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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 4.1924

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Heft 2 (März 1924)
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Jahnke, ...: Das verteidigte Prüfungsamt
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https://doi.org/10.11588/diglit.22225#0048

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183

dern, dic gemo6)l wcrden, um ci» nn dcr Zeichcn-
lehrcrschns! bcgcingcncs Unrechk in Rech! zu vcrwan-
deln. Die Existenz des Prtifungsamtes ist ungesetzlich
und olso gesährdet, das anerkennt die Regierung,
darum werdcn so viele Worte dcr Rechtfertigung gc-
draucht. Rur dann, wcnn eine Sache nicht ganz ein-
wandsrei tst, hot man nötig, sie besondcrs angelegent-
ltch zu verteidigen.

Wcnn zugegeben wird, dasz in Preuhen — nur
in Preußen — Gchaltsstufe 10 für die Zeichenlehrer
eine Beförderungs- und keine Aufrückungsstufe ist,
darf man mit gutcm Rccht darnach fragen, wie die
Auswahl der Kandidaten fur diese Stuse zustande
kommt. Der Sah: „Es sind bci der Beförderung nur
solche Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen beruck-
sichttgt worden, deren Persönlichkeit hinlänglich bc-
kannt war und dic nach ihren gesamten Leistungen
Lie Beförderung in jeder Hinsichl verdienkench ist
durchaus ansechtbar; denn es sind nach dem Re-
nommee — es wird dieser Ausdruck hier gebraucht,
weil er von hoher Stclle bcnutzt wurde — Zeichen-
lehrer und Zeichenlehrerinnen befördert worden, die
flch durchaus nicht von der Masse der nichtbeförderken
Zeichenlehrer(innen) in irgend einer Hinsicht abgeho-
ben haben. Der Umstand, daß der Bater einer Zci-
chenlehrerin Regierungsrat oder die Freundin einer
solchen enge Bezichungen zu mahgebenden Stel-
len oder daß ein Zeichenlehrer einen Parlamentarier
zum Freundc hatte, oder daß ein anderer Obcrzeichen-
lehrerkandidat sich bei jeder paflenden Gelegenheik in
Erinnerung brachte, indem er die Kleinarbeit andercr
Zeichenlehrer für seine besonderen Berdienste um
Las Fach ausgab, oder der Amstand, daß Zeichenleh-
rer die Schularbeit in die Ufer einer Kunstströmung
zwängten, die mit den Zielen des Zeichcnunterrichts
an deutschen höheren Schulen nichts gemein hatten,
kann doch rvohl kaum einen Maßstab für die Beur-
teilung der pädagogischen Tüchtigkeik dieser Ober-
zeichenlehrerkandidaken abgegeben haben. Oder ist es

dennoch so?>-And wie stellt sich die oben an-

geführke Behauptung („Es sind bei der Besörderung
usw.) zu der Tatsache, dah Zeichenlehrer und -leh-
rerinnen zu Oberzeichenlehrer(innen) hefördert wor-
den flnd, die eben erst in das Amt getreten waren
und durchaus keine Gelegcnheit hatten, sich besondere
Berdienste um die Disziplin Zeichnen zu erwerben.
Wie sind dlese Anwärter für 10 der Regierung „hin-
länglich" bekannt geworden?

Haben in dem lchken Falle Gutachken vvn Direk-
torcn, Patronaken und Provinz-Schulkollegien vor-
gelegen oder kam die angeführie Behauptung, daß
„die Gutachten dcs Prüsungsamtes nicht sür sich
allein ausschlaggebcnd" seien, in diesen Fällen nicht
in Frage? Wer hat diese Kandidaten vorgeschlagen?
— (nun, sie haben sich selbst vorgeschlagen) — wcr ist
Bürge für die TLchtigkcit dicser Kandidaken gewesen?
Das flnd wohlberechkigke Fragen, um so mehr, als
Direktoren von höheren Schulen in großer Besorgnis
waren, als es galt, den bevorzugten Bertretcrn des
künstlerischen Lehramts den Zeichcnunkerricht in den
obersten Slufen zu übergeben. Wenn Frl. Groth in
ihrer Eingade an den Minister von Willkür gespro-
chen hat, so hat fle sich diese Rsdewendung flcher
ernsthast ühcrlegst denn fle wird nichts behaupten,
wofür sie keine Beweise befltzt. Ueber die Auslegung
des Begriffes „Willkür" könnte man stireiten. Was
die Zeichenlehrerschaft Preußens als Willkür emp-

sindcl, bezeichnct die Regierung vielleichl mil dem
Ausdruck objektivc Beurteilung" und läßt von hohcr
Stelle einen Bertretcr sprcchenr „Wir befördern wcn
wir wollcn!"

