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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 4 (Juli 1924)
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Wendung zur Kunst
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Democh, Otto: Ein Pfadfinder
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0097

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333

Mldunst üborrcif: abcr !m Grundc Ist dicse Ilcber,
^elfc nur einc Unrcifc; dcnn der Bildurig gegcnüber
jst die Barbarei sicis unrcif: und in Deutfchland ist
die systemalische, dic wisscnschafiiiche, dic gebildcie
Baroarci von jehcr zu Hause gewesen. .Du kennst
vnser Deuischlandj es hak noch nicht ausgehörk, un.
gebildel zu scin", schrieb cinst Reuchlin an Manukius
Md könnie auch hcuke noch ein chrlicher Deukscher
dcm anderen schrciben. Iteberkultur ist tatsüchlich
noch roher, als linkultur. Hier haben also etwaige
iieue erziehcrische Fakioren einzusetzen; und zwar wer-

den sie gerade entgcgcngcsehk wirkcn müssen, wie die
bisherige odcr gewöhnliche Crzichung; das Volk muß
nichk von der Nakur weg-, sondern zu ihr hingezogen
werden. Durch wen? Durch stch selbst. Und wie?
Indem es auf scine eigcnen UrkrSfie zurückgrcift.
Das Bolk schafst sich selbst die Medizin, die es
braucht; oder es kastek doch nach ihr.

Aus: Rembrandt als Erzieher; von einem Deuk-
schen. (Berlag L. L. Hirschfeld, Leipzig) geschrieben
vor 1890.

Ein Pfadfinder

Albrcchk Merz war der preußischcn Zeichenlchrer-
schaft kein Anbekannter mehr, als sic ihn bak, auf der
Haupkversammlung in Hannover (Psingsken 192s) seine
Ideen zu entwickeln und die von ihm in vierjähriger
Arbeit an sciner Schule in Stukkgark gemachten Der-

Abbild. 8

Papier-Schablonenschnittu. »Druck. Wilhelmsrealschule Stuttgart
(Studienrat Leuze)

suche zu erklären. Mik Spannung sahen sie, denen
„Erkcnnen unü Geskalten", ebenfo wie Albrecht Merz,
im Ankerricht die Haupksache ist, den Ausftihrungen
dleses Pfadsinders auf pädagogischem Gebieke ent-
gegen.

Er begann zu sprechen-, das war kein Beleh-

ren, — kein Erklären-, es war ekwas, das, wie

cin tosender Bcrgfluß allcs, was an setnrn Afern
siehk, in das von ihm gewählke Skrombekt zwingt, die
tzerzen aller Zuhörer gefangLn nahm. Mit suggeftlver
Gewalk überzeugte er in seiner Lberaus menschen-

freundlichen und bescheidenen Art, daß seine Ideen
Aussluß eines reinen, edlen Herzens waren, das
Mikleid hatke mit allen denjenigen, welchen eine ein-
seikige Erziehungsmethode die gökkliche Kraft zu „er-
kennen" und zu „geskalken" gelähmt hatte. Diese
schöpferische Krast ist es, die Albr. Merz mit Ehrfurcht
vor dem Ebenbilde Gokkes erfüllt und ihn gleichzeitig
mit geheimnisvoller Machk bestimmt, als Pfadfinder
der Seele den Weg zu ihrem Ursprung
zu zeigen.

Wie macht er dies?

3ch wage es nichk, hier Beispiele anzuführen, aus
denen das große pädagogische Geschick dieses Füh-
rers zu erkennen ist. Ich habe den Eindruck ge-
wonnen, daß nichk Albrecht Merz derjenige ist, welcher
im Kinde oder auch im Erwachsenen etwas Neues,
Werkvolles entstehen läßk, sondern daß dieses Neue,
Wertvolle ganz von selbst aus dem Innercn des
Schülers emporwächst, wenn er, an der Hand des
Psadfinders Merz durch Gokkes schöne, sonnige
Welt schreitend, fröhlich Lber dieses und jenes plau-
dernd, ganz plöhlich an der Quelle der urgesehlichen
Kraft stehk.

Wie findek Albrecht Merz den Weg zu dieser
Arkraft?

Er sieht in allem, rvas jhn umgibk, einen Teil des
Unvergänglichen und sucht dieses Ewige, aus Ewig-
keik geboren, mit liebevoller Sorgfalk zu verstehen.
Dann springen die geschlossenen geheimen Türen vor
ihm auf und die Schlüsiel des Berstandes, mlk denen
andere Erzieher ofk vergebens die Zauberpforken zu
öffnen versuchk haben, werden für ihn überflüssig.
Aus seinen Ausführungen war deuklich herauszu-
fühlen, daß nur diejenigen zum Quell alles Lebens,
zur Arkraft gelangen KSnnen, welche selbsterziehend
sich bemühen, ein reines Herz zu gewinnen und wie
Moses demütig dem Nufe Folge leisten: „Ziehe deine
Schuhe aus, denn das Land, darauf du stehest, ist
heiliges Land."

Alles dies klang aus den begeisternden Worten
Albrechk Merz' heraus, als er den akad. geb.
Zeichenlehrern Preußens seine Psingskrcde hielt und
viele, vielleichk alle Anwesenden werden die Worke
dieses Pfadfinders in ihrem Herzen bewegen zu
ihrem und ihrer Schüler Heil.

Otto Democh, Naumburg (Saale).
 
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