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Der Zei6)cn- und Kunstunkcrrich! soll Heimok-
unlerrichi jcin. Dcr Vorstand dcs dadischcn 'sci-
chcnlehiervcrcins erhielk vor einigcr Zci! nachsol-
gcndeS Schreibcn dcs Borsitzcndcn dcr „Badijchen
Heimak".
Schr geehrkcr Herr!
5n meincm Schriftchen „Heimat- und Dolkslmnde
in der Schule" (Bom Bodensee zum Main Nr. 8,
1920) bin ich S. 8 und S. 22 mit kurzen Worten auf
die Bedeulung des Aeichenunterrichls sür die Hci-
malkunde eingegangcn, mustkc mlch lcider aus äußc-
ren Eründen kurz fasscn. Wir in der Badischcn
Heiml suchcn bisher dic Gedankcn dcr Heimatkundc
in ihrcn verschiedcnsten Aussormungen unkcr dle Leh-
rer zu bringen. Eine richtige Ableilung des Unler-
richls ist dabei allerdlngs nichl immer mik dem nöki-
gen Nachdruck hervorgehoben worden- der Zeichen-
unterrichk. Soll unsere Bolksbildung wirklich im
Sinne der Heimakschule verkieft werden, so muß der
Zeichcnunlerricht ganz anders betont werden, als
vielfach bisher. Wieviel Segen kan:n von einem
Lehrerseminar ausgehen, wenn dort ein guker Zel-
chenunterricht im Sinne unserer Bestrebungen ge-
geben wird! Der Ankerricht in der Bolksschule, be-
sonders des Dorfes, wird durch Zeichnungen der
Lehrer wertvolle Anregungen gewinnen, der Lehrer
auf dem Lande wird durch das Zeichnen volksküm-
licher Gegenslände sich hineinleben in die Eigenarten
und Schönheitcn seines Wirkungsortes und dadurch
zur Bevölkerung e!n innigeres Derhältnis bekom-
men, für die Wissenschafk der Bolkskunde wird durch
solche Zeichnungen manch wertvolles Bild nuhbar
gemacht. ön den höheren Schulen der Sladt können
Anregungen gegeben werden, wie sie z. B. in Sachsen
mit Ünterstützung des Ministeriums längst frucht-
bringend eingerichtek sind (vgl. mein Schriflchen S. 8),
daß die älteren Schüler ermunkert werden, in den
Ferien oder sonst an freien Tagen stch Gegenstsinde
bodensiändiger Heimakkunst auszusuchen und zu zeich-
nen. Manche Brücke zwischen Stadt und Land
würde dadurch geschlagen.
Noch viele Punkke wären in dieser Hinsichk anzu-
ftihren. Das Angedeukeke mag sthnen genügend zei-
gen, daß wir Berkreker der Heimal- und Volkskunde
die Michkigkeit des Zeichenunkerrichtes voll aner-
kennen. ä!n vorzüglicher Hochachtung
Professor vr. Eugen Fehrle.
Die Schulbücher-Flickstube.
Wiederholk haben die Stadtverordneten über freie
Bcliefcrung von Schulbüchern an alle Schüler ver-
handelt. Der gute Mille fehlt nicht — aber das
nötige Geld. Es ist dem Magistrak einfach unmög-
lich, dic erforderlichen großen Summen zur Bcrfü-
gung zu stellen. Der Skadtsäckel wird immer kleiner,
der Multiplikakor im Buchhandcl immer größer, die
Schulnot sieigt 'erschreckend. Die Väter können sich
Lbcr die Bersehung ihrer Kinder nicht mehr recht
frcuen, denn ricsige Ausgaben sind damik verbunden.
