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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 5 (September 1924)
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Preisausschreiben
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Hils, Karl: Das Zufällige und das Wesentliche
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0126

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Preisausschreiben

Auf der Landesveriumiiilung in Lörrach stand u.
a. ein Anlrag dcr Frciburger OrlSgruppc zur Be-
ratung Lbcr dcn Enöwürf eines Schutzgesches sür
uirsere Denlimöler, das nvtwendig ist, wenn Lber-
staupl in Zukunfl t>ie ganze Denkmalpslege Erfolg
haben soll. Diescs Schuhgesctz must sich naiürlich
auch auf die werlvollen Gegenstände unsercr Volks-
kunst, gleich welcher Ari, ersirecken. Elnes aber
können wir zum Schutz im voraus kun: die vorhan-
denen Schähe durch zeichnerische und ghokographische
Abbrldungcn festhalien und sammeln. Daher rich.
ien wir uns mii einem Preisausschrelbeu an alls
Heimatsreunde, im besonderen abcr an die Direktio-
nen der höheren Schulcn, Seminare, an die Ge.
werbe- und Fortbildungsschulen, an die maßgeben-
den Lehrerpersönlichkeilen lZeichcnlehrer) m!t der
Bitie um weiigehendsie Anterstützung. Es werden
zwei Dinge erreichk: ererbies Heimat- und Kultur.
guk geht uns hierdurch nicht ganz verloren, und der
heimaikundliche Unicrricht erfährt eine überaus
werkvolle Bereicherung, unsere hcranwachsene Gene-
rakion lerni schöpfen aus dem urfrischen Bronnen
der Heimat, und ides Bolkes, sie erfajzt bodenstLndige
Eigenart und Stammesempsinden und wächst inniger
der Hcimak zu. Eine freiwillige Ferienaufgabe über
die Äugustwochen soll gestellk werden an alle Obcr-
klassen der genannten Schulgattungen: auf Wan-
derungen und bei Aufenthalten (ob am Bodensee, im
Schwarzwald, Mikkelland, Unierland oder im Oden.
wald) mögen zeichnerisch (Blei, Feder, Aquarell,
Oel) oder phokographisch fcstgehalten werden: Alte
Bauken (Bauernhaus im Schwarzwald und Oden.
wald, Fachwerkbauken): besonders schöne Zierarien
air Dächern, Treppen, Lauben, Geländcrn, Türen,
Torcn (auch BeschlSge); Wektersahnen, Wirtshaus-
und Berufsschilder; Zaunformen; Brunnen, Kühl-
häusle; Kapellen, Wegkreuze, Bildstöcke; bemalke

oder geschnihie Bauernschränke, Himmelbeiten, Kin-
dcrwiegen, Baucrnstühle, Truhen, Schätze des bäu-
crlichen Glasschrankes, alte Herdanlagen, Oefcn,
Kacheln mik figürlichem Schmuck einzeln; Ge-
brauchsgeschirr und Ziergefäße (Basen, Itrnen,
Teller); verschiedenarkige Flecht-, Web-, Druck-
muster (Model); Berzierungen an landwirkschast.
lichen und handwerklichen Geräien (Schreiner,
Wagner, Zimmermann, Fischer, Flöher, Bäcker,
Backformen); alke Uhrenschilder und Uhrenkasten:
Grabdenkmäler und Kpeuze auf Dorffriedhöfen.
Alle fabrikmähig hergesiellken Gegenstände schciden
völlig aus! Das Sioffgebiek ist durch die Auf-
zählung nicht erschöpft und irohdem so vieifäikig, daß
jüder Schüler etwas wählen kann, das ihn fcsselt
und zur zeichnerischen oder phokographischen Wie-
dergabe anreizk. Diese Fcrienarbeiten sollen gleich
nach Schulbeginn im Herbst in den einzelnen Schul-
abteilungen des Landes ausgestellk und die besten
Arbeiten bezeichnet werden, wobei für die Beurtei-
lung nichk nur die gule Ausführung sondern auch
die Wahl: echke, guke Bolkskunst eine ntcht unwe-
sentliche Rolle spielt. (Bei dieser Gelegenhelt ver-
weisen wir auf die Zeichenexkursionen am Freibur-
aer Bertoldsgymnasium und auf den „Beitrag zur
Praxis des Nakurzeichnens mit authentischen Ab-
bildungen von Schülern" von Zeichenluspeklor
Greiner.) Die ausgezeichneten Arbeiten bitten wir
darnach dem Landesverein zur Beröffenklichung zu
überlassen; dle jungen Schöpfer jedoch erhalten als
Anerkennung einen Preis tn Form elner Beröffent-
lichung des Landesvereins Badische Heimat zuge-
sandt. — Hermanu Eris Busse. Prof. Dr. Eugen
Fifcher, 1. Landesvorfiheuder.

