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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 1 (Januar 1924)
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Stiehler, Georg: Unsere Einstellung zur Reform der höheren Schulen und der Lehrerbildung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0008

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Ansere Einstellung zur Nesorm der höheren Schulen und der

Lehrerbildung

G. Siiehlcr (Lcipzig).

Troh wirtschastlicher Nöte, Bcamlenaöbau, Sen-
irung der Gehälker, Erhöhung der Pflichkstundcnzahl
ist dcr ideale Schwung der deuischen Lehrerschast
slärker ols je. Man suchk den ncucn Zcitsorderun-
gcn gerechk zu werden Lurch eine Ncugliedcrung der
höheren und Dolksschule; man crskrebk für dcn künf-
ligen Lehrer an Volks- und höhcren Schulen eine
skärkere pädagogisch-jugcndkundlichc Einslcllung.

Mit Schlagworten wcrdcn dic zwei wichkigen
Fragsn nicht gelöst, etwa Produktionsschule, volle
Selbstverwaltung nur vom Kinde auS in freicr Sclbst-
wahl, Einheik des LehrcrslandeS durch eine gleichc
Bildung. Das Lcben fordert zwar Einhciklichkeit,
setzt aber vorauS pslcgliche Vchandlung dcr Viel-
gestalkigkcit unter Nücksicht auf die zu erstrebcnde
Volksgemeinschafk. Einheit bedeukct nicht gleiche
Form, aber gleichwertige Zwcckform.

Auch für unS ist einc Besinnung über den Rah-
men unserer bcsonderen LebenSaufgabe und Lebens-
einskellung hinauS nokwendig, damik wir nichk er-
liegen den Worten ideologischer, wirklichkcikSfrcm-
der Schwärmer, die unbekümmert um nüchkerne Vcr-
wirklichung der Idcen Freiheit und volle Lösung
von der Kullurenkwicklung predigen, abcr auch nicht
erliegen den besonderen wirtschafklichen und bcruf-
lichen Fragen. Wir werdcn niemals aufgeben un-
seren Kampf um Recht, um Bcseikigung von Härken
und unwürdiger Behandlung, abcr die großcn Li-
nien im Zeikgeschehen müssen wir Lber diese Be-
rufs- und Skandessragen hinaus steks zu erkennen
suchen.

ES will in der höheren Schule ein Neues sich ge-
skalten, getragen nichk nur von einem kleincn Trupp
enkschicdener Resormer, sondern erstrebt von dcr ge-
samten Lehrerschaft.

Wir stellen da zunächst m!t Bedaucrn sest, dah eS
in Deutschland kelnen einheitlich or-
ganisierken Lehrerskand an den höhe-
ren Schulen gibk. Auch jeht noch nicht! —

Der Deuksche Philologenvercin hak zwar die öster-
rcichischen Lehrer an höheren Schulcn ohne Anker-
schied aufgenommcn in seinen Verband, in Deutsch-
land selbst aber ist bczcichnendcrwcise ein Teil der
an höheren Schulen mikwirkcnden Lehrer nicht im
Deukschen Philologenvcrein vcrkrckcn. Wir bie -
ken uns nichk an, aber wir skcllen fest,
daß von einer ein heiklichen, gemein-
samen Erzieherarbeik an den höheren
Schulen Deukschlands nicht gesprochen
werden kann.

Dic vom Philologenverein verkretenc Fordcrung
einer einhcitlichen ErziehungSarbeik an dcr höhcren
Schule, der sikklichen, wissenschafklichcn und künstle-
rischen Bildung deS wcrdcndcn Mcnschcn, der
schöpfcrischcn Arbeit im Dicnstc dcr Gemeinschask
und deS Einbaus in die Kulturlage, bleibt nur
Forderung, solange die Erzicher in gleichem
Hausc, an gleichcn Schülcrn, mit glcichcr Erziehungs-
aufgabe, unvcrstanden odcr gar als vcrschicdcn zu

werkende Erzichcrgruppen nebeneinandcr hcrgchen.
Die VolkSschule kcnni eincn solchen unhallbaren
Zustand nicht, allc Lehrer und Lchrerinnen, auch
solchc, dic in besonderen Fächern käkig sind, sind
vollbercchkigle Mikglieder dcs Deutschen Lehrerver-
eins, unbcschadct um künfkige Fragen der Lehrer-
ausbildung. Nach wic vor ist die hochmükige und
sachlich unhaltbare Trennung in Voljakademiker,
Halbakadcmikcr oder gar Nichkakademiker eine un-
übcrskciabarc Schranke für gemeinsamc ernsihaske
Erziehcrarbcit. Die Rcgierung hat die Schrankc
nicht bcseikigk, sondern in einzclncn Glicdstaokcn noch
überhöhk, indcm sic dic wissenschaftliche Erzicher-
arbeit gcrechk einwerketc, die künsklerische aber auf-
fallend unkcrwerkete und durch Vertreker des Reichs-
finanzminislcriumS zum Teil höhnisch, alS bclanglos
an höchsker Skclle dcr Rechtsprcchung darstcllcn ließ
und im grötzkcn Glicdstaak Prcußen geradezu eine
babylonische Verwirrung in der Klassifizierung von
Zeichenlehrern durch die ncue Prüfungsordnung
<§ 2V) und durch das sogenanntc Prüfungsamk ge-
schaffen hat. —

Es ist nokwendig, auf alle diese unhaltbaren
Zustände immer wiedcr nachdrücklich
hinzuweiscn, damit wir dann den Blick frei
bekommcn für die Forderungen dcS TageS. —

Wir trctcn mit dcr gesamken Lehrcrschafk an
höheren Schulcn dafür ein, daß auf der Erundschule
die höhcre Schulc so aufgebaut wird, daß der An-
kerbau der höheren Schule gcmeinsam ist; Nei-
gung, Anlage, KLnftige Berufsein-
stellung sollen erst nach dem 7. bzw. 9. Schul-
jahre enkschcidcn, wclcher Schulark oder welcher Ab-
teilung einer bestimmken höheren Schule der Schüler
zuzuweisen isk.

Die wissenschaftliche vder KLnskle-
risch-praktische Etruktur deS Schülcrs ist also
ousschlaggebend.

Kern und Kurse, das ist die Lösung!

Somit wird der gemeinsame Unkerbau d!e Be-
gabungslage seststellcn, der unkcrschicdliche Oberbau
roird das Bildungsgut auf verschiedenem Wege be-
handeln.

Das BildungSziel: Enkwicklung dcr Kräfke,
Einbau in dic Kulturgemcinschast, dcs WcrdenS der
Deukschen Volksgemcinschafk und dcr Bezichung zu
Frcmdkulkuren blcibt trotz vcrschicdcncr Lehrplan-
skrukkur daS glcichc. —

Allcn gcmeinsam muß scin dic Pflcge der
Ausdruckskräfke, der Gcstalkung durch
Wort, Zeichen und Wcrk aus allen Sku-
f e n. Der Lchrer deS Unkerbaucs muß Weg und
Ziel deS ObcrbaueS genau kcnncn und umgekchrt
muß der Lehrcr dcr höhcren Schule auch die Arbeit
der vorauSgchcndcn Grundschule in seinem Wescn
kenncn, der w i s s e n s ch a f k l i ch wie künsk-
lerisch wirkendc Lchrer.

Zu diescm Zweck wird neucrdingS die Frage
der Lehrcrbildung alS cine cinheiiliche
 
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