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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 1 (Januar 1924)
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Lange, Walter: Werkunterricht in Verbindung mit dem Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0010

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grohen Zligcn die Arbcii des Baumciftcrs widcr-
spiegclte, das aber als solchcS dcni Allcr dcr rei-
sercri Schlilcr durchaus angciuessen schien, indcm es
einerscits wohl ihre Phaniasie anregie, andcreiseiis
korrekie Arbeii erforderie, Freilich wurdcn keine
wirlrlichcn Häuser hergcsielli, sondern nur Modellc,
wogegen wohl auch kaum eiwas einzuwcndcn wäre;
aber die Modelle wurdcn auch zuin Abzcichnen be-
nllhi — obwohl das Zcichnen nach Alodellcn längft
verpöni ist und geradczu verboien wurdc. Jch
glaube, das läßi sich nun doch rechiferiigcn, wenn
man bedenki, daß der Unierschicd eben darin liegi,
daß früher im besien Fall der Zcichenlehrer die Mo-
delle hersiellie <wir haben noch eine ganzc Samm-
lung der Lonzschen Pappemodelle), daß das nun
aber die Schüler selbst machen. Freilich ersctzi das
Modcll nichi voll den Naiurgegcnsiand, abcr es ist
doch erzicherisch sehr brauchbar um im Zcichcnsaal
mii gewisscn Sciien der Gegcnstände bckanni zu
niachcn, die sich in der Naiur ähnlich darbieien —
menn auch nichi genau ebenso. Der Anierschied wird
nachher beim Arbeiien in der Naiur uni so klarer
erkanni werden, wenn vorher die Raumanschauung
überhaupi geschärfi wurde.

Solche Siädie, mii Farben bemali, auf ciner lan-
gen Tis6)reihe aufgestelli, boien auch auf cincr Zah-
resausstellung zusammen mii Papieischliiicn und be-
malicn Pappiellern ein reiches Bild und dienicn
dem Inieresse des Anierrichis bei Kindern und El-
iern. Nebenbci gesagi isij solch eine Ausstellung an
sich ein Siüäi Werkarbcii, bei der Lehrei und Schü-
ler zusammenwirken. Die Schüler haben schon lange
vorher dafür zu iun — nichi um schöne Ausstcllungs-
bilder zu malen — fondern zweckmäßige Plakaie mii
Redissederaufschrifien herzustellen. Auf den Pla-
kaien wird der Zweck der Ausstellung für die Be-
sucher erläuieri. Sie enihalien z. B. folgende In-
halie: „Die Ausstellung soll ein Bild des Anierrickis
geben, daher sind guie und schlechie Arbeiicn mög-
lichst vieler Schüler ausgestelli." „Naiur zeicknen
hcihi Sehen lernen." „Gcdächiniszeichnen hcißi
schöpferisch arbeiien lernen." „Künstlcrifche Heimai-
kunde, Arbeiien älierer Schüler, die im Frcien eni-
flanden" (dazu das Siadiwappen). Solche Ausstel-
lungen sollien den bestimmi umrissenen Zweck von
Anierrichisaussiellungen haben und
demenisprechend auch eine Form, d>e sich aus einer
Folge der verschiedenen Klassen und dcr Lehrauf-
gabcn ergibi und auch künstlcrischen Gcist erkennen
läßi. Dann sollien von einigen Schülcrn sämiliche
Arbeiien ausgcsielli werden und im Lbrigen guie
und wcniger guie Lösungen der Lehraufgaben von
verschicdcnen Schülcrn nebcncinandcr. Sie sollicn
die Kinder zum Bcrgleich anregcn, also bildcnd.wir-
ken und auch den Elicrn die Anierschiedc der Bc-
gabungcn und die Möglichkciicn des Anierrichis
zeigen.