Das Aufsteigen nur cines stungen von Quinka nach
Quarka ersorderk 50 000 Mark für Anfchasfung von
Büchern. Wclchcr Eehalksempfänger kann solche
Summen aufbringen? Skellt man sich vor, daß El-
tern mehrere Kindcr in die Schule schicken, dann
zwinok daS Milgcsllhl zum Anbahnen von AuSwegcn
aus ditfcr Aoilagc. Aianchc Schulc ha! berciks dicfe
Sorge aus sich genommen, so auch dic meinige. Die
Ellcrn verbanden sich mil der Schule zu eincm Hilfs-
bund (e. B.) und stellken eine bekrächlliche Summe
zur Verfllgung. Den Schlllern ist verboken, Büchcr
an Milschlller zu verkausen. Enkweder sie schenkcn
oder vcrkaufen die alten Ezemplare dem Bunde. Ein
Lehrer verwalte! die Sammelsielle. Bei der Ber-
kcilung wcrden in ersker Linie diejenigen berücksich-
tigt, dic ein Buch abgegeben oder gebunden haben.
Es enkslcht so eine Leihbibliokhek, die in absehbarer
Zcik die Schüler mik den nokwendigen Lehrbüchcrn
versehen wird.
Zur Sicherung des Erfolges sind zwei Grundbe-
dingungen zu ersüllen: 1. eine flotk arbeitende Schü-
lerwcrkslast. Wenn die Bücher mik ihren dünncn
Pappdeckcln, Papicrrücken ein 5ahr oder länger im
täglichen Gebrauch waren, werden sie meist ver-
braucht scin. Es gilk, sie vollskändig auseinander zu
nehmcn, zu flickcn, neu zu bindcn oder zweckmäßig
auSzubcssern. Selbst an kleinen Schulen erfordert
dicse Arbeii sehr viel rührige, geübken, „kluge"
Hände. Diese lassen sich mit Hilfe von Schülerorgani-
sakionen erziehen. Hat ein Schüler ein 5ahr oder
länger unker Leikung des Lehrers in der Werksiatt
gearbeitet, wird ihm ein Neuling zur Seike gestellk.
Das Helsersystem kann hier grvßen Borkeil bringen.
steder Schüler wird verpflichkek, eine bestimmke An-
zahl von Büchern für die Schule zu binden. Auf
einer öffenklich ausgehängken Liste werden die ge-
meinnützig geleisteten Arbeiten verzeichnet. Das
wäre nur dic prakkische Seile der Einrichkung, die
viel wertvollere isk die pädagogische. Es sei hier nur
erwähnt, die Erziehung zu echter Kameradschaft,
freudiger Hilfsbereitschafk, zum selbskändigen Schaf-
fen, Gestalken, Erfinden.
Das erforderliche Material sPappe, Papier, Lel-
nenresttz usw.) wird von Eltern und Schülern gesam-
melt. Da man einsieht, dah diese Werkskaktarbeit
wichtige Nokhilfe leistet, sließen die Gaben reich-
lich zu.
Die zweike Grundbcdingung für diese Einrlchtung
ist ein vorgebildeter Lehrer. Ausbildungskurse be-
stehen als Zahreskurse an der ersten Schülerwerk-
stakt, in Neukölln u. a. a. O. Die Diesterweg-Hoch-
schule hat den Dersuch gemacht, der Noslage enk-
sprechend, kurze Einführungskurse einzurichken, die
sich nur mit den Arbeiken der Schulbücher-Flickstube
beschäftigcn. Es kann die Hilfsakkion nicht hinaus-
geschoben werden, bis nach einem stahr einigc Lehrer
ausgcbildek sind, sondern muß baldigst einsehen, da
schon zu lange gezögert wurde. Die Iahreskurse er-
fordern für Fahrgcld usw. so großc Opfer, dah man-
cher deshalb zurückkritk. 5n den kurzen Einführungs-
kursen der Diesterweg-Hochschule wird als kleiner
Ausgleich viel häusliche Arbeit verlangk, die gern
gelejsiek wird. Nach halbjährllcher ^knlerbrechung,
während dcr die Lehrer mik den Schülern im Bunde
üben, wird !n einer Arbeiksgemeinschafk die Lehrer-
bildung forkgesehk werdcn. Es gilk ja, nur den ein-
fachsten — aber halkbaren — Einband zu lernen und
dann zum sclbsländigen Schasfcn und Erfinden hiuzu-
lciken; daS lehkere muh mehr als bisher gepflegk
werden. Es gilk, mik den einfachsken Werkzeugen,
Der Zei6)cn- und Kunstunkcrrich! soll Heimok-
unlerrichi jcin. Dcr Vorstand dcs dadischcn 'sci-
chcnlehiervcrcins erhielk vor einigcr Zci! nachsol-
gcndeS Schreibcn dcs Borsitzcndcn dcr „Badijchen
Heimak".
