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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

DOI Heft:
Heft 5 (September 1924)
DOI Artikel:
Schwarz, Gebald: Das Zeichnen in der Reifeprüfung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0112

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Deutsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterricht

Zeltschrifl des Reichsverbandesakademischer Zeichenlehrer
des Rekchsverbandes akademlscher Zeichenlehrerinnen

Verantwortlich für die Schristleitung: Professor Eustav Kolb, Göppingcn
Druck und Derlag: Eugcn Hardt G. m. b. H. Stuttgart, Langestraße 18

h. Iahrgang_ September 192h Heft 5

Das Zeichnen in dcr Neiseprüfung, Dr. Sebald Schwarz, Lübeck — Der Änierricht in der Bildsprache
(Fortsetjung), G. Kolb — Richtlinien für einen Lehrplan des Zeichenunterrichts an den höheren Schulen
für die rnännliche Iugcnd, tzeinrich Grothmann, Berlin-Lichterfeldc — Wie ich das Tierzeichnen im Zei-
chenuntcrricht betrcibe, Hermann Curth, Dclihsch — Unterrichtsstunden an dcm Kriegerdenkmal auf der
Eberhardshöhe bei Tübingen, Walter Lange — Emige Gedanken aus dem Malunterricht an der freien
Waldorfschnle, C. v. Hchdeorand — Preisausschreiben — Das Zufälligc und das Wcscntliche — Kunst-

unterricht — Mnschau — Buchbesprechungen _

Das Zeichnen in der Reifeprüfung

Bon Dr. Sebalb Schwarz, Direklor der Oberrealschule zum Dom in Lübeck.

Die Bewerlung des Zeichnens bei den Versehun-
gen ist kein ganz leicht zu lösendes Problem. Eincr-
seits ist «s nichl «ine «inzelne Disziplin, sondern Ver-
ireicr einer ganz anderen Art die Welt aufzusassen
und Lem Ich AuSdruck zu geben ols die Wissenschaf-
ten, und vcrdicnte in diesem Sinne als Haupkfach ge-
wcrtct zu werden; aus der andern Scite ist es
viclleicht das Fach, Las am wenigstcn mit dcm regel-
mäßigcn und gleichmähigen Fortschritte dcr Klassen-
stufcn zu kun hak. Aus zwei Gründcn: öm Zeichnen,
wo jeder für sich arbeitek, geslaltet, können die ver-
schiedensten Schüler nebcneinander in einer Klasse
sitzen. ohnc sich zu fördern oder zu hemmen,
und im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Fächern
ist der Stoff auf allen Stufen derselbe; dcr Septancr
stehk vor derselben Ausgabe wie der Primaner.

Daraus folgt, wie hoch man das Zeichnen auch ein-
schähen möge für die Bildung des werdenden
Menschen, wie sehr man auch in ihm etwas siehk,
was jeder kreiben sollke, daß es für das Fort-
schreiten von Klasse zu.Klassevon
nciner besondcren Bedeukung sein
darf; schulmäßig gesprochen: Die 4 im Zeichnen
darf nicht die Bersehung hindern.

Mohl mögen aber guke Leisiungen auf diesem
Gebiek ausgleichend wirken. Gewiß, wenn einer in
dcr Mathemakik und den zwei Sprachen oder auch
in einer nichk gen-ügt, so kann man ihm das Fork-
schreikcn zur nächsten Klassc nicht geskakkcn: das kann
nur durch die eigentlichcn Fortschrittsfächcr bcstimmt
wcrden; wenn aber das Aünglein an der Wage
schwankk, dann sollke allerdings ein Gut im Zeichncn
mindestens so schrver ins Gewichk sallen wie eins in
dcr Geschichte oder Erdkunde oder Biologie.

So würde ich für die gewöhnlichc Versehung sagcn:
dic 4 im Zeichnen ist von keinem erheblichen Gcwicht:
die 2 mag allerdings gewertek werden.

Anüers liegt es bei dcr Reifeprüfung und
dementsprcchend auch fllr die Prufung für die mitt-
lcre Reife. Da handclt es sich nicht um Weitergehn
auf einem einmal beschrittencn Wege, sondern um
einen Abschluß des alken Weges und Deginn eines
neuen: heihe er nun Ilniversikät oder Beruf. Hicr
tritt der, man könnke sagcn, technische Charakker, den
die Vcrsehungcn für dic geordncie Schullaufbahn
haben, zurllck und es soll ebcn die Reife festgestellt
werden.

Freilich, solange man im Zeichnen eine besondere
„Begabung" sah, die einige haiken, andere nicht auch
nur in Spuren, durfte die 4 auch in der Reifeprüfung
keine Rolle spielen. Davon kann aber im Ernst nicht
die Aede sein: Auge und Hand sind jedem gewachscn,
und es ist mik dem Maß der Ausbildung wie mik der
in den Sprachen oder irgend einer andern Disziplin.
Eher könnte man Bedenkcn haben, weil die Beurkci-
lung subjektiver isi. Das Zeugnis das man schulmäßig
nun einmal geben muß, ist nicht so eindeutig durch
richtig oder falfch, durch gelöst odcr nichk gelöst be-
siimmt, wie etwa in den fremden Sprachen oder der
Makhemakik.

Das Zeichnen steht in dieser Beziehung ähnlich wie
der deutsche Aufsah: auch in diesem kann es vorkom-
men, daß der eine Lehrer eine 4 hinschleudert, wo der
andere mit Vergnügcn seine 2 darunker malt. So-
lange wir das Aufsahzeugnis voll werken, dürfen wir
es auch mit dem für das Zcichncn kun: und so wäre
es nichk zu vcrwerfen, wenn man ernstlich auch für
die 4 im Zeichnen Ausgleich in der Prüfung forderte.

Bis dahin wird es aber wohl noch einige Weile
haben. Um so dringender sollken wir aber fordern,
daß wcnigstens gute Leistungen bei der Abgangs-
prüfung das volle Gewicht haben, wie in andern
Schulfächern,
 
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