tungsvoller. Unsere Grossmütter, Mütter, Schwestern,
Frauen und Freundinnen mitwirken zu sehen am Werk
der Kunst unserer Zeit, muss begreiflicherweise unsere
Sehbegierde aufs äusserste anreizen. Zuerst rasch, dann
langsamer durchschreiten wir die acht Seitenräume, die
den grossen Mittelsaal einkreisen, achtsam schauend, auf-
nehmend, analysierend. Die Betrachtung einzelnerBilder
erregt ästhetische Lustgefühle, manche der Malereien
schmeicheln dem Auge durch sanfte Farben, anmutige
Formen, durch einen heiteren Lyrismus, andere wieder

.:::■



zo

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