(Diese Sache verdient uusere wärmste Anter-
stützung. Die Schriftleituug.)

Das Zufällige und das WesenLliche s ^

Immer wieder tauchen in unsern Kreisen Meinun-
gen auf die das Zufällige der Dinge mit einer
Liebe darskellen wollen, die ofk rührend wirkt. Hat
man glücklich erkannt, daß das Wesenkliche aus je-
dem Ding herausgeholt werden mutz um überhaupt
mlk der verwirrenden Bielheit der Erfcheinung eini-
germaßen fertig zu werden, da ersa-einen uusere
Geistcr, welche das vorige stahrhundert im Blut
haben mit ihrer alten unüberwindlichen Llebe zum
genrehaften Dekail, zum Berlleren in all die liebens-
würdigen klcinen Einzelheiten. Mchk als ob der
Teil so gut kosmisches Abbild wäre wie das Ganze,
sondern weil der Abstand zu kurz genommen wuvde,
lieben wir diese Art der Bckrachiung nicht mehr.

Besonders aber weil wir Kinder vor uns haben,
dürfen wir unmöglich den Meg einschlagen, den der
werdende Künstlcr an der Akademie schließlich ein-
schlagen kann, wenn er mag.

Der natürlichste Weg zum Herausholen des
Mescntlichen aus der Vielheit der Erscheinung gibt
und das Kind selbst. Aede Alkersstufe stellk eine be-
sondere Ari der Anschauung dar. stedes Mter
deduzlert aus sich heraus. Iedes Alter bringt der
verwirrenden Fülle der Erscheinungen eine nakürliche

Abstrakkion entgegen. Iedes Alter hat selnen Blld-
stil und gibt Lamit einen Wink für die Ärt der jewei-
iigen Bildgesehe.

Der llmsang der Vorstellung eines Dlnges lst beim
Kind streng begrenzt. Auffallend scharf schält das
Kind das Wesentliche vom Aufälligen heraus. And
geradezu hellsehertsch flnd ost Lie kindlichen Nieder
schriften, die kindliche Bildsprache.

Was das Kind vom Ding sich merkk, ist seine na-
kürliche Abstrakkion. Ofi ist uns diese sewst nicht
mehr in dem Maße möglich, wir können beim Kind
oder wenigstens be! seiner Naturgebundenhelk, seiner
Natürlichkeit in die Schule gehen.

Btel Arbeik, vor allem viel Kämpfe gegen sich
selbfk gingen dieser Erkenntnis voraus. Desto härker
ist dann die Enttäuschung, wenn der ganzc Weg, der
durch das Dornengestrüpp zum Dornrkschen, nämlich
zur Kindesseele gefunden zu seln schlen tmmer wieder
verbauk wird von denen, welche das Kind gar nlcht
suchen, sondern stch und die früheren Lehrmeister.
Und die aus dem Kind einen knifflichen, ^einen in-
kellektuellen Erwachsenen machen wollen. Ia es ifi
den Andern Ernst damik und sie sagen offen heraus:
wir wollen oas Kind gar nicht, wir wollen das
 
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