Schr geehrkcr Herr!
5n meincm Schriftchen „Heimat- und Dolkslmnde
in der Schule" (Bom Bodensee zum Main Nr. 8,
1920) bin ich S. 8 und S. 22 mit kurzen Worten auf
die Bedeulung des Aeichenunterrichls sür die Hci-
malkunde eingegangcn, mustkc mlch lcider aus äußc-
ren Eründen kurz fasscn. Wir in der Badischcn
Heiml suchcn bisher dic Gedankcn dcr Heimatkundc
in ihrcn verschiedcnsten Aussormungen unkcr dle Leh-
rer zu bringen. Eine richtige Ableilung des Unler-
richls ist dabei allerdlngs nichl immer mik dem nöki-
gen Nachdruck hervorgehoben worden- der Zeichen-
unterrichk. Soll unsere Bolksbildung wirklich im
Sinne der Heimakschule verkieft werden, so muß der
Zeichcnunlerricht ganz anders betont werden, als
vielfach bisher. Wieviel Segen kan:n von einem
Lehrerseminar ausgehen, wenn dort ein guker Zel-
chenunterricht im Sinne unserer Bestrebungen ge-
geben wird! Der Ankerricht in der Bolksschule, be-
sonders des Dorfes, wird durch Zeichnungen der
Lehrer wertvolle Anregungen gewinnen, der Lehrer
auf dem Lande wird durch das Zeichnen volksküm-
licher Gegenslände sich hineinleben in die Eigenarten
und Schönheitcn seines Wirkungsortes und dadurch
zur Bevölkerung e!n innigeres Derhältnis bekom-
men, für die Wissenschafk der Bolkskunde wird durch
solche Zeichnungen manch wertvolles Bild nuhbar
gemacht. ön den höheren Schulen der Sladt können
Anregungen gegeben werden, wie sie z. B. in Sachsen
mit Ünterstützung des Ministeriums längst frucht-
bringend eingerichtek sind (vgl. mein Schriflchen S. 8),
daß die älteren Schüler ermunkert werden, in den
Ferien oder sonst an freien Tagen stch Gegenstsinde
bodensiändiger Heimakkunst auszusuchen und zu zeich-
nen. Manche Brücke zwischen Stadt und Land
würde dadurch geschlagen.
Noch viele Punkke wären in dieser Hinsichk anzu-
ftihren. Das Angedeukeke mag sthnen genügend zei-
gen, daß wir Berkreker der Heimal- und Volkskunde
die Michkigkeit des Zeichenunkerrichtes voll aner-
kennen. ä!n vorzüglicher Hochachtung
Professor vr. Eugen Fehrle.
Die Schulbücher-Flickstube.
Wiederholk haben die Stadtverordneten über freie
Bcliefcrung von Schulbüchern an alle Schüler ver-
handelt. Der gute Mille fehlt nicht — aber das
nötige Geld. Es ist dem Magistrak einfach unmög-
lich, dic erforderlichen großen Summen zur Bcrfü-
gung zu stellen. Der Skadtsäckel wird immer kleiner,
der Multiplikakor im Buchhandcl immer größer, die
Schulnot sieigt 'erschreckend. Die Väter können sich
Lbcr die Bersehung ihrer Kinder nicht mehr recht
frcuen, denn ricsige Ausgaben sind damik verbunden.
