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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 4 (Juli 1924)
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Dülberg, Franz: Schöpferisches Zeichnen in der Schule: zur Ausstellung im hessischen Landesmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0094

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229

der an ihr arbeiicndcn Pcrsönljchkciken ab, ein aus-
gczcichncicr pädagogischer Thcorciiker kann aus
prakiischcr Unzulänglichkeil bei dcr Lrziehung sclbsi
völlia vcrsagcn- Wenn daher der Siond der heuti-
oen Pädagogik uns eine erschreckende Älufi zwischen
Theorie und Praxis zeigl, so ist dcswegcn nicht die
reformatorischc 3dee anzuklagen, sondern die Schuld
isi dcm Mangel an geeigneten pädagogischen Per-
sönlichkciten beizumessen, einem Mangel, der nur
mit einer ganz neuen, aus die grundlegenden Ziele
pädagogischer Resorm eingcstellten Ausbildung des
Erziehcrnachwuchses zu bekämpfen ist. Dieser Auf-
gabe sollien sich alle widmen, denen Berankerung in
die Lcbensgewohnheiten einer überwundenen Zeii es
verbielct, ihre reinen und siarken Reen selbsi in die
Praxis zu übersehen.

Die Entwicklung des modernen Zeichcnunker-
richis in Deulschland, die sa nur eine Teilersäieinung
der allgemeinen pädagogischen Entwicklung bedeukek,
wcichi in keinem Symtom von dieser ab. 3edL mög-
liche Abwegigkeik ist auch bci ihr zu sinden, und wenn
die sidde nichk ganz durch das Ueberwuchern von
tausendcrlei „Systemen^ zu Tode gchetzt werden soll,
so jsi auch hier sorgsältigsle Wahl des pädagogischen
Nachwuchses, strenge und umfasiende Ausbildung des
jungen Zeichenlehrers die erste Pslichk. Das preu-
hische Kulkusministerium hak daher in klarer Er-
kennknis dieser Nolwendigkeit schon vor längerer
Zeit die bestehenden Zeichenlehrerseminarien, deren
Ergebnisie als durä)aus unzulänglich erkannk waren,
aufgehoben und die gesamke Ausbildung des Zeichen-
lchrernachwuchses an die inzwischen neugeordneien
slaatlichen Kunstakademien und die Kunstschule in
Berlin verlegt, die ausschliesilich der Zeichenlehrer-
ausbildung dient, und die gleichen, seit kurzem
wescntlich verschärfken Aufnahmebedingungen stellt,
wie die Akademien. Damit ist zunächst für die Zu-
kunst einem Aebelskande vorgebeugt, desien bedenk-
llche Folgen heuke vielerorts zu spüren sind, daß
nämlich der Dilektank, weil den Anfordcrungen der
auf Augenblicksleiskungen gestellten Prüfungen
naturgemäß eher gewachsen ist, als der Künstler,
diesen aus dem künstlerischen Lehramt langsam ver-
drängt. Nach den heuke in Preußen gültigen Be-

Abbild. ,

Schcrenschnitt. Vberrcalschule Hetdcnhcim (Zcichcnt. Leuze)

stimmungen wird niemand mehr zu den Zeichienlehrer-
ausbildun'gskurscn zugclasscn, dem nicht durch seine
Aufnahme on die Oberskuse einer Kunsthochschule ein
Mindestmah ausgesprochener künstlerischer Befähi-
gung zugcsprochen wäre und der nicht gleichzcitig
Lber eine enkschiedene pädagogische Bgabung versügk.
Da ein solcher werdender Zeichenlehrer während
seiner ganzen Lehrzeik Schüler der Hochschule isk und

Abbild. s

Scherenschnitl. Oberrealschule Heidenheim (Zeichenl. Leuze)

seine rein künstlerische Ausbildung nur von be-
skimmken Borbereitungskursen, zum Teil auch päda-
gogischer Art, durchslochten wird, so wäre eine Art
von Gewähr für die Auswahl der Besten gegeben,
wenn nicht die neue preußische Prüfungsordnung
für das künstlerische Lehramt an höheren Schulen,
die weniger das Ergebnis rein sachlicher Erwägung,
als eine Reverenz vor Standeserhöhungs- und Amts-
bezeichnungs-Ambitionen gewisser Fllchkireise zu sein
scheint, durch eine Anhäufung hekerogener Prüfungs-
ftosfe die Gefahr des Dilekkankismus erneut herauf-
beschwörte. Doch ist bei nicht allzu engherziger
Auslegung dieser Prüfungsvorschriften den einzelnen
Kunstanstalten die Möglichkeit gegeben, auch in -ie-
sem Rahmen ein eigenes pSdagogisch-künsklerisches
Programm zu entwickeln und durchzuführen.

Die Praxis eines wirklick guten unv krnchtbaren
Zeichenunkerrichks ist dreifacher Ark, und die Asf-
gaben, die solcher Anterweisung zufallen, sind mit den
Schlagworken „Schöpferisches Zeichnen", „Zeichnen
als VerstSndigungsmittel* und „Zeichnen als Ein-
führung in die bildende Kunst" etwa umschrieben.
Die möglichst vollkommene Lösung dieser Aufgaben
seht eine ganz beslimmks Borbildung voraus, in erster
Linie aber eine Persönlichkeit, die als selbst produktiv
die produkkiven Kräfte des Kindes zu wecken ver-
steht. Da die mehr oder weniger vollkommene Lösung
der Aufgaben als entscheidendes Kriterium sür die
Bewertung jedes Zeichenunkerrichks anzusprechen ist,
müsien sie hier, wo ein Standpunkt für die Bewer-
tung der Ausstellung im Landesmuseum gewonnen
werden soll, ausführlicher erläukerk werden.

Wenn hierbel die angegebene Abgrenzung der drei
Disziplinen aus prakiischen Gründen beibehalten
wird, trohdem sie ein untrennbares Ganzes bilden
und dauernd inetnander übergreifen, so soll damik in
keiner Weise einem schematischen Nacheinander dei
 
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