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fahreir hat. Die Methodik der Werkarbeit war und
ist bis heute vielfach nach rein technischen Ge-
sichtspunkten entwickelt. Die sogenannten Lehr-
gänge sind durchweg nichks weiter als ein öder 7lb-
klatsch der Technik der Handwerkerwerkstatt. Wird
die Werkarbeit nach rein technischen Gcsichtspunktcn
erteilt, aus Grund eincs Lehrganges oder gar ekner
Modellreihe, dann versiacht der Unterricht in sich
sclbst. Als Niederschlag des technischen Gedankens
der Gegenwartskultur muß das Fach notwendiger-
weiseseinemethodischeWeiterenkwicklungdurch
die große Mannigfaltigkeit der Formen-
gebung und die daraus hervorgehende ge-
schmackliche Geftaltung erfahren. Als Bil-
dungsfach hat die Werkarbett lediglkch die ihr knne-
wohnende Kulturaufgabe zu erfüllen. Nur so hat
die Werkarbeit als Unterrichtsfach Berechtkgung.
Erfolgte die Eingliederung, nur um dke manuelle
Fertigkeit zu bilden, um eine ,ganz nützliche
Spielerei" zu betreiben, würde das Fach ein Fremd-
korper fein, ohne Lebenskeim. Der technisch aus-
geklügelte Äufbau in einem Lebrgange schlagt die
künstlerische Gestaltung tot. Ein Kasten, eine Mappe,
ein Leuchter aus Bandeisen können in ihrem Zu-
sammenbau zur „Unterstufe" gehören, können
jedoch nach Formengebung und Schmuckge-
staltung ^Oberftusenarbekt" sein, können so
dem älteren Schüler eine schätzenswerte Aufgabe
bieten. Handwerker- und Schülerwerkstatt sind so-
wohl nach ihrem 2nhalt als auch in ihrer tech-
nischen Gestaltung durchaus verschieden. Dkese me-
thodische Entwicklung der Werkarbeit kann
gar nicht scharf genug hervorgehoben werden. Nur
so können wir loskommen von dem Kitsch, der uns
immer wieder begegnet. Wir arbeiten also nicht
ein oder zwei Kästen, ein oder zwei Bilderrahmen,
wir arbeiten vielmehr den Typ Holzkaften, den
Typ Pappkasten, den Typ Bilderrahmen
usf. Wir sind eknfach, wenn auch werkgerecht kn
der Technik, wkr sind vkelfältig in der Form-
und Schmuckgestaltung. 2n diesem Sinne kft
ekn vollwertiger Unterricht mögllch, auch wenn die
Ausstattung bedeutend einsacher ist als früher, wo
es notwendig erschien, daß jeder Schüler seine Hobel-
bank hatte. Damit aber ist dke Möglkchkelt
gegeben, in dieser Zeit wirtschaftlicher Mot
mit verhältnismäßkg geringen Kosten Werk-
stätten einzurichken.
Das Schasfen in der Schülerwerkstatt sei ekn
freies. Es isk an keine Norm gebunden. Dkeser
Sah gilt besonders für die Oberstufe. Nachdem
wir Ziel und Methode der Werkarbeit gekennzeich-
net haben, ist cs ohne Weiteres klar, daß sie sowohl
in ihrem Vermlttlungsinhalt als auch in ihrer tech-
nischen Gestaltung eigne Wegc gehen muß, daß
sie sich grundsätzlich nach beiden Richtungen von der
Handwerkerlehrwerkstatt unterscheidet. Umfang und
Art der Technik werden noch klarer, wenn wir den
Formenlnhalt schärfer umgrenzen. Ncben dem Klein-
gerät in Haus und Hos arbeiten wkr Spielsachen
und Spiele, bauen Modelle, suchen bkologiscke, phy-
sikalisch-mathematische Lehraufgaben durch räumliche
Darstellung zu lösen. Graphische Darftellungsver-
fahren möchte ich dem Zeichen- bzw. dem Kunst-
unterricht zuweisen. Damit haben wir die Berührung
mit anderen Unterrichtsgebieten. Diese Durchdringung
wkrd am stärksten in Erscheinung treten beim „Linear-
zekchnen", das als Werkzekchnen dte richtkge Ein-
ftellüng erfährt. Entkleidel von allem wissenschaft-
lkchen Beiwerk, das in das mathematische Zekchnen
oder in die Fachschulen gehört, gewährt das Werk-
zeichnen kn lebendkger Verbindung mkt der Werk-
arbeit eknen Einblick in den Aufbau der Fläche und
des Naumes an den Dkngen der Wirklichkeit. Wo
eine Technik bodenständkg ist, z. B. Keramik oder
Drechslerei, soll sie im Sinne der Heimatpsiege im
Vordergrund der Werkstattpflege stehen. Sonst be-