Das Aufsteigen nur cines stungen von Quinka nach
Quarka ersorderk 50 000 Mark für Anfchasfung von
Büchern. Wclchcr Eehalksempfänger kann solche
Summen aufbringen? Skellt man sich vor, daß El-
tern mehrere Kindcr in die Schule schicken, dann
zwinok daS Milgcsllhl zum Anbahnen von AuSwegcn
aus ditfcr Aoilagc. Aianchc Schulc ha! berciks dicfe
Sorge aus sich genommen, so auch dic meinige. Die
Ellcrn verbanden sich mil der Schule zu eincm Hilfs-
bund (e. B.) und stellken eine bekrächlliche Summe
zur Verfllgung. Den Schlllern ist verboken, Büchcr
an Milschlller zu verkausen. Enkweder sie schenkcn
oder vcrkaufen die alten Ezemplare dem Bunde. Ein
Lehrer verwalte! die Sammelsielle. Bei der Ber-
kcilung wcrden in ersker Linie diejenigen berücksich-
tigt, dic ein Buch abgegeben oder gebunden haben.
Es enkslcht so eine Leihbibliokhek, die in absehbarer
Zcik die Schüler mik den nokwendigen Lehrbüchcrn
versehen wird.
Zur Sicherung des Erfolges sind zwei Grundbe-
dingungen zu ersüllen: 1. eine flotk arbeitende Schü-
lerwcrkslast. Wenn die Bücher mik ihren dünncn
Pappdeckcln, Papicrrücken ein 5ahr oder länger im
täglichen Gebrauch waren, werden sie meist ver-
braucht scin. Es gilk, sie vollskändig auseinander zu
nehmcn, zu flickcn, neu zu bindcn oder zweckmäßig
auSzubcssern. Selbst an kleinen Schulen erfordert
dicse Arbeii sehr viel rührige, geübken, „kluge"
Hände. Diese lassen sich mit Hilfe von Schülerorgani-
sakionen erziehen. Hat ein Schüler ein 5ahr oder
länger unker Leikung des Lehrers in der Werksiatt
gearbeitet, wird ihm ein Neuling zur Seike gestellk.
Das Helsersystem kann hier grvßen Borkeil bringen.
steder Schüler wird verpflichkek, eine bestimmke An-
zahl von Büchern für die Schule zu binden. Auf
einer öffenklich ausgehängken Liste werden die ge-
meinnützig geleisteten Arbeiten verzeichnet. Das
wäre nur dic prakkische Seile der Einrichkung, die
viel wertvollere isk die pädagogische. Es sei hier nur
erwähnt, die Erziehung zu echter Kameradschaft,
freudiger Hilfsbereitschafk, zum selbskändigen Schaf-
fen, Gestalken, Erfinden.
Das erforderliche Material sPappe, Papier, Lel-
nenresttz usw.) wird von Eltern und Schülern gesam-
melt. Da man einsieht, dah diese Werkskaktarbeit
wichtige Nokhilfe leistet, sließen die Gaben reich-
lich zu.
Die zweike Grundbcdingung für diese Einrlchtung
ist ein vorgebildeter Lehrer. Ausbildungskurse be-
stehen als Zahreskurse an der ersten Schülerwerk-
stakt, in Neukölln u. a. a. O. Die Diesterweg-Hoch-
schule hat den Dersuch gemacht, der Noslage enk-
sprechend, kurze Einführungskurse einzurichken, die
sich nur mit den Arbeiken der Schulbücher-Flickstube
beschäftigcn. Es kann die Hilfsakkion nicht hinaus-
geschoben werden, bis nach einem stahr einigc Lehrer
ausgcbildek sind, sondern muß baldigst einsehen, da
schon zu lange gezögert wurde. Die Iahreskurse er-
fordern für Fahrgcld usw. so großc Opfer, dah man-
cher deshalb zurückkritk. 5n den kurzen Einführungs-
kursen der Diesterweg-Hochschule wird als kleiner
Ausgleich viel häusliche Arbeit verlangk, die gern
gelejsiek wird. Nach halbjährllcher ^knlerbrechung,
während dcr die Lehrer mik den Schülern im Bunde
üben, wird !n einer Arbeiksgemeinschafk die Lehrer-
bildung forkgesehk werdcn. Es gilk ja, nur den ein-
fachsten — aber halkbaren — Einband zu lernen und
dann zum sclbsländigen Schasfcn und Erfinden hiuzu-
lciken; daS lehkere muh mehr als bisher gepflegk
werden. Es gilk, mik den einfachsken Werkzeugen,