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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 3 (Mai 1924)
DOI Artikel:
Rothe, Richard: Bemalte Teller: ein Unterrichtsbild
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Grothmann, Heinrich: Die praktische Ausbildung der Zeichenlehrer
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0070

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205

und smd es noch dazu bcsonders schpnc, wic die hier
gcmalien, dann kommi man in eine freudigc Siim-
nmng,

5a, und warum isi im Mikielsiück ein Dogel niit
ossenem Schnabcl?

Das isi soi Wenn man in sehr freudiger Stimmung
isi, dann singi man sich eins, man jnbelt hinaus in die
Welt und jauchzk auf vor Freude. So machk es auch
der Vogcl. Er singi und jubiliert, und wenn wir ihm
zuhören, donn srcuen wir uns mii ihm, und wcnn wir
das Bild eines Vogels sehen, dann denken wir an
Wald und Frühling, an Freude und Lust, und das
serode wollte dcr Maler erreichen. Er wollke das
Singcn und Zauchzen malen, und das glaubke er am
bessen tressen zu können, wenn er einen singendcn
Bogel malte,

Mit den Blumen und mit dem Bogel brachke uns
der Moler in eine freudige Stimmung, er ricf freu-
dige Erinnerungen in uns wach, und deshalb sinden
wir den Teller schön.

Der Teller würde uns aber gewiß nichi gefallen,
wenn Blumcn und Bogel falsch oder schlecht gezeich-
net oder mit unschönen Farben gemalt wären, da
könnke dle frcudige Skimmung nicht in uns aufkom-
men. Damit uns ekwas gefäilt, muß es also auch
schön und guk und richtig gemacht sein.

Betrachten wir einmal die Blumen' am Rande des
Tellers! Das sind eigentlich Blumen, die es in Wirk-
lichkeit nicht gibk. Wir können sie mit keinem be-
siimmten Namen benennen. Sie erinnern uns wohl
an diese und jene Blume, aber an keine beffimmte.
Sie bcstehen aus allen Teilen, die wirkliche Blumen
haben, aber flnd doch wieder nicht wirkliche Blumen.
Es sind Blumen aus Strichen und Punkten, aus
Schwänzen und Bogen. Man flcht deutlich, daß sie
auS beskimmten Bewegungen zusammengesetzt sind,
die immer wiederkehren.

Eine davon ist der Pinseldruck, den wir schon
tennen, die anderen sind tN nsel-Schwünge und Pin-
selhiebe, und aus dicsen Vewegungen des malenden
Werkzeuges, das immer wieder nach ciner bestimm-
ten Art bewcgi wird, entskehen dann diese eigenküm-
lichen Blllkenformcn. Es sind Blumen, die nicht nach
der Natur abgenialt, sondern die aus der Pinsel-
führung herausgewachsen flnd.

Der Maler, der diesen Teller gemalt hak, der wollte
nicht künsteln und tüfkeln, dcr wollte nur das Beste
aus seinem Werkzeuge herausholen, das er geben
ckonnte. Er konnte sich auch nicht damit aufhalten,
ein Bild zu malen, wie es der Maler malt: denn er
hakte viele Dutzcnde solcher Teller zu malen. Er

konnlc scinc Farbcn nicht so mischen, wic sie der
Maler mischk. Er mußkc sich seine Arbcik auch an-
ders einlcilcn. Er stelltc sich eine Reihe von Tellern
auf und malie zucrst alieS Grllne, dann alles Dlaue
usw., bis cr mit allcn Farben ferkig war. Er maltc
alles auswendig, und er mußke sich seine Striche so
zurechtlegen, daß cr mit Wenigem Bieles sagen
konnke. Feinc Ärbeit wurde von ihm gar nicht ver-
langk, man hätkc sie auch nichk gesehrn droben auf
dem Tellerbrett, da mußken nur Flecke wirken. Er
muhke scine ganze Malerei an die bestehenden Ber-
hältnisse anpassen, an den Zweck, an dcn Werkstoff
und an das Wcrkzeug. Aus alledem enksteht eine be-
sondere Ark dcs Ausdruckes. Man sagt, der Teller
yak einen eigcnartigcn Skil.

So eigcnärtig, wie die Blumen gebaut sind, so ist
auch der Bogcl gebaut. Er hat alle Merkmale eines
Vogels, er iü abcr doch wicdcr kein wirktichcr
Bogel. Es ist ein Bogcl, der aus beskimmten Pinsel-
strichen hcrausgcwachjen ist.

Diese Ar! bemalier Teller gehört zur Bolks-
kunst, zur Bauernkunst und wir hatten in un-
serem Vaterlande, in Oberösterreich z. B. eine ganz
hcrvorragende Pflegstätte dieses Teiles der Bolks-
kunsk.

Wenn ihr nächstens ins Museum geht, dann be-
krachtet auch besonders die bcmalten Geschirre, ihr
werdet daruntcr sehr viele schöne Sachen finden.

Ietzt wollen wir selbcr vcrsuchen, einen solchen Tel-
ler zu malen. Zedcr Teller besteht aus einem äußeren
Rand und aus einem Mikkelstück. Ilnser Teller soll
einen Durchmesser von 20 Zentimeter haben und oer
Rand soll 5 Zcnkimeker breit sein. Damit wir so ar-
beiten können, als wcnn wir einen wirklichen Teller
vor uns haben, schneiden wir die Zelchnung aus.
Dsn iiincren Rand orabcn wir mit der Spine des
Federskieles ein, damit sich der Boden vom Teller-
rand deutlich abhcbk.

Bevor wir aber unser Modell bemalen, machen
wir auf unserem Bersuchspapier eine klcine
Skizze. Wir versuchen Blumen, Blätter und
Bögelzu malen, und wenn wir einige hübsche L ö-
sungen gefunden haben, dann vcrsuchen wir diese
Dinge aus den zwei Teilen des Tellers gut unkerzu-
bringen. Sind wir mit der Lösung zufrieden, dann
überkragen wir dis Zeichnung auf den ausgeschnit-
tenen Teller, auf unser Modell. Dann machen wir
die Pinselstriche, so, wie sie der Tellermaler hinsehk.
Wir zeichnen nichts vor, sondern laflen Blumen und
Vogel aus Pinseldrucken und Pinjelschwüngen frei
entstehen.

Die praktische Ausbildung der Zeichenlehrer

Die kolaendcn Lciksäkc wurden vom Provinzial-

verband Bcrlin-Braiidenburä^es Landesverbandes

ak. geb. Zeichenkhrer Preußens einstimmig ange-

nommcn:

1. Die püdagogisch-didakkische sowie schulkechnische
Ausbildllng der Zeichenlehrer wird ganz der prakti-
schen Vorbereikung zugewicsen.

Begründung: Dieselben Gründe, dis bei den
wifsenschaftlichen Lchrern zu einer Trennung
der prakkischen Borbildung von dem wissen-

schaftlichen Fochfiudium geführt haben, be-
stehen in gleichcr Weise auch für das künst-
lerische Lehramt.

2. Die Prüfung der Zcichenlehrcr und Oberzeichen-
lehrer wird in zwei Abschnitten abgelegt. Den ersten
Abschnitt bildek die künstlerische Prüfung. Sie ist un-
ter dem Borsitz eines Schulmannes- an einer Kunst-
hochschule bzw. Akademie abzulegen. Den zweiten
Abschnitt bildet die PSdagogische Prüfung. Sie ist
an einem Seminar sur höhere Schulen abzulezen.
Maßgebend für diese Prüfung, soweit hiersür Ober-
 
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