schränken wir uns grundsätzlkch auf die Verarbeitung
der drei Grundstosfe, dke unserm Erwerbsleben kn
Technik und Handwerk das Gepräge geben: Holz,
Metall, Papier-Pappe. Es kst falsch, knnerhalb der
Holz-, Metall- und Pappgestaltung einen Unterschied
nach dem Grade der Schwierigkeit ihrer Technik zu
machen. Elne Gliederung, nach der man mit Papp-
arbeit beginnen, dann Holz- und Metallarbeit folgen
lassen müffe, ift eine recht äußerliche und oberfläch-
liche. So kann der Bildungswert der Papparbeit
durch Berekcherung des 2nhalts, im Streben zum
Wohllaut von Form und Farbe ekne Steigerung
erfahren, die hohe Ansprüche auch an dke technische
Geschicklichkeit stellt.*) Es ist durchaus notwendkg,
daß der Schüler fortlaufend, 2 bis Z Iahre in einer
„Techmk" arbeitet. Der Ausbau darf nicht nachein-
ander, er muß vielmehr innerhalb der einzelnen
Techniken zum Ausdruck kommen. 2n der Holz-
arbeit soll mit der einfachstcn Form der Technik
begonnen wcrden. Wir verwenden nur gehobeltes
Holz, das von Länge und Breite geschnitten, im
Winkel bestoßen, bei der Herstellung von Naum-
gebilden durch Lekm und Bagel, durch Leim und
Schraube stumpf gefügt wird. Zigarrenkistenholz
läßt sich lekcht mkt dem Meffer schneiden und spalten,
auf Sandpapier laffen sich dke Kanten sauber schleifen.
Es läßt stch aber auch leicht verleimen in 2 oder
noch beffer in 8 Scbi'chten. Wir haben dann in
solch abgesperrtcm Holz ein vorzügliches Matenal
*) 2lr. 7/8 1921, Die Arbeitsschule: „Der Pappkasten"
vom Verfaffer.
fahreir hat. Die Methodik der Werkarbeit war und
ist bis heute vielfach nach rein technischen Ge-
sichtspunkten entwickelt. Die sogenannten Lehr-
gänge sind durchweg nichks weiter als ein öder 7lb-
klatsch der Technik der Handwerkerwerkstatt. Wird
die Werkarbeit nach rein technischen Gcsichtspunktcn
erteilt, aus Grund eincs Lehrganges oder gar ekner
Modellreihe, dann versiacht der Unterricht in sich
sclbst. Als Niederschlag des technischen Gedankens
der Gegenwartskultur muß das Fach notwendiger-
weiseseinemethodischeWeiterenkwicklungdurch
die große Mannigfaltigkeit der Formen-
gebung und die daraus hervorgehende ge-
schmackliche Geftaltung erfahren. Als Bil-
dungsfach hat die Werkarbett lediglkch die ihr knne-
wohnende Kulturaufgabe zu erfüllen. Nur so hat
die Werkarbeit als Unterrichtsfach Berechtkgung.
Erfolgte die Eingliederung, nur um dke manuelle
Fertigkeit zu bilden, um eine ,ganz nützliche
Spielerei" zu betreiben, würde das Fach ein Fremd-
korper fein, ohne Lebenskeim. Der technisch aus-
geklügelte Äufbau in einem Lebrgange schlagt die
künstlerische Gestaltung tot. Ein Kasten, eine Mappe,
ein Leuchter aus Bandeisen können in ihrem Zu-
sammenbau zur „Unterstufe" gehören, können
jedoch nach Formengebung und Schmuckge-
staltung ^Oberftusenarbekt" sein, können so
dem älteren Schüler eine schätzenswerte Aufgabe
bieten. Handwerker- und Schülerwerkstatt sind so-
wohl nach ihrem 2nhalt als auch in ihrer tech-
nischen Gestaltung durchaus verschieden. Dkese me-
thodische Entwicklung der Werkarbeit kann
gar nicht scharf genug hervorgehoben werden. Nur
so können wir loskommen von dem Kitsch, der uns
immer wieder begegnet. Wir arbeiten also nicht
ein oder zwei Kästen, ein oder zwei Bilderrahmen,
wir arbeiten vielmehr den Typ Holzkaften, den
Typ Pappkasten, den Typ Bilderrahmen
usf. Wir sind eknfach, wenn auch werkgerecht kn
der Technik, wkr sind vkelfältig in der Form-
und Schmuckgestaltung. 2n diesem Sinne kft
ekn vollwertiger Unterricht mögllch, auch wenn die
Ausstattung bedeutend einsacher ist als früher, wo
es notwendig erschien, daß jeder Schüler seine Hobel-
bank hatte. Damit aber ist dke Möglkchkelt
gegeben, in dieser Zeit wirtschaftlicher Mot
mit verhältnismäßkg geringen Kosten Werk-
stätten einzurichken.