Dem oben beschriebenen Herstellen der Hausmo-
delle aus Papier will ich noch hinzufügen, daß dcm
Anseriigcn dcr gebundencn Zeichnung stcis dcr ftci-
händige Eniwurf mii Fesisctzung dcr Älaßc oder mii
der Maßausnahme im Freicn am Naiurgcgensiande
(einem Fcldhäuschen) vorauSging. Im Zcichcn-
unicrrichi wurdc kcin Klebstoff vcrwcndci, sondcrn
die Häuser wurden nur ausgcschniiien und durch

zweckmäßigc Borrichiungen zusammengcsiecki, waS
vollauf genügie und noch dcn Vorieil halie, daß man
jcdes Hausmodell wicder auseinandcrnehmen und in
die Mappe legcn konnie. Biele Schüler haiien frei-
lich den Wunsch, ihre Häuser zuhausc zusammen-
kleben zu dürfen, was ihnen gcflpüei wurde. Die
wieder mügebrachien Arbeiien zeigien aber manche
Murkserei beim kleben, so daß ich Anlaß nahm, daS
Klcben besonders zu zeigcn, was ich jedoch nur
außerhalb des lehrplanmäßigen Anicrrichis iun
wollie. 3ch bestimmic schließlich sreie Siunden für
solche Dinge, denn bald kam noch mehr dergleichcn
zusammen. Diesen „freien Zeichensaal", eine weri-
volle aliwüriiembergisä-e Ari des Anierrlchis würde
ich gerne mehr ofsen halien, wenn meine und der
Schlller „Pslichi"siundenzahl es zuließe. Er stelli
eine Anierrlchlsform dar, die eine Ari des freiwilli-
gen Arbeiiens dcr daran Teilnehmenden gewähr-
leistei, deren erziehcrischer Weri nichi hoch genug
angeschlagen werden kann.

Äuhere Amstände irugen das ihrige dazu bei, mich
die eingeschlagene Richiung weiier verfolgen zu las-
sen. Ansere Aniversiiäi hai neuerdings in lhrer
„Siudenicnhilfe" vorzügliche Lehrwerkstäüen für
Buchbinderarbeii eingerichiei, in denen dcr „Werk-
studeni" unier Leiiung eines kunstgewerblich gebil-
deien Lehrers das lerni, was er für seine prakiische
Arbeii nöiig hai. Bei der Werkstudenienarbeii wird
möglichstz eine harmonische Berbindung mii dem Siu-
dium angestrebi, was den erzieherischen Weri dieser
Arbeii als auch den des Siudiums bedeuiend er-
höhen soll. Dergestali wird die Noi zu einer erziehc-
rischen Tugend gcmachi. Da nun der Werkstudeni
offenbar zu einer dauernden Srscheinung werden
will und da auf allen Gebieien heuizuiage der gei-
siige Mensch mehr prakiische Arbeii leisten muß als
früher, wird man wohl auch die Forderung nach einer
enisprechenden Vorbildung beachien müsien. Zn
diesen Werkäüen der Siudenienhilfe machie sich
auch ein gewisser Mangel an Borbildung zu werk-
iechnischer Arbeii ftihlbar und von Sciien der Ani-
versiiäi wurde daher auch der Wunsch beireffs Ein-
richiüng von Schülerwerkstäüen ausgesprochen, die
den Grund für die späiere Arbeii als Werkstudeni
legen sollen.

Hier in den gewünschien Schülerwerkstäüen wird
das erzieherische Momeni nun freilich eine noch
größere Rolle spielen als auf der Aniversiiäi und
man wird daher von Erzieherseiie auch immer darauf
hinweisen müssen, daß Werkunierrichi nichi gleich-
bedeuiend mii Erlernung eines Handwerks ist.
Diese Erkenninis, so einfach sie scheini, isi keines-
wcgs Eigenium aller Gebildeien. Durch solche B»
ionung des Eigcnweries der Erziehung kann nach
meiner festen Äberzeugung die Schule auf die Dauer
in der Schähung der Allgemeinheii nichi verlieren,
sondern nur gewinnen. —

Wenn in der Siudenienhilfe das Buchbinden ge-
Lbi wird, so darf wohl daraus der Schluß gezogen
werden, dah man es in der Schule selbst nichi vor-
weg nehmcn sollie. Dagegen kann eine direkie Bor-
bereiiung darauf staüfinden, indem einfachere Pa-
pier- und Papparbeiicn geübi werden. Dazu würde
ich schon das oben geschilderie Herstellen von Hilfs-
modellen ftlr den Zeichenunierrichi rechnen, welier
 
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