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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 4 (Juli 1924)
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Dülberg, Franz: Schöpferisches Zeichnen in der Schule: zur Ausstellung im hessischen Landesmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0093

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228

Schöpferisches Zeichnen in der Schule

Hur AossScllurra lm Aesfischen Londcsmuscvm.

' on Prose!!or D ul b c r j

rg, b,afiet"

Die „Beiliner Sezession^ hak das außerordenkliche
s Berdienst, durch ihre Aussiellung „Kind und Kunsk"
! im Zahre 19Ü1 zum erslen Male weike Kreise Deuksch-
lands auf die bildncrisch-schöpferischcn Kräfte des

Abbild, L

ScherenschnitL. Oberrealschule Heidenheim (Zeichenl. Leuze)

Kindes aufmerksam gemachk, und eine Erörkerung
Lber die schulmStzige Förderung des klndlichen
Schaffensdranges, ihre Einordnung in den Zeichen-
unkcrrichk und über eine Reform dieses Unkerrichks-
zweiges Lberhaupt eröffnet zu haben, die, so wcnig
fle heute als abgeschlossen gelten darf, * ** do'ch zu einer
enkschiedenen Entwicklung einer bis dahin unter dem
Druck von Paragraphen und Lehrplänen erstarrten
Makerie geführt hat. Seik dieser ersten Ausstellung
ist nun fask ein Vierkeljahrhunderk vergangen, und
es wäre ungerechk, wollte man nicht allen Dank
wissen, die sich um die Weikerenkwicklung des
Zeichenunkerrichks bemühk haben und noch bemühen,
allen, auch wenn die Meisten durch das konsequenie
Verfolgen enkschiedener Irrwege nur rvarnende, uns
nicht eigentlich produkkive Beispiele gegeben haben.
Wie jede pädagogische Reform, ja, jede Erziehungs-
arbeit überhaupk, zeigt auch die Reform des Zeichen-
unkerrichkes Gefahren, dercn Auswirkung auf die
Iugend nichk unkerschähk werden darf. Es wSre
aber verweichlichende Rcsignakion, wollte man, zumal
kn der gSrenden Zeit des Heuke, die sichere Lckl-argie
dem aus lebendigen Wirken mit Nokwendigkeit fich
ergcbenden Konflikk vorziehen, wollke man nicht allen
parken pSdagogischen Bestrebungen volle Möglich-
keit des Experimenkes, der möglichst weikgehenden

* Äbcr dicse AuSstcllung, die die Ziele und Wegs dcs Zeichen-
und KunIiunterrichtS klärcn will, ging uns diescr Bcricht aus
dcm Lasseler Tageblatt zu, der wertvolle Sedanken enthält,
stch aber lcidcr nicht frci hält von unangcbrachtcn und unge-
rcchtsertigten Angrissen auf die Zeichenlchrerschait. Wir bedauera
das, weil dic Sachc, die uns sehr am Herzcn licgt, dadurch ge.
trübt wcrdcn kaun. Im nächstcn heft hostcn wir aus die Aus-
stellung zurückkommen zu können.

** tzicr irrt dcr Dcrsafler. Schon I8SS fand eine solche Aus-
ftellung tn dcr Kunsthalle in tzamburg statt, die der seit 1887 bc-
aonnencn Resorm deS ZcichcnuntcrrichtS ncuen starken und ent-
schetdcndcn Antricb gab. Di« Schristltg.

prakkischen Erprobung geben. Denrr das tiefste
Wirkungsmomenk jeder Erziehung, jeder Bildung
hcihk Neibung, und, wenn die Wundc gesShrlicher
ist, die eine stumpfe Klinge schlug. als der Schnikt
eines scharfcn Messers, so scheint mir die heuiige
Iugcnd, in deren Erziehung sich zugespitzke Proble-
matik ouswirkk, beflcr daran, als wir, denen die
lalenke Skumpsheit der Schule oft unheilbore Wunden
schlug.

Wenn auch olle pädagogischen Beskrebungen der
neueren Zeit, wie fle von England, Amerika, Skan-
dinavien, Frankreich, Italien und der Schweiz aus-
gegangen sind, in der Theorie ivgendwo auf I. I.
Rousseau futzen, wenn sie auch alle das Recht des
Kindes, den Rcspekt vor dem Menschen im Kinde in
den Bordcrgrund slellen, so weiH doch, wcr flch ein-
gehend und prakkisch mit PSdagogik beschäftigt hat,
daß zumal im Lande der Ideologen, in Deutschland,
die Stakionen sehr wesenklich voneinander verschie-
den sind, zu denen die gemeinsam ausgehenden Wege
heuke geführt haben, und daß das Uebersteigern der
Systemaiik um dcs Systems willen an vielen
Stellen schon wieder eine lebensfremde Theorie ge-
zeikigt hat, die dem Grundgedanken der Reform
seindlicher gegenüber zu stehen schelnk, als der ge-
meinsam bekSmpfte Gegner veralketer Tradition.
Die peinlichsken Begleiterscheinungen moderner
„Geistigkeit", Zniellektualismus, SenkimenkalikSk und
Diletkaniismus geben sich in der hcutigen forkschritk-
lichen pädagogischen- Praxis ein warnendes Stelldich-
ein, und man kann sich manchmal des Eindruckes
nicht erwehren, als sei das Kind bek allen Auscin-
andersetzungen mik den neu erkannken Möglichkeiten
der Makerie völlig in Bergessenheit geraken, als sei
das uferlose Experimenkieren und ost der ungeeig-
netsten Elemenke wichkiger geworden, als die Erzie-
hung selbsk, als seicn die Kinder nur noch „Bersuchs-
personen" für psychoanalykische Studien der Er-
wachsenen, nichk aber Menschen von Fleisch und Blut,
deren Enkwicklung eine ungeheure Berantworiung
Elkern und Erziehern auferlegt. Die Derwirk.
lichung einer Adee HSngt immer von üer Eignung

Abbild 3

Scherenschnist. oberrealschule heidenheim (Zeichcnl. Lenze)
 
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