Das Schasfen in der Schülerwerkstatt sei ekn
freies. Es isk an keine Norm gebunden. Dkeser
Sah gilt besonders für die Oberstufe. Nachdem
wir Ziel und Methode der Werkarbeit gekennzeich-
net haben, ist cs ohne Weiteres klar, daß sie sowohl
in ihrem Vermlttlungsinhalt als auch in ihrer tech-
nischen Gestaltung eigne Wegc gehen muß, daß
sie sich grundsätzlich nach beiden Richtungen von der
Handwerkerlehrwerkstatt unterscheidet. Umfang und
Art der Technik werden noch klarer, wenn wir den
Formenlnhalt schärfer umgrenzen. Ncben dem Klein-
gerät in Haus und Hos arbeiten wkr Spielsachen
und Spiele, bauen Modelle, suchen bkologiscke, phy-
sikalisch-mathematische Lehraufgaben durch räumliche
Darstellung zu lösen. Graphische Darftellungsver-
fahren möchte ich dem Zeichen- bzw. dem Kunst-
unterricht zuweisen. Damit haben wir die Berührung
mit anderen Unterrichtsgebieten. Diese Durchdringung
wkrd am stärksten in Erscheinung treten beim „Linear-
zekchnen", das als Werkzekchnen dte richtkge Ein-
ftellüng erfährt. Entkleidel von allem wissenschaft-
lkchen Beiwerk, das in das mathematische Zekchnen
oder in die Fachschulen gehört, gewährt das Werk-
zeichnen kn lebendkger Verbindung mkt der Werk-
arbeit eknen Einblick in den Aufbau der Fläche und
des Naumes an den Dkngen der Wirklichkeit. Wo
eine Technik bodenständkg ist, z. B. Keramik oder
Drechslerei, soll sie im Sinne der Heimatpsiege im
Vordergrund der Werkstattpflege stehen. Sonst be-
schränken wir uns grundsätzlkch auf die Verarbeitung
der drei Grundstosfe, dke unserm Erwerbsleben kn
Technik und Handwerk das Gepräge geben: Holz,
Metall, Papier-Pappe. Es kst falsch, knnerhalb der
Holz-, Metall- und Pappgestaltung einen Unterschied
nach dem Grade der Schwierigkeit ihrer Technik zu
machen. Elne Gliederung, nach der man mit Papp-
arbeit beginnen, dann Holz- und Metallarbeit folgen
lassen müffe, ift eine recht äußerliche und oberfläch-
liche. So kann der Bildungswert der Papparbeit
durch Berekcherung des 2nhalts, im Streben zum
Wohllaut von Form und Farbe ekne Steigerung
erfahren, die hohe Ansprüche auch an dke technische
Geschicklichkeit stellt.*) Es ist durchaus notwendkg,
daß der Schüler fortlaufend, 2 bis Z Iahre in einer
„Techmk" arbeitet. Der Ausbau darf nicht nachein-
ander, er muß vielmehr innerhalb der einzelnen
Techniken zum Ausdruck kommen. 2n der Holz-
arbeit soll mit der einfachstcn Form der Technik
begonnen wcrden. Wir verwenden nur gehobeltes
Holz, das von Länge und Breite geschnitten, im
Winkel bestoßen, bei der Herstellung von Naum-
gebilden durch Lekm und Bagel, durch Leim und
Schraube stumpf gefügt wird. Zigarrenkistenholz
läßt sich lekcht mkt dem Meffer schneiden und spalten,
auf Sandpapier laffen sich dke Kanten sauber schleifen.
Es läßt stch aber auch leicht verleimen in 2 oder
noch beffer in 8 Scbi'chten. Wir haben dann in
solch abgesperrtcm Holz ein vorzügliches Matenal
*) 2lr. 7/8 1921, Die Arbeitsschule: „Der Pappkasten"
vom Verfaffer.