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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 5 (September 1924)
DOI Artikel:
Grothmann, Heinrich: Richtlinien für einen Lehrplan des Zeichenunterrichts an den höheren Schulen für die männliche Jugend: Entwurf
DOI Artikel:
Curth, Hermann: Wie ich das Tierzeichnen im Zeichenunterricht betreibe
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0120

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255

W.s-'enschaflliches Zcichnen von NaiurxicHensiänden
und Naiurvorgüngen, planimckrischcs Geländezeichnen
und darstellende Geomeirie sind Aufgabe des wisscn-
schasilichen AnicrrichiS.

2. DaS praklische Linearzeichnen wird ebcnso wle
daS Freihandzeichncn als Fach eines Könnens,
welchrs d!e "geistige Arbeit in hohem Maße in An-
spruch nimmt, nicht aber als ein vorwlegend ungeisti-
ges ,kechnisches" Fach behandelt, dessen Zicl eine
handwerkliche Gcschicklichkeit würe,

3. Es ist eine Haupkaufgabe auch des Unterrichts
im gebundenen Zeichnen, den Schiiler zu einer zweck-
mäßigen geistigen un-d körperlichen Arbeitsweise und
dadurch zu selbständigei Leistungsfähigkeii zu erziehen.
Die Bufgaben müssen aus der Linsicht in den Sach-
verhalt freihändig und meisi aus dem Gedächknis
entwickelt und auch für die Aeinzeichnung frei-
HSndig vorberciket werden. stn vielen Fällen genugen
Skizzen, wenn dadurch der Zweck der Skudien er-
reicht wird. Dcr Gebrauch von Lineal und Zirkel ist
nicht unbedingk charakteristisch für das gebundene
Zeichnen. Alles mechanische Arbeiten, wie verständ-
nisloses Abmessen, vorzeitiaes Verwenden von Lineal
und Zirkel, ist nicht zu dulden.

4. Die Schüler werden angehalten, die zweck-
mäßigste Darstellungsform in dem einzelnen Falle aus
dcm sachlichen Erfordernis herzuleiten. Es ergibt sich
dann, ohne daß Lies geradezu beabsichkigt wird, eine
Darstellung, die sich 'in allem Wesenklichen mit der
Zeichenweise der Techniker usw. deckk, welche dem-
nach der Schüler durch die eigene Arbeit verstehen
lernk.

Es ist praktisch zwecklos, Darstellungsweisen, die
von der Sache nichk gefordert werden, lediglich um
einer geistigen Uebung willen anwenden zu lassen.
So hat beispielsweise die in geometrischer Hinsicht
reizvolle Schattenkonstruktion keinerlei praktischen
Wert. Der Architekk, für den allein sie inbekrachk

kommen könnie, bcobachket dic Beleuchtungserschei-
nungen mik besserem Ersolg durch Freihandzeichnen
vor dcr Natur.

5. D!e Ilebungsstosfe werden, um die Beziehung
des Unterrichts zum Leben herzustellen, dem Gesichts-
und llnteressenkreis der Schüler entnommen.

LinolschnitL

Schülerarbeit der Friedrkch-SEns»Realschule in Stuttgart
(Studiellrat Sinkbeiner)

Wie ich das Tierzeichnen im ZeichenunLerricht betreibe

Bon Hermann Curth, Oberrealschule, Delilzsch b. Lelpzig.

Zch fing damlt on in der Ober-Tertia. Der
Herr, der in der Klasse Biologie unterrichkeke, hatte
tüchtig gesammelt und Aquarien und Terrarien zu-
sammengeftellt, in denen Salamander, ein
Krebs, Frösche und Eidechsen, auch
Schnecken, sich tummelten. Mir kam das sehr ge-
legen; denn ich haike diese Glasbehälier schon längere
Zeit im „Schau-Fenster" auf dem Flur stehen sehen.
3ch bak den detreffcnden Herrn, sic mir auf einige
Zeik zur Berfügung zu stellen. Die Behälter wurden
im Zeichensaal auf elnige leicht verrückbare Tische
gesctzk. Zn Gruppen zu vier bis fünf sehten stch die
Schüler dann um die Tische. Vorher hakte ich, so weit
es ohne Anschauungsmaterial (Skelekte) ging, den
Bou der Tiere einfach erklärt. Aber die Schüler
hakten ja davon genug bei dem Biologie-Lehrer er-
sahren. — Bei diesem zuerst angestellten Tierzeichnen
habe ich allerdings nur die Schüler zugelassen, von
denen ich wußte, dah ste zeichnerisch etwas leisten
würden. Ein sonderbares Bild war es, anzusehen,
wie die langsamen Schnecken in ziemlich großer An-
zad! ununterbrochen an den Glaswänden empor-

krochen, — (dabei konnte man die „Wellenbewegung"
der unkern Weichteile gut beobachten) — oben an den
Rand gelangken, Ler unbedeckk war und dann von
den Schülern mik dcn Bleistiften angelippt wurden,
so daß sie auf den Boden fielen. Nach wenigen Se-
nunden des Schrecks und der Erholung ging die Auf-
wärksbewegung von neuem los.

3n der U n t e r - S c k u n d a habe ich bisher, da
diese Klasse sehr voll ist, außer andern Dingen
präparierte Tiere, Vögel verschiedener Arten,
Eichhörnchen und anderes in verschiedenen Stellun-
gen malen lassen.

Zn der Ober-Sckunda dagezen, die weniger
beseht ist, ließ ich Kaninchen zeichnen, Teckel -
Hund und Kahen, die die Schüler, auch eine
Schlllerin der Klassc, mitbrachten im Korb, Sack,
wie es am bequemsten für sie war. Diese Tiere, die
in einem von einem Primaner gefertigten ünd ge-
schenkten Käfig untergebracht waren, habe ich, nach-
Lem sie zeichnerisch verstanden waren, aus Ton
modellieren lassen. Mit Eifer ging man daran. Bor-
her habe ich mit zwei Hclfern viel Zeit geopfert; denn
 
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