Bollkommen unrichtig ist cs, daß „die Uebergangs-
bestimmungen in der in 820 niedcrgclegkcn Form auf
besonderen Wunsch der Bertrctungen der Zeichenleh-
rer und Zcichenlehrerinnen in die Prüfungsordnung
vom 22. Mai 1922 aufgcnommen worden sind." Sie
warcn von der Rcgierung schon vor der Verhandlung
über die neue Prufungsordnung in dicser Form
festgelegl worden und als von den Bertretern der
Zeichenlchrerschaft § 20 in entschiedener Weise be-
kämpft wurdc, ertönte von seiten der preußischen Re-
gierung die licbenswürdige Erklärung: „dann sällt die
ganze Prüfungsordnung". § 20 ist also der Zeichen-
lehrerschast ousgezwungen worden; das sel hiermit
besonders festgcstcllt. Von eincm Prüfungsamt ist
bei dieser Vergewaltigung jedoch noch keine Rede gc-
wesen. Es ist erst später dem Hirn solcher Leute ent-
sprungcn, dle cin Interesse daran hakten, in Zelchen-
lehrerkreisen das moralische Empfinden, das Standes-
bewußtsein und jede Dereinsdisziplin zu untergraben.

„Diesen Sicherungen gegenüber fallen auch die
gegen das bisherige Berfahren erhohenen Bedenken
nichk in das Eewicht." Dieser Satz ist ein falscher
Schlußsatz, weil er das Ergebnis folgender salscher
Prämissen ist: 1. Die Besörderungen sind nicht nach
dem Renommee erfolgt. 2. Es sind nur Zeichen-
lehrer(innen) befördert worden, die hinlänglich be-
kannt und vevdient waren. 3. Die Uebergangs-
bestimmungen sind in der bestehenden Fassung auf be-
sonderen Wunsch der Zeichenlehrerschaft in 20 auf-
genommen wvrden. 4. Das Prüfungsamt ist schon
heute gefetzliche Prüfungsstelle. 5. Die Gutachten des
Prüfungsamtes flnd für die Anerkennung eines Kan-
dtdaten allein nicht maßgebend. 6. In erster Linie
flnd die Borschläge der Anstaltsleitungcn, der Prov.-
Schulkollegien und dcr Fachberater ausschlaggebend.
7. Willkür scheidet auf jeden Fall aus — folglich:
„Die Bedenken gegen das bisherige Berfahren fallen
nicht in das Gcwicht."

Es ist bczeichnend für den Kurs, den die Methode
der Kunstschule Berlin troh des noch bestehenden
Lehrplans von 1902 steuert, wenn von Schülerarbei-
ten gesprochen wird, in die „hineingearbeitet" werden
kann und die für das Prüfungsamt auf Grund der
künstlerischen Urteilskraft" des bctreffenden Ober-
zeichenlehrerkandidaten ausgewählt würden. Wenn
es vielleicht noch zweifclhaft war, wer der Verfasser
der Antwort an Frt. Groth gewesen, so verrät diese
Stelle den geistigen Schöpfer derselben, und der letzte
Sah: „Es 'liegt daher keine Bcranlaflung vor, bei
Anwendung des § 20 der Prüfungsordnung vom
22. Mai 1922 anders zu verfahren als bisher," be-

Berkeidigung des Prüfungsamtes erdachk haben.

Die preußische Zeichenlehrerschaft wird daher da-
für sorgcn, daß diese Antwort in Dezug auf Änwcn-
dung des § 20 nicht die lehke sein wird, und sich nicht
stüher zufricden gcben als his der Herr Minister
Veranlassung nimmt, bci Anwendung des 8 20 der
Prüfunasordnuna vom 3f2f"MHstst'W a nber?"zü
vTrPahHe^als blsher.

Der Prcuße, der das Prüfungsamt
auf Grund des 8 20 nichk anerkennt